Eishockey - Adler ziehen mit der Entlassung von Pavel Gross und Mike Pellegrims die Konsequenzen aus der sportlichen Talfahrt

Die Gründe für das Aus von Pavel Gross bei den Adlern Mannheim

Von 
Christian Rotter
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Die Clubführung der Adler Mannheim hat Chefcoach Pavel Gross (l.) und Co-Trainer Mike Pellegrims die Wende nicht mehr zugetraut. © AS Sportfoto/Sörli Binder

Die Adler Mannheim sahen keinen anderen Ausweg mehr - und Clubboss Daniel Hopp setzte Trainer Pavel Gross am Montagvormittag davon in Kenntnis: Nach vier Jahren trennen sich die Wege, der Club aus der Deutschen Eishockey Liga entließ neben dem Meistermacher von 2019 auch Co-Trainer Mike Pellegrims. Beide standen noch bis 2024 unter Vertrag.

„Wir sind in einer Phase der Saison, in der die Play-offs unmittelbar bevorstehen und die Mannschaft auf dem Weg sein sollte, ihr bestes Eishockey zu spielen. Bedauerlicherweise ging der Trend in die falsche Richtung. Daher sind wir zum Entschluss gekommen, dass das Team im Schlussspurt einen neuen Impuls, einen frischen Wind benötigt“, wird Hopp in einer Mitteilung des Clubs zitiert. Sportmanager Jan-Axel Alavaara äußert sich im Gespräch mit dieser Redaktion ähnlich. „Wir haben die komplette Entwicklung beobachtet, wir sind in die ganz falsche Richtung gegangen“, betont der Schwede und ergänzt: „Wir als Verein müssen unseren Fans und Sponsoren die Hoffnung geben, dass wir bestmöglich vorbereitet in die entscheidende Saisonphase gehen.“

Pavel Gross wird nicht mehr Teil der Lösung sein. Eine Aussage Alavaaras lässt tief blicken: „Pavel und Mike haben alles versucht und viele Stunden mit den Spielern gearbeitet. Wenn man aber keine Antwort von der Mannschaft bekommt - egal, was man macht - spürt man, dass das Ende näher kommt. Pavel ist ein schlauer Mensch, der weiß, wie es im Eishockey läuft.“

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Großer Knall Ende 2021

Das hört sich dann doch sehr danach an, dass Gross das Team nicht mehr hinter sich versammeln konnte - und das nicht erst seit gestern. Dass der Tscheche ein fordernder Coach ist, wussten die Adler, als sie ihn 2018 zusammen mit Pellegrims und Alavaara verpflichteten. Auch, als das Trio die Verträge vorzeitig um drei weitere Jahre bis 2024 verlängerte, hatte sich daran nichts geändert. Seitdem das Coronavirus auch die (Sport-)Welt im Griff hat und den Trainern ein Stück ihrer Kontrolle entreißt, hat sich das Verhältnis zwischen Clubführung, Mannschaft und Trainerteam verschlechtert.

In der Saison 2017/18 führten Bill Stewart (l.) und Jochen Hecht die Adler noch bis ins Halbfinale. Dort kam das Aus gegen München. © Sörli Binder

Öffentlich war es Ende 2021 zum großen Knall gekommen. Gross isolierte sich mit seiner kritischen Einstellung zur Corona-Pandemie im Allgemeinen und zu den politischen Entscheidungen im Speziellen. Hopp reagierte mit deutlichen Worten. „Diese persönlichen Aussagen von Pavel Gross in einer Pressekonferenz des Clubs sind eine Respektlosigkeit gegenüber den Werten des Clubs und des Managements - und letztlich auch mir persönlich gegenüber, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe“, betonte der 41-Jährige damals im Gespräch mit dieser Redaktion.

Die Auswirkungen auf die Mannschaft waren offensichtlich. Spieler kritisierten, dass sie nach Verletzungen und Erkrankungen zu wenig Zeit bekamen, um sich ihrem Topniveau zu nähern. Zuletzt setzte es drei Niederlagen in Folge, die Adler rutschten auf Rang fünf ab, seit 150 Minuten warten sie auf einen Torerfolg. „Wir spielen nicht als Mannschaft“, kritisiert Alavaara. „Es fehlt die Energie. Die Freude, Eishockey zu spielen, ist nicht erkennbar. Alle tragen jetzt Verantwortung.“

