Fußball

Fußball-Wahnsinn: So spektakulär ist die Fanszene im Südwesten

Waldhof Mannheim, Kaiserslautern und Co. – nirgendwo gibt es so viele aktive Fanszenen wie im Südwesten Deutschlands. Wir haben die spektakulärsten, aber auch umstrittene Aktionen zusammengetragen.

Von 
Rüdiger Ofenloch
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Zuletzt beim Heimspiel gegen Viktoria Köln zeigten sich die Waldhof-Fans in Sachen Choreo absolut erstligareif. © PIX-Sportfotos

Mannheim. Dem führenden Fankultur-Magazin „11Freunde“ war sie im März dieses Jahres eine Titelgeschichte wert: Die Fußballfanszene im Südwesten, die von Frankfurt und Offenbach bis Hoffenheim und Karlsruhe, von Saarbrücken und Kaiserslautern bis Darmstadt und Mannheim reicht. In Sachen Fan-Aktivität und -Rivalität sucht die Region ihresgleichen.

Wir blicken auf spektakuläre Erfolge genauso wie auf besonders bedenkliche Missgriffe und Feindschaften, die offenkundig keine Grenzen kennen. Jüngst gerieten Fans von FCK und KSC aneinander. „Lachender Dritter“: die Hardcore-Anhänger des SV Waldhof, die zu beiden Fanlagern traditionell leidenschaftliche Abneigung demonstrieren.

Eintracht übertölpelt Barcelona auf dem Platz und auf den Rängen

Das Maß der Dinge in der regionalen Fan-Szene sind zweifelsohne die Fans von Eintracht Frankfurt. Sie nutzen die internationale Bühne regelmäßig, um europaweit Schlagzeilen zu schreiben. Der bislang größte Coup: Am 14. April 2022 kapern Fans der SGE das legendäre Camp-Nou-Stadion des FC Barcelona.

Zwischen 20.000 und 30.000 Fans machen das Gast- zum Heimspiel. Dass die Jungs auf dem Rasen davon beflügelt ein sensationelles 3:2 einfahren und so den Einzug ins Halbfinale der Europa League klarmachen, zeigt auf besonders eindrucksvolle Art und Weise Wucht und Wirkung der Fans aufs Fußballspiel.

In Barcelona brach wegen der doppelten Schmach zwischen Club und Fans eine handfeste Krise aus. Um „feindliche Übernahmen“ wie diese zu verhindern, greifen Vereine seither mit Ticketsperren und ähnlichem zu drastischen Maßnahmen. Die Reisefreude der Frankfurter hat indes historische Rekordmarken pulverisiert und die Eintracht zurück ins globale Fußballrampenlicht gerückt.

Dabei klappt längst nicht immer alles, so wie beim Euro-League-Heimspiel am 28. Februar 2020 gegen Salzburg, als die UEFA als ausrichtender Verband der geplanten Choreo mit 20.000 Wunderkerzen wegen Sicherheitsbedenken die Lichter ausblies. In Sachen Choreo muss man die Waldhof-Ultras als enge Eintracht-Freunde extra loben: Was sie trotz ihrer vergleichsweise bescheidenen Größe regelmäßig auf die Beine stellen, ist absolut erstligareif.

Wenn die „River Dreams“ zur Alptraumkulisse wird: Hoffenheim-Fans mit Fäkalien übergossen

Eine spektakulär missratene Fan-Aktion stellt die Auswärtsfahrt von rund 400 Hoffenheim-Anhängern dar. Am 11. September 2016 machten sie sich per Schiff auf die Reise zum Bundesliga-Gastspiel beim FSV Mainz 05. Das schwimmende Vehikel mit dem klangvollen Namen „River Dreams“ wurde für die TSG-Fans zur Kulisse eines Alptraums.

Auf Höhe Mannheims wurden sie von einer Rheinbrücke herab mit Fäkalien übergossen. Eine besonders geschmacklose Aktion, die bundesweit für Schlagzeilen und bei den Mainzer Fans später im Stadion für Häme sorgte: Auf einem Spruchband war „Sch… gelaufen“ zu lesen, auf einem anderen „Ihr stinkt zum Himmel“.

Besonders niedrige Form von Tierquälerei schockt beide Seiten

Der FSV selbst distanzierte sich als Club von Aktion und Reaktion darauf und ermöglichte den verschmutzten Hoffenheim-Fans, in der Arena vor dem Spiel zu duschen und die Kleidung zu wechseln. Das Spiel verlief genauso spektakulär wie die Anreise der Auswärtsfans, endete nach einer 4:1-Führung für Mainz noch 4:4. Die Täter wurden indes nie ermittelt – anders als bei der vielleicht perfidesten Aktion, die hierzulande unter dem Deckmantel einer Fan-Feindschaft zur Aufführung kam.

Am 30. August 2019 wurde ein Hausschwein im Vorfeld des Derbys zwischen dem SV Waldhof Mannheim und dem 1. FC Kaiserslautern in der Nähe des Mannheimer Carl-Benz-Stadions aufgefunden. An einen Zaun gebunden, dehydriert und vollkommen erschöpft, dazu mit Schmähparolen Richtung SVW beschmiert: Dieser Fall von besonders niedriger Tierquälerei sorgte allenthalben für Empörung – in beiden Fanlagern.

Dem Schwein Lotta ging es schließlich wieder gut. Vorübergehend kam sie im Tierheim Frankenthal unter, bevor sie auf dem Gnadenhof in Worms ein Zuhause fand. © Bernhard Zinke

So initiierten Waldhof- wie FCK-Fans Spendenaktionen, um dem Tier wieder auf die Beine zu helfen. Immerhin. Und: Laut Polizei Mannheim wurde ein Mann aus dem Landkreis Kaiserslautern als Täter ermittelt, das Verfahren dann im Oktober 2020 ergebnislos eingestellt.

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Die Rivalität zwischen Rot-Weiß-Roten und Blau-Schwarzen zählt so oder so zu den härtesten im Fußball. Besonders kurios: Als Terrence Boyd im Januar 2024 direkt von Kaiserslautern nach Mannheim wechselte, galt das als wahr gewordene Unmöglichkeit. Nicht wenige fürchteten um die Gesundheit des Goalgetters. Boyd reagierte gelassen, konzentrierte sich auf seinen Job als Mittelstürmer und trug mit 13 Toren in den vergangenen beiden Spielzeiten mit dazu bei, dass der SVW gerade so die Klasse halten konnte. Darüber verziehen ihm die Waldhof-Fans sogar das auf dem rechten Unterarm prangende FCK-Tattoo.

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