Triathlon

Viel Demut, viel Zuversicht

Bei ihrem zweiten Start auf Hawaii geht die Heidelbergerin Laura Philipp als Mitfavoritin an den Start der Langdistanz-WM

Von 
Jörg Aberle
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Laura Philipp ist bereits am 19. September Richtung Hawaii gereist und bereitet sich seitdem vor Ort auf die legendäre Ironman-WM auf Big Island vor. © Marcel Hilger

Kailua-Kona. Es an die Startlinie zu schaffen, ist das eine. Am Tag des wichtigsten Wettkampfes des Jahres in Bestform zu sein, das andere. Ausdauersportlerinnen wandeln stets auf einem schmalen Grat zwischen bestens vorbereitet zu sein – oder das Rad überdreht zu haben. Verletzungspausen in der Vorbereitung schmälern die Chancen auf einen Sieg, krankheitsbedingte Ausfälle lassen Träume im Nu zerplatzen. Die gesamte Bandbreite hat auch Triathletin Laura Philipp in den vergangenen Jahren am eigenen Leib erfahren müssen. Doch nun ist der nächste Hawaii-Start zum Greifen nahe. Und Philipp in Topform.

Für die Heidelbergerin steht am Donnerstag die zweite Ironman-Weltmeisterschaft kurz bevor. Auf der Langdistanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen) wird nach der neuen Weltmeisterin gesucht. Die 35-Jährige hat bei der Titelvergabe ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und geht als eine der Topfavoritinnen ins Rennen (Startzeit 18.25 Uhr MEZ), das erstmalig getrennt zur Herren-Konkurrenz stattfindet, die am Samstag ausgetragen wird.

Bereits 2019 schnupperte Philipp am Podestplatz und wurde bei ihrer WM-Premiere Vierte. Direkt nach dem Rennen schickte Philipp eine Kampfansage hinterher, im nächsten Jahr aufs Podium kommen zu wollen. Doch Absagen und Verlegungen aufgrund der Corona-Pandemie verhinderten in der Folge weitere Austragungen auf der Pazifikinsel. „Es war hart, drei Jahre auf den nächsten Hawaii-Start warten zu müssen. Ich bin unglaublich glücklich, wieder hier zu sein“, sehnt Philipp nun den Startschuss herbei.

Beste Voraussetzungen

Im Gegensatz zu ihrer ersten Teilnahme sind die Voraussetzungen auf eine Top-Platzierung signifikant besser. 2019 hing ihre Teilnahme am seidenen Faden und eine Fußverletzung hinderte die Athletin vom Soprema Team des TSV Mannheim daran, eine solide Laufvorbereitung zu absolvieren. „Dieses Jahr habe ich super gut trainieren können, bis auf die Unterbrechung wegen meiner Corona-Infektion“, spricht Philipp den herben Rückschlag an. Die Corona-Erkrankung zur Unzeit hatte ihre Teilnahme an der in den Mai und nach St. George/Utah verschobenen WM 2021 im letzten Moment verhindert. Doch die Vorzeigeathletin kämpfte sich zurück und wurde Anfang Juni in Hamburg Langdistanz-Europameisterin mit der sagenhaften Zeit von 8:18,20 Stunden. Die zweitbeste Endzeit der Triathlon-Geschichte und der Beweis, dass Philipp nichts an Form und Stärke eingebüßt hat. Nicht auszudenken, was in dieser Verfassung für Philipp in St. George möglich gewesen wäre. Die WM musste sie zuhause in Neckargemünd vor dem Fernseher mitverfolgen. Diesmal mischt Philipp wieder voll mit.

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„Ich gehe weiterhin mit sehr viel Respekt hier an den Start, aber auch mit ganz viel Vorfreude und Erfolgshunger, weil meine Form richtig gut ist. Ich konnte in den letzten Jahren drei weitere Ironman-Rennen absolvieren und viel Erfahrung auf dieser Distanz sammeln“, erläutert Philipp, deren große Stunde jetzt im Sehnsuchtsort aller Triathletinnen schlagen könnte. Dennoch ist Hawaii für alle Teilnehmerinnen ein heißes Pflaster und eine Umstellung.

„Die ersten Tage hier haben mich wieder Demut gelehrt, weil die Hitze und Luftfeuchtigkeit ein extremes Klima für den menschlichen Körper sind. Wenn man hier Fehler macht, lernt man sehr schnell sein Limit kennen“, weiß Philipp um den Drahtseilakt, den es zu bewältigen gilt, in einem knapp neun Stunden andauernden Rennen seine Grenzen zu verschieben, aber nicht zu früh im Rennverlauf zu überschreiten. Auch deshalb reiste Philipp mit ihrem Trainer und Ehemann Philipp Seipp bereits am 19. September Richtung Hawaii, um sich an Klima und Zeitverschiebung bestmöglich anzupassen.

Haug und Ryf gilt es zu schlagen

Neben den äußeren Faktoren wird auch die Konkurrenz Philipp zu einer außergewöhnlichen Leistung zwingen. Neben Anne Haug, der letzten Hawaii-Siegerin 2019, gehört auch die fünffache Weltmeisterin Daniela Ryf aus der Schweiz zu den Topfavoritinnen. „Zwischen Platz eins und fünf ist alles möglich. Laura ist in der Lage, das Rennen von A bis Z alleine zu bestreiten, aber das Ziel ist, an der Renndynamik teilzunehmen und dem Rennen ihren Stempel aufzudrücken“, hofft Trainer Seipp auf eine Topleistung seiner Frau in allen drei Disziplinen.

Die Vorzeichen dafür stehen besser denn je: Das erste große Ziel, vollkommen fit an der Startlinie zu stehen, ist schließlich schon erreicht.

Redaktion

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