Fußball

Die nächste Grenzerfahrung der Frankfurter Eintracht

In der Champions League war Atletico Madrid eine Nummer zu groß, in der Bundesliga der FC Bayern. Die 0:3-Niederlage legt die größte Baustelle von Eintracht Frankfurt offen.

Von 
Christian Rotter
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Münchner Gewinnermentalität: Joshua Kimmich (l.) und Harry Kane eilen mit dem FC Bayern von Sieg zu Sieg. © Arne Dedert/dpa

Mannheim. 4:1 gegen Werder Bremen, 3:1 bei der TSG 1899 Hoffenheim. Nach dem zweiten Spieltag in der Fußball-Bundesliga schwebten die Fans von Eintracht Frankfurt auf Wolke sieben. Anhänger dürfen auch euphorisch sein und träumen. Doch auch das Umfeld des Clubs und Teile der Medien warfen eine Frage auf, die am Samstagabend mit einem klaren „Nein“ beantwortet wurde: „Ist die Eintracht der Bayern-Jäger Nummer eins?“

Nach der 0:3 (0:2)-Niederlage vor 59.500 Zuschauern im direkten Duell gab es keine zwei Meinungen. Der Titelverteidiger spielt derzeit in einer eigenen Liga, stellte mit dem zehnten Erfolg im zehnten Pflichtspiel einen Startrekord auf und distanzierte Borussia Dortmund (1:1 gegen Leipzig) auf vier Punkte.

Die Eintracht hat noch ein Stück ihres Wegs vor sich

Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche war einer derjenigen, die bei der Eintracht schon nach dem starken Saisonstart auf die Euphoriebremse getreten hatte. Der 45-Jährige hat das große Ganze und die Weiterentwicklung des Teams im Blick. Und er weiß natürlich am besten, dass Frankfurt noch nicht am Ende seines Wegs angelangt ist, noch nicht da ist – und sein kann –, wo die Bayern seit Jahren sind.

In den vergangenen Jahren hat die Eintracht einen Leistungsträger nach dem anderen ziehen lassen müssen – meist in die zahlungskräftige englische Premier League. Die Hessen haben nie darüber gejammert, sondern immer versucht, das Beste aus der Situation und den Einnahmen zu machen. Und in Dino Toppmöller haben sie einen Cheftrainer an der Seite stehen, der diesen Prozess nicht nur annimmt, sondern ihn als Herausforderung sieht. Am Samstag mussten Krösche und Toppmöller erkennen, dass die Eintracht zumindest in dieser Saison kein Bayern-Jäger ist. Es darf sogar stark bezweifelt werden, dass es in der Bundesliga überhaupt einen gibt.

Vielleicht hätte es eine andere Erkenntnis gegeben, wenn die Partie im Stadtwald anders begonnen hätte. „Du brauchst gegen die Bayern immer eine gute Spielgeschichte. Die hatten wir in der ersten Halbzeit nicht mit dem Rückstand nach 15 Sekunden und dem zurückgenommenen Ausgleich“, sagte Sportvorstand Krösche. Die Eintracht ließ sich übertölpeln, beim Anstoß überlagerten die Bayern die rechte Angriffsseite, nach einem weiten Schlag von Torhüter Manuel Neuer gewann Harry Kane ein Kopfballduell. Der Klärungsversuch von Frankfurts Kapitän Robin Koch landete genau auf dem Fuß von Serge Gnabry, Luis Díaz drückte dessen scharfe Hereingabe über die Linie.

Jonathan Burkardt musste mit der Frankfurter Eintracht erkennen, dass der FC Bayern in Topform derzeit eine Nummer zu groß ist. © Arne Dedert/dpa

„Nach 15 Sekunden ist dann alles über den Haufen geworfen mit einem relativ einfachen Fehler. Das ist ein brutaler Nackenschlag“, klagte Toppmöller, der auch nach dem frühen 0:1 erkennen musste, dass das Spielglück nicht aufseiten der Hessen war. Denn ihre stärkste Phase hatte die Eintracht unmittelbar nach dem 0:1 und dem Fast-Eigentor von Koch (8.). Ritsu Doan scheiterte an Neuer, der mit seinem 362. Sieg in der Bundesliga mit seinem langjährigen Teamkollegen Thomas Müller gleichzog. Und in der 14. Minute nahm Schiedsrichter Daniel Siebert nach Ansicht der TV-Bilder Jean-Mattéo Bahoyas Tor zum vermeintlichen 1:1 wegen Doans Handspiels im Vorfeld zurück. „Wenn der Treffer zählt, finden wir zurück ins Spiel. Das wurde durch das 0:2 gegen die Bayern, wie sie momentan drauf sind, deutlich schwerer“, konstatierte Koch.

Spätestens nach Kanes „Weltklasse-Tor“ (O-Ton Toppmöller) zum 2:0 für die Bayern hatten die Münchner Spiel und Gegner wieder im Griff. Nach der Pause fiel den Frankfurtern kaum mehr etwas ein. Nachdem Gnabry einige Male den dritten Treffer verpasst und Kane nur den Pfosten getroffen hatte, stellte Díaz den 3:0-Endstand her (84.).

„An das Niveau, das Atlético und die Bayern haben, kommen wir aktuell nicht ran. Wir müssen eine bessere Balance zwischen Offensive und Defensive finden“, nahm Toppmöller in seine Kritik auch die 1:5-Klatsche in der Champions League in Madrid mit auf. Er hätte sogar noch weiter ausholen können. Denn 16 Gegentore in den vergangenen vier Spielen können ihm nicht schmecken. Gegen Union Berlin hatte es einen 3:4-Dämpfer gegeben, und auch beim 6:4-Sieg in Gladbach stellte die Eintracht nach ihrer 6:0-Führung das Verteidigen ein.

Kapitän Robin Koch vermisst die Gier, das eigene Tor verteidigen zu wollen

„Man kann in diesen Spielen Gegentore bekommen. Dennoch müssen wir zusehen, auch beim Verteidigen diesen letzten Punch zu haben“, sagte Kapitän Koch und forderte „diese Gier, das Tor unbedingt verteidigen zu wollen“.

Während die Eintracht die anstehende Länderspielpause nutzen muss, um sich zu sammeln und an der Defensivarbeit zu feilen, stand einem ausgelassenen Wiesn-Besuch der Münchner am Sonntag nichts im Weg. Dazu passte auch die Aussage von Superstar Kane, der in Frankfurt kurz vor Schluss den Platz verlassen musste und mit einem Eisbeutel den lädierten Fuß kühlte. Schnell gab der Toptorjäger Entwarnung: „Mir geht es gut. Ein paar Tage, dann sollte es wieder in Ordnung sein.“ Der Reise zur englischen Nationalmannschaft sollte nichts im Wege stehen.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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