Mannheim. Sie ist der aufgehende Stern unter den deutschen Florettfechterinnen und hat auch die internationale Konkurrenz auf den Kopf gestellt. Die 20-jährige Luca Holland-Cunz überraschte bei den Weltmeisterschaften in Tiflis mit dem Einzug in das Achtelfinale und landete als beste Deutsche der Florettabteilung auf Platz 16. Die Mannheimerin ließ sogar die deutsche Nummer eins hinter sich, die 14 Jahre ältere Anne Kleibrink (Düsseldorf).
Schon beim Einzug in die Runde der besten 64 schaltete sie höher eingeschätzte Gegnerinnen aus und brachte auch danach ihre Teamkolleginnen zum Jubeln. Dank ihrer Stärke, sich schnell auf unterschiedliche Situationen einstellen zu können („ich bin sehr anpassungsfähig“), besiegte sie die Weltranglisten-Achte Flora Pasztor (Ungarn) mit 15:12, behielt gegen die Moldawierin Adeline Senic beim 15:14 die Nerven und verlor erst mit 1:15 gegen die 36-jährige, mit 14 internationalen Medaillen hochdekorierte Martina Batini. Im Juni hatte die Italienerin bei der EM in Genua Einzelbronze und Mannschaftsgold gewonnen.
Luca Holland-Cunz aus Mannheim trotzt bei Fecht-WM in Tiflis Schmerzen
Dort war auch Holland-Cunz nach verletzungsreichen Monaten am Start. „Ich konnte seit September 2024 wegen Problemen am Beinansatz und an den Schultern nicht richtig trainieren. Ich habe immer gedacht: Das Turnier geht noch …“ Obwohl die Sportstipendiatin der Uni Mannheim in Genua noch mit Schmerzen auf die Planche ging, wurde sie mit dem Team Siebte und sammelte bei ihrem Debüt bei den Aktiven im Einzel (46.) wertvolle Erfahrungen, von denen sie wenig später bei der WM in Georgien profitierte.
„Erst nach der EM habe ich wieder voll trainieren können und wollte unbedingt an meine früheren Leistungen anknüpfen“, freut sich die Unternehmensjura-Studentin, die in der Weltrangliste als drittbeste Deutsche von Platz 130 auf 61 kletterte.
Erst nach der EM habe ich wieder voll trainieren können und wollte unbedingt an meine früheren Leistungen anknüpfen
Wenige Tage nach der WM gewann sie zudem bei den deutschen Meisterschaften im Rahmen der Finals in Dresden Bronze, mit ihrem Team der TSG Weinheim sogar Silber. Im Einzel musste sie sich im „Generationenduell“ nur der inzwischen 13-fachen deutschen Meisterin Kleibrink geschlagen geben.
Auch wenn Holland-Cunz wegen der Verletzungen nicht von einem kontinuierlichen Aufwärtstrend sprechen will, führt sie ihre Leistungssteigerung auf die seit zwei Jahren in Weinheim fruchtbare Zusammenarbeit mit Coach Andrea Magro zurück. „Es ist ein Glück, mit ihm zu arbeiten, er versteht sehr viel vom Fechten, war schon deutscher Nationaltrainer, dazu Coach in Italien und Japan.“ Unter seinen Fittichen hat sie es auch schon zweimal bei Weltcups in die Top Acht geschafft.
Corona-Pause geht Mannheimer Fechterin Luca Holland-Cunz an die Substanz
Schon in ihrer Jugend war Holland-Cunz erfolgreich, kämpfte mit zwölf Jahren bei „Deutschen“ der U 17, gewann im Alter von 15 Jahren DM-Gold („das war superkrass“), unmittelbar vor dem Corona-Lockdown EM-Bronze mit dem Team. „Die Corona-Pause hat mir viel Kraft und Motivation genommen. Ich lebe von Turnieren, die haben mir sehr gefehlt“, erinnert sie sich an eine schwere Zeit. „Es hat lange gedauert, bis der Spaß zurück war.“
Der Spaß war es vor allem, der sie vor zwölf Jahren nach Versuchen im Schwimmen und Judo überhaupt zum Florett brachte. In der Fecht-AG ihrer Grundschule wurde sie entdeckt und beim 1. Mannheimer Fechtclub ausgebildet. Nachdem der seine Florettabteilung aufgelöst hatte, wechselte sie 2018 zur TSG Weinheim, fühlt sich dort bestens aufgehoben und hat seither eine stattliche Bilanz von 13 Podestplätzen (6/4/3) in ihren 14 besten Turnieren seit 2021.
Dafür, dass es so weitergeht, investiert die Linkshänderin („das ist eher ein Vorteil“) viel. Vormittags arbeitet sie an ihrer Fitness, danach geht sie in die Uni, abends trainiert sie – sofern keine Turniere anstehen – siebenmal pro Woche rund zweieinhalb Stunden. Als sie wegen ihrer Verletzungen kürzertreten musste, schrieb sie ihre Bachelor-Arbeit und gab sie schon vor dem fünften Semester ab, das im September beginnt. Für ihren Berufswunsch Anwältin wird sie ein Aufbaustudium für das Staatsexamen anhängen. „Es hilft mir sehr, dass ich ein Stipendium habe“, schätzt sie die Unterstützung durch Tutoren oder die problemlose Verschiebung von Klausuren.
Olympische Spiele 2028 sind für Mannheimer Fechterin Luca Holland-Cunz ein Fernziel
Sportlich sieht sie sich mitten in der Entwicklung. „Ich bin nervenstark, ehrgeizig, kann auf fast jede Situation reagieren und bin fechttechnisch auf einem guten Weg. Kraft und Ausdauer sind aber noch Baustellen.“ Um noch besser zu werden, würde sie gern öfter an internationalen Camps teilnehmen. „Aber das ist ein Zeit- und ein finanzielles Problem.“ Gleichwohl hat sie ein klares Fernziel: die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 mit dem Team. „Dazu müssen wir uns auf der internationalen Rangliste verbessern. Glücklicherweise wird Anne Kleibrink bis L.A. weitermachen. Das wird sehr helfen.“
Holland-Cunz selbst will und muss sich als derzeitige Nummer Drei unter den deutschen Top Vier behaupten. Die nächsten Schritte dazu beginnen im Herbst bei kleineren Turnieren, bei Weltcups, nicht zu vergessen bei der EM und WM im Juni und Juli 2026. Vielleicht gelingt ihr ja wieder ein Coup.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-mannheim-mannheimerin-luca-holland-cunz-macht-bei-fecht-wm-auf-sich-aufmerksam-_arid,2323228.html