Nach vielen Absagen jagt im Triathlonsport wieder ein Höhepunkt den nächsten. Der Weinheimer Florian Angert erkämpfte sich bei der im Mai nachgeholten WM 2021 in St. George als bester Deutscher Platz fünf und will nun bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii erneut auftrumpfen. Bei seiner Generalprobe in Dallas am 18. September wurde Angert auf einer verkürzten Mitteldistanz in einem Weltklasse-Starterfeld Fünfter. Danach flog der 30-Jährige auf die Hauptinsel Big Island, um den letzten Trainingsblock zu absolvieren. Im Interview spricht Angert über seine Hawaii-Premiere.
Herr Angert, inwiefern war Dallas eine gute Generalprobe für Hawaii? Was für Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Florian Angert: Es sind natürlich zwei komplett unterschiedliche Distanzen. Fakt ist, dass ich gut mit Hitze umgehen kann, denn es war verdammt heiß in dem Rennen mit bis zu 36 Grad. Ich weiß, wie und wann ich mich kühlen muss, um meinen Körper auf normaler Betriebstemperatur zu halten.
Was steht in den letzten Tagen der Vorbereitung im Vordergrund?
Angert: Zunächst musste ich mich vom Rennen in Dallas erholen. Danach ging es darum, die Form Richtung Ironman zu trimmen. Schwimmen, Radfahren und Laufen im angestrebten Renntempo. Also zehn Tage normales Training mit normaler Intensität. Ich werde in keinem Fall überzocken. Gewinnen kann man jetzt nichts mehr, sondern nur noch Fehler machen, dass man krank wird oder sich verletzt.
Kommt in fast drei Wochen auf Hawaii Urlaubsstimmung auf?
Angert: Nein, ich weiß ja, warum ich hier bin. Um am 8. Oktober ein gutes Rennen zu absolvieren. Zudem bin ich von Leuten umgeben, die alle das gleiche Ziel haben. Der Fokus liegt auf dem Rennen. Ich werde aber auch mal an den Strand gehen.
Florian Angert
Der gebürtige Weinheimer fing erst im Alter von 20 Jahren mit Triathlon an. Inzwischen belegt der frühere Schwimmer der TSG Weinheim Platz 7 der PTO-Weltrangliste.
Die Hawaii-Qualifikation sicherte sich der 30-Jährige bei seinem Langdistanzdebüt und Sieg 2019 in Barcelona in Jahresbestzeit aller Triathleten (7:45,05 Stunden).
Inzwischen lebt der ehemalige Triathlet vom Soprema Team TSV Mannheim in Schwaigern bei Heilbronn. Trainiert wird Angert, der dem Tri-Team Heuchelberg angehört, von Erfolgscoach Philipp Seipp, der auch schon Laura Philipp in die Weltspitze führte.
Wie sehen Sie ihrem Hawaii-Debüt entgegen?
Angert: Es gibt nicht so viele Rennen unter diesen Bedingungen - mit so großer Hitze und Luftfeuchtigkeit - und zudem nur wenige Athleten, die im ersten Jahr auf Hawaii richtig gut waren. Ich weiß jedoch, dass ich sehr gut vorbereitet bin und so fit wie nie, noch fitter als in St. George. Ich bin sehr entspannt und guter Dinge.
Was bereitet Ihnen Sorgen?
Angert: Ich habe nicht Angst vor dem Rennen oder einer bestimmten Situation, sondern einfach Respekt, weil ich nicht so richtig weiß, was auf mich zukommt im Sinne der Dynamik im Rennen in Kombination mit dem Wetter. Zudem ist es mental eine große Herausforderung, weil in der Stadt sehr viele Zuschauer sind, aber wenn man aus der Stadt raus ist, null komma null los ist.
WM-Fünfter war schon ein echtes Ausrufezeichen. Warum fliegen Sie bei vielen dennoch unter dem Radar?
Angert: Es liegt nicht in meiner Hand, wer mich als Favorit sieht oder nicht. Ich kann nicht mehr machen, als Leistung zu bringen. Im Endeffekt bekomme ich dann weniger Druck von außen und mache mir dadurch auch selbst weniger Druck. Es ist immer gut, wenn die Leute auf andere schauen und man selbst sein Ding eher im Stillen machen kann - und am Ende dann doch alle überrascht.
Ärgert es Sie dennoch, als aktuell bester deutscher Triathlet, nicht zu den Favoriten