Mannheim. Für den SV Waldhof zahlungskräftige und zuverlässige Sponsoren zu finden, ist seit jeher keine vergnügungssteuerpflichtige Aufgabe. Die meisten großen Unternehmen der Region ignorieren das Zugpferd des Mannheimer Fußballs geflissentlich, selbst die Suche nach einem Partner für die Trikotbrust geriet in den vergangenen Jahren meist zu einer zähen Angelegenheit.
Daran hat auch der Aufstieg in die 3. Liga 2019, einhergehend mit verstärkter Fernsehpräsenz in der ARD-Sportschau oder bei den Live-Übertragungen auf „MagentaSport“, wenig geändert. Am Ende muss Mäzen und Präsident Bernd Beetz regelmäßig die sechs- bis siebenstelligen Löcher stopfen, die bei der chronisch defizitären Drittliga-Mannschaft entstehen.
Die Hoffnung, dass die Rückkehr in den Profifußball über das Netzwerk des früheren Wirtschaftsbosses Beetz relevante weitere Einnahmenquellen erschließen könnte, hat sich nicht erfüllt.
Beetz und Kompp Konzept vorgestellt
Der SVW sucht nach Auswegen aus dieser Problematik - und eine mögliche Lösung könnte auf den Namen Infront hören. Das Schweizer Unternehmen ist der Gigant der Branche, wenn es darum geht, Vereinen, Verbänden und Veranstaltungen bei der Suche nach Sponsoren unter die Arme zu greifen.
Ein Infront-Repräsentant hat nach Informationen dieser Redaktion jetzt der SVW-Spitze um Präsident Bernd Beetz, seinem Sohn und Aufsichtsratschef Christian Beetz sowie Geschäftsführer Markus Kompp ein Konzept vorgestellt, wie ein Einstieg beim SV Waldhof aussehen könnte.
Kompp bestätigt die Gespräche, verneint aber, dass ein Vertragsabschluss bevorstehe. „Wir überprüfen regelmäßig, ob es Verbesserungsoptionen gibt. Das ist tägliches Business. Wir waren schon häufiger mit Infront in Kontakt, auch mit Lagardere, mit denen es ja auch eine Teilrechtevereinbarung gab. Es gab ein Treffen, das war einfach ein informeller Austausch. Wir wollten uns einmal wieder auf den aktuellen Stand bringen“, sagte Kompp.
Largardere Sports, eine andere globale Vermarktungsagentur, sollte ab September 2018 einen Hauptsponsor für den SVW suchen. Nach der Vertragsunterschrift des Sportwettenanbieters TipWin für die Waldhof-Brust endete die Zusammenarbeit.
Das könnte ein großes Unternehmen bringen
Doch welchen Nutzen könnte eine Kooperation mit Infront den Mannheimern bringen? Und wo lägen die Risiken? Ein Anruf bei Dirk Klingenberg. Der ehemalige Wasserballspieler gilt als einer der kenntnisreichsten Experten auf dem Gebiet des Sportmarketing in Deutschland. Klingenberg bewertet einen möglichen Einstieg von Infront beim SVW grundsätzlich positiv, es komme aber auf die konkrete Ausgestaltung und Zielsetzung der Zusammenarbeit an.
„Bei Waldhof Mannheim haben sie sich offenbar zusammengesetzt und gesagt: Wir wollen weiter wachsen, wir wollen in die 2. Liga. Und dafür brauchen wir Hilfe“, sagt er. Infront bringe dafür das nötige Know-how und Netzwerk mit. „Das ist für Vereine schon interessant. Dann muss man keine große eigene Marketing-Abteilung aufbauen, sondern man kann sich auf andere Dinge konzentrieren. Und Waldhof kann zum Beispiel nach fünf Jahren sagen: Jetzt sind wir so weit, dass wir es wieder selbst machen können. Aber wir brauchen Infront als Starthilfe. So hat es zum Beispiel Fortuna Düsseldorf gemacht“, sagt Klingenberg.
Beim SV Waldhof arbeitet zurzeit in Daniel Martin ein Vertriebler in der Sponsoren-Akquise, unterstützt von Nora Probst im Back Office. Eine weitere Stelle in dem Bereich ist ausgeschrieben.
Provisionsbasis oder Fixsumme?
Infront mit seinen 900 Mitarbeitern kann da auf ganz andere personelle Ressourcen zurückgreifen. Die Schweizer, bei denen die deutsche Fußball-Ikone Günter Netzer als Repräsentant fungiert, sind seit den 70er Jahren groß im Geschäft. Zu den Kunden zähl(t)en unter anderem der DFB, Schalke 04, der 1. FC Köln oder Werder Bremen. Auch die Verbindung zur FIFA ist eng: Infront-Geschäftsführer ist Philippe Blatter, der Neffe des ehemaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter.
Im Bestreben, weiter zu wachsen, geht Infront aber auch auf Drittligisten zu - wie jetzt den SV Waldhof. Bei der Vertragsausgestaltung gibt es laut Experte Klingenberg mehrere Varianten. Ein Modell sei, dass Infront zehn bis zwanzig Prozent Provision für jeden neuen Sponsor bekomme. Oder aber die Schweizer garantierten eine an den Sponsoring-, Hospitality-, Marketing- und Merchandise-Einnahmen der Vorjahre orientierte Fixsumme. Alles was darüber hinaus an zusätzlichen Abschlüssen getätigt werde, gehe komplett an Infront.
Aufstieg in die 2. Liga könnte vieles ändern
Eine Beispielrechnung: Der SV Waldhof bekommt bei einer Kooperation über drei Jahre je 700 000 Euro pro Saison garantiert. Infront trägt das Risiko, wenn sie diese Summe nicht erwirtschaften, würde aber auch mögliche Überschüsse einstreichen. Denkbar sind auch Zwischenlösungen, wie zum Beispiel nur die Unterstützung bei der Suche nach einem Hauptsponsor - aktuell zahlt das Mannheimer Logistikunternehmen SI Trading einen mittleren sechsstelligen Betrag für die Waldhof-Trikotbrust. Dahinter wird es nach „Energie-Partner“ MVV, Ausrüster Capelli und „Premium-Partner“ Eichbaum aber schnell kleinteilig.
Die strategische Frage, wie sich der SVW im Vermarktungsbereich perspektivisch aufstellt, dürfte spätestens dann virulent werden, wenn der anvisierte Zweitliga-Aufstieg gelingen sollte. Die Aufgabe lautet, die Spielbetriebs-GmbH auf ein breiteres Fundament zu stellen, bei dem das Profi-Team nicht mehr fast ausschließlich von den Subventionen der Familie Beetz abhängig ist.
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