Mannheim. Bill Stewart verliert keine Zeit. Nach einer „elektrisierenden“ Mannschaftssitzung am Montag, wie der Kanadier das erste Aufeinandertreffen mit dem Team bezeichnete, nahm der Interimstrainer der Adler Mannheim am Dienstag seine Arbeit auf dem Eis auf. „In Mannheim herrscht Druck. Wenn du keinen Druck magst, ist das hier der falsche Platz für dich“, sagte der 64-Jährige, der beim Club aus der Deutschen Eishockey Liga nun schon zum dritten Mal das Zepter übernommen hat: 2001 führte er die Adler zum DEL-Titel, beim Kurzzeit-Engagement in der Saison 2017/18 immerhin noch ins Halbfinale.
Seine neue Mission will Stewart mit jener von vor vier Jahren nicht vergleichen. Zum einen übernahm er damals mit Jochen Hecht schon im Dezember, zum anderen findet er jetzt ganz andere Voraussetzungen vor: „Diesmal sind die Jungs in einer richtig guten Form. Es geht um eine mentale Herangehensweise.“
Damit hat der ehemalige NHL-Profi längst begonnen. „Schlecht gelaunt neben Bill zu stehen, ist sehr schwierig“, ist Sportmanager Jan-Axel Alavaara davon überzeugt, dass der Kanadier genau der Typ Trainer ist, den die Mannschaft in dieser kritischen Situation braucht. Nach drei Niederlagen nacheinander und fast 150 Minuten ohne Torerfolg sind die als Titelfavorit in die Saison gestarteten Adler auf den fünften Tabellenplatz abgerutscht. Die Trennung von Chefcoach Pavel Gross und Co-Trainer Mike Pellegrims sei „unausweichlich“ gewesen, betonte Daniel Hopp: „Wir mussten auf die besorgniserregende, dramatische Entwicklung reagieren.“ Der Club-Boss richtete sich direkt an Umfeld und Fans: „Ich weiß, dass wir in Kritik stehen - und das zurecht. Wenn wir in dieser Saison noch etwas erreichen wollen, müssen wir zusammenstehen.“
Nur ein Anfang
Zumindest der erste Schritt - so hoffen die Mannheimer - ist gemacht. Um 10.30 Uhr betrat Stewart mit seinen Co-Trainern Hecht und Marcel Goc das Eis in der Nebenhalle der SAP Arena. Es folgte eine einstündige Einheit, in der der Fokus auf Tempo und das läuferische Element gelegt wurde. Viele Spieler wirkten von einer großen Last befreit, es kehrte das Lachen zurück. Zuletzt sei die Atmosphäre „toxisch“ gewesen, heißt es. Jetzt wollen die Adler den Blick wieder nach vorn richten. Drei Hauptrundenspiele und eine Trainingswoche bleiben Zeit, um sich für die Play-offs in zwei Wochen vorzubereiten. Alle sind sich einig, dass dort nicht schon das Viertelfinale Endstation sein muss. „Wir sind vom Potenzial des Teams überzeugt“, betonte Alavaara, der eine Aufbruchstimmung erkannte: „Bill ist 100 Prozent pure Energie. Das sieht man schon an der Reaktion der Mannschaft.“
Der Sportmanager hatte noch am Montag erklärt, dass man nicht über Nacht eine Kehrtwende erwarten könne. Einen ersten Fingerzeig, wie schnell das Team zu einer Einheit werden kann, liefert das Duell mit Schlusslicht Krefeld Pinguine an diesem Mittwoch (19.30 Uhr/SAP Arena). Vor allem das Spiel gegen die formstarken Grizzlys Wolfsburg am Freitag (19.30 Uhr/SAP Arena) bezeichnen die Adler als Härtetest.
Positive Nachrichten gibt es aus dem Verletztenlager. Joonas Lehtivuori und Denis Reul, der die Partie am Sonntag in Bremerhaven angeschlagen abbrechen musste, stehen zur Verfügung. Auch Mark Katic ist wieder dabei. Und auch Nationalspieler Matthias Plachta trainierte im schwarzen Signal-Trikot mit. Ein Comeback nach auskurierter Beinverletzung noch in der Hauptrunde ist nicht ausgeschlossen.
Während sich Goc und Hecht um die Abwehr kümmern, übernimmt Stewart den Angriff. Einiges deutet darauf hin, dass er die Sturmreihen neu zusammensetzen wird. So trainierte am Dienstag Florian Elias an der Seite von Markus Eisenschmid und Tim Wohlgemuth. Andrew Desjardins und David Wolf bildeten eine Formation mit Borna Rendulic. Er wolle „einige Knöpfe drücken“, betonte Stewart, der auch eine andere Ansprache wählen will als sein Vorgänger: „Wenn ein Team ein fragiles Gebilde ist, kommt es darauf an, was du sagst - und wie du es sagst.“
Klar ist: Stewart spielt den Feuerwehrmann, im Sommer soll ein neuer Coach übernehmen. Bundestrainer Toni Söderholm wird das wohl nicht sein: „Ich habe den Eindruck, dass er bei der Nationalmannschaft noch nicht alles erreicht hat, was er erreichen kann“, sagte Alavaara. Obwohl der Club sich im sportlichen Bereich neu aufstellen muss, sieht Hopp die Adler weiter als vor vier Jahren, als Alavaara mit Gross übernahm: „Das Fundament ist da.“
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