Mannheim. Seit rund 100 Tagen ist Ex-Bundesliga-Stürmer Kai Herdling als Sportlicher Leiter der „BuweFabrik“, der Jugendabteilung des SV Waldhof, im Amt. In einer kleinen Presserunde zog der 40-Jährige am Dienstag eine Startbilanz seiner Arbeit und sprach über das professionelle Nachwuchsleistungszentrum, für das die Mannheimer die Unterlagen beim DFB eingereicht haben und jetzt auf Rückmeldung warten. Hier seine wichtigsten Aussagen.
Über seine Einfindungsphase
„Ich wurde sehr gut aufgenommen, Jugendleiter Matthias Findeisen und sein Team haben mich sehr offen empfangen. Mit Anthony Loviso (Sportchef der Profis und Gesamtverantwortlicher für den SVW-Nachwuchs, d.Red.) gibt es ohnehin kurze Wege. Ich habe viele interessante Eindrücke gesammelt und mir ein Bild gemacht, was gut und was weniger gut ist. Nach dem Jahreswechsel geht es darum, die Dinge umzusetzen. Jugendfußball ist etwas Nachhaltiges, das geht nicht von heute auf morgen.“
Welchen Eindruck er vom SV Waldhof gewonnen hat
„Man unterschätzt von außen die Wucht des Vereines in dieser Stadt. Auch bei Kindern und Jugendlichen. Der Waldhof hat auch im Jugendfußball noch viel Strahlkraft. Das ist ein Riesenvorteil für uns. Wir müssen die Geschichte dieses Vereins neu schreiben. Der Waldhof ist ein Verein, bei dem die Jugend die erfolgreiche Geschichte mitgeprägt hat. Ich sage nur Namen wie Dickgießer, Schön, Gaudino oder Kohler. Wir müssen es schaffen, dass die Kinder unserer Stadt hier Fußball spielen und nicht durch die Gegend zu anderen Vereinen fahren. Wir wollen die Jungs mit guter Jugendarbeit begeistern und mitnehmen. Wenn sie dann mit 15 oder 16 das Angebot von einem großen Verein bekommen, müssen wir damit leben. Aber es darf nicht sein, dass unsere Talente nach Sandhausen oder Walldorf wechseln.“
Was oben auf der Aufgabenliste mit Blick auf das geplante NLZ steht
„Wir hatten viele Dinge zu erfüllen. Ein Nachwuchschef mit einer Pro-Lizenz, Jugendtrainer mit gewissen Lizenzen, eine Sportpsychologin muss da sein. Wir müssen das Seppl-Herberger-Stadion fertigmachen, damit wir dort kicken können.“
Wie der SVW von der Infrastruktur am Alsenweg aufgestellt ist, zum Beispiel im Vergleich mit Vereinen auf Augenhöhe wie Sandhausen
„Sandhausen als Beispiel ist uns da definitiv noch einen Schritt voraus. Aber wir sind toll aufgestellt - wir haben im Jugendbereich von der U 21 abwärts 35 Trainer. Das ist eine gute Basis, die wir ausbauen müssen. Ein banales Beispiel: Wir haben jetzt einmal die Woche eine Fortbildung mit allen Trainern, wo es darum geht, wie der SV Waldhof Fußball spielen will.“
Wie die Waldhof-DNA im Jugendbereich aussehen soll
„Mannheim ist eine Arbeiterstadt. Waldhof steht für Leidenschaft, für Kampf, auch in Anführungsstrichen mal „eklig“ zu sein. Diese Dinge müssen wir leben, das sind wir. Wir brauchen ein klares Spielsystem ab der U14, aber auch die richtige Haltung und Werte. Wenn ich hierher käme und sagen würde: Wir wollen jetzt mal gepflegten Fußball spielen und keine harten Zweikämpfe sehen, wäre ich bei dem Verein falsch. Wenn man aus dem Fenster guckt, sieht man: Das sind nicht die besten Plätze. Und als ich Jugendspieler war und am Alsenweg gespielt habe, habe ich gedacht: ,Oh nein, jetzt zu denen. Die werden uns die ganze Zeit nerven und sind unangenehm.’“
Zur Infrastruktur am Alsenweg
„Da sind Dinge, die angestoßen werden müssen. Der geplante neue Kunstrasenplatz wäre für den Waldhof ein großer Schritt. Aber ich war ewig in Hoffenheim und weiß: Die Infrastruktur macht keinen Profi. Wir brauchen die Jungs, die den Antrieb haben, Profi werden zu wollen. Und wir müssen sie begleiten. Die Jungs, die zu uns kommen, müssen Bock haben, hart zu arbeiten. Um so vielleicht Profi zu werden.“
Zur Frage, ob der SVW mit einem NLZ perspektivisch sogar Geld einbringen kann
„Wir sind natürlich auch ein Wirtschaftsunternehmen. Und wenn junge Spieler bei den Profis im Carl-Benz-Stadion glänzen, kann man bei einem Abgang auch höhere Transfererlöse erwirtschaften als bei einem Spieler, den man zum Beispiel von Erzgebirge Aue geholt hat. Wir müssen Einnahmen generieren und deshalb ist es sinnvoll, das Augenmerk auf die Jugend zu legen. Wenn man nur einen herausbringt, kann das vieles refinanzieren.“
Wie es bei den jungen Spielern ankommt, dass die Profis Terrence Boyd (U17) und Martin Kobylanski (U19) einmal pro Woche ein Individualtraining anbieten
„Das ist für die Jungs natürlich super. Wenn dir ein Terrence Boyd erklärt, wie du dich in der Box verhalten musst, bringt dich das natürlich weiter.“
Welche konkreten Vorteile eine Zertifizierung als NLZ mit sich bringen würde
„Aufs Sportliche bezogen würden die U17 und die U19 zur neuen Saison sofort in der höchsten Liga spielen. Damit bist du als Verein attraktiver und bekommst bessere Spieler. Viele Eltern wollen, dass ihr Kind in einem NLZ spielt. Wenn ein früherer Jugendspieler Einsätze bei den Profis hat, bekommt der Verein außerdem mehr Prämie von der GmbH. Es gibt als NLZ andere Transfermodalitäten in der Jugend - du kannst bei einem Interesse anderer Vereine ganz anders über mögliche Ablösen verhandeln. Man bekommt beim DFB eine jährliche Förderung. Wenn wir das gut machen, kann sich das finanziell auf Dauer schon lohnen. Im Endeffekt ist das ein Status, der für uns sehr wichtig wäre.
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