Mannheim. Zu den unschönen Begleiterscheinungen eines Abwärtstrends gehört die Tatsache, dass manchmal auch gute Leistungen nicht mehr mit den entsprechenden Resultaten gewürdigt werden. Waldhof-Trainer Bernhard Trares stand nach der 0:1-Niederlage gegen Energie Cottbus am Samstag konsterniert im Presseraum des Carl-Benz-Stadions und konnte immer noch nicht richtig verstehen, wie sein Team dieses Spiel nur verlieren konnte. „Wir haben Chancen herausgespielt, aus denen du Tore machen musst. Wir haben ein Tor geschossen, das vielleicht kein Abseits war. Es ist einfach bitter“, sagte der 59-Jährige.
Die Mannheimer hatten leidenschaftlich gekämpft, den ersatzgeschwächten Überraschungs-Spitzenreiter in der zweiten Halbzeit weit in die eigene Hälfte gedrängt, waren zu guten Gelegenheiten gekommen. Die Leistung des SVW war mehr als anständig, vor allem verglichen mit dem stellenweise bodenlosen Auftritt beim 0:2 gegen den VfB Stuttgart II in der Vorwoche. Aber weil Samuel Abifade (68.) sowie Terrence Boyd (71.) ihre Großchancen nicht nutzten und Boyd ein Tor wegen einer umstrittenen Abseitsstellung aberkannt bekam (48.), standen die Kurpfälzer am Ende wieder mit leeren Händen da.
An Selbstkritik mangelte es nicht. „Der Bewegungsablauf von mir ist einfach kläglich – fertig. Den muss ich machen. Entweder ich nehme ihn an oder ich treffe ihn sauber. Ich nehme diese Niederlage gefühlt auf meine Kappe“, sagte Boyd zu seiner besten Möglichkeit, als er Maximilian Thalhammers Hereingabe mehr oder weniger verstolperte, statt einfach zum Ausgleich einzuschieben. Und wenn der beste Scorer (6 Saisontore) nicht trifft, hat der SVW große Probleme, zu punkten.
„Dass das eine enge Geschichte wird, war mir klar“
In den vergangenen sechs Partien blieb Boyd viermal torlos – und die Mannheimer holten nur fünf von 18 möglichen Punkten. Diese Ergebniskrise spiegelt sich längst auch in der Tabelle wider. Vor den Sonntagsspielen in der 3. Liga steht der Waldhof als 15. nur noch zwei Punkte vor dem ersten Abstiegsplatz. Die Gefahr, Weihnachten unter dem Strich zu verbringen, ist real. Am nächsten Spieltag steht bei Dynamo Dresden (Freitag, 19 Uhr) vor über 30 000 fanatischen Fans die wohl schwierigste Auswärtsaufgabe der Saison bevor, danach kommt zum Jahresabschluss in DFB-Pokal-Viertelfinalist Arminia Bielefeld (Sonntag, 22. Dezember, 13.30 Uhr) ein weiterer Aufstiegskandidat nach Mannheim.
Die Luft wird dünner am Alsenweg, der Druck steigt, das Nervenkostüm ist angespannt. Darauf deutet die emotionale Reaktion von Sportchef Anthony Loviso nach der Cottbus-Niederlage hin, als er wegen des nicht gegebenen Boyd-Tores wutentbrannt in Richtung Schiedsrichter Assad Nouhoum rannte. Trainer Trares lebt hingegen weiter eine von Realitätssinn getragene Gelassenheit vor, die sich aus vier Jahrzehnten Erfahrung im Profifußball speist. „Als ich hier angetreten bin, wäre ich dankbar gewesen, wenn wir in so einer Situation wie jetzt gestanden hätten. Dass das eine enge Geschichte wird, war mir immer klar“, sagte der 59-Jährige. Als Trares kam, stand der SVW auf dem letzten Platz. Ihm sei bewusst gewesen, dass es in dieser Saison nur um den Klassenerhalt gehen werde. „Ich habe noch nie ein anderes Ziel gehabt, als über dem Strich zu bleiben. Deshalb tut es unfassbar weh, dass wir heute nichts geholt haben, weil wir eindeutig die bessere Mannschaft waren“, bekundete Trares.
In der Tat hätte der Waldhof mindestens ein Remis verdient gehabt, aber aus erwähnten Gründen blieb das frühe Cottbuser Tor von Dominik Pelivan (10.) in Folge eines Eckballs der einzige Treffer des Nachmittags. Trares lenkte den Fokus weg vom Ergebnis, hin zur Leistung. „Heute haben wir das erste Mal so Fußball gespielt, dass ich sage: Das geht schon in die richtige Richtung“, sagte er. Mutig sei der Auftritt gewesen, intensiv, mit vielen guten Ballgewinnen – nur im letzten Drittel habe die letzte Präzision gefehlt.
Das Punktekonto der Mannheimer stagniert allerdings bei der Zahl 20 – und das dürfte zu wenig sein, um auf einem Nichtabstiegsplatz zu überwintern. Zum Vergleich: In der weithin katastrophalen und fast mit dem Abstieg bestraften Vorsaison beendete der SVW die Vorrunde mit 17 Zählern. Das ist unwesentlich schlechter als der jetzige Punktestand. Es rächt sich nun, dass es die Waldhöfer in Partien gegen locker schlagbare Gegner wie Unterhaching (1:1) und Stuttgart II (0:2) durch nachlässige Auftritte verpassten, sich frühzeitig ein Polster für den Winter anzufressen. „Wir sollten in der Gegenwart bleiben. Alles, was passiert ist, können wir eh nicht mehr verändern“, meinte Trares. Beim schweren Spiel in Dresden gehe es darum, mit einer mindestens so guten Leistung wie gegen Cottbus zu bestehen.
Ob das gelingen wird, ist eingedenk der in Gang gesetzten Negativspirale beim SVW allerdings mit großen Fragezeichen behaftet. Der Kapitän macht dennoch weiter in Optimismus. „Ich weiß, dass es in der 3. Liga relativ schnell in beide Richtungen geht. Dementsprechend wollen wir die zwei Spiele noch erfolgreich gestalten. Und das heißt punkten“, postulierte Marcel Seegert. Mehr als das sprichwörtliche Pfeifen im Walde? Das happige Restprogramm droht Seegerts Wunsch einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die unschönen Begleiterscheinungen des aktuellen Abwärtstrends könnten für ein sehr ungemütliches Weihnachtsfest beim SV Waldhof sorgen.
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