Stewart mal wieder Feuerwehrmann

  • Im April 2018 stand für Bill Stewart eines fest: „Das war definitiv meine letzte Saison als Trainer.“ Nach der Entlassung von Sean Simpson hatte der Kanadier im Dezember 2017 zusammen mit Jochen Hecht die Adler übernommen und noch ins Play-off-Halbfinale gegen München geführt. Stewart blieb dem Club, mit dem er 2001 den Titel in der Deutschen Eishockey Liga gefeiert hatte, treu und arbeitete danach als Nordamerika-Scout.
  • Knapp drei Jahre später gab es schon zum ersten Mal die Rolle rückwärts – von wegen nie wieder Trainer und so. Als beim Mannheimer Zweitliga-Kooperationspartner Heilbronner Falken die Not groß war, sprang Stewart ein und bewirkte auch damals etwas. Auf einen solchen Effekt hoffen erneut die Adler, wenn sie den 64-Jährigen aus dem (Trainer-)Ruhestand zurückholen.
  • Bereits am Dienstag wird Stewart mit seinen beiden Co-Trainern Hecht und Marcel Goc auf einer Pressekonferenz des Clubs präsentiert. Dort soll das Trio den Weg skizzieren, das es bis zum Play-off-Start in zwei Wochen gehen will. Zeit, grundlegende Dinge zu ändern, bleibt kaum. Es stehen nur noch drei Hauptrundenspiele auf dem Programm (am Mittwoch gegen Krefeld, am Freitag gegen Wolfsburg, am Sonntag in Krefeld). Immerhin bleibt danach eine Woche, um sich auf den Viertelfinalstart vorzubereiten.
  • Es wird ohnehin weniger um eine neue taktische Marschrichtung gehen. Sportmanager Jan-Axel Alavaara hofft, dass die Trainer der Mannschaft wieder Freude am Sport vermitteln. Die Spieler hatten sich am Sonntag beim 0:4 in Bremerhaven sichtlich geknickt gegeben. „Es darf uns zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht passieren, dass wir so unstrukturiert aussehen, uns so unstrukturiert fühlen“, sagte Stürmer Markus Eisenschmid. Torhüter Felix Brückmann betonte: „Jeder Einzelne von uns muss sich hinterfragen, wir müssen ehrlich miteinander umgehen. So langsam sollte es uns auch um die Ehre gehen.“ 

In erster Linie die Spieler, Alavaara und das neue Trainerteam, das bis zum Saisonende übernommen hat: Bill Stewart, Mannheimer Meistertrainer von 2001 und zurzeit als Talentspäher in Nordamerika bei den Adlern angestellt, hatte das Team mit dem langjährigen NHL-Profi Jochen Hecht nach der Entlassung von Sean Simpson bereits im Dezember 2017 übernommen und es noch ins Halbfinale geführt. Zusammen mit Marcel Goc, bislang als Spielerentwickler beim Club tätig, sollen sie das Ruder herumreißen.

„Geht nicht über Nacht“

„So kurz vor den Play-offs hätte es keinen Sinn gemacht, einen ganz neuen Coach reinzubringen. Es dauert immer Zeit, sich kennenzulernen. Es ist ein Riesenvorteil, dass Bill kommt, er hat sich jedes Spiel von uns angeschaut. Marcel arbeitet täglich mit der Mannschaft. Sie wissen, wie die Spieler ticken“, sagt Alavaara. „Ich glaube nicht, dass sich alles über Nacht ändert, aber eine neue Energie und neue Stimmen in der Kabine können vieles bewegen.“

Gross und Pellegrims hätten in den vergangenen vier Jahren ihr „Herz und ihre Seele“ für den Verein gegeben, unterstreicht Alavaara. Bei der Entscheidung gegen das Duo habe sich der Club gefragt, „was das Beste für die Adler Mannheim ist.“ Der Sportmanager ist weiter von der Mannschaft überzeugt. „In ihr steckt viel“, betont der 47-Jährige.

Über das, was folgen muss, würde Alavaara zurzeit am liebsten nicht sprechen. „Heute ist ein Neuanfang für diese Saison“, unterstreicht er und bestätigt gleichzeitig, dass seine Kandidatenliste für den Trainerposten einige Namen umfasst: „Meine Aufgabe ist es, ein oder zwei Schritte vorauszudenken. Man darf nicht so blauäugig sein zu glauben, dass man 20 Jahre lang zusammenarbeitet. Natürlich habe ich ein paar Namen, die gut für Mannheim wären.“ Nach Informationen des Fachblatts „Eishockey News“ soll Toni Söderholm, der zum Kreis zählte, seinen Vertrag als Bundestrainer beim Deutschen Eishockey-Bund aber verlängern.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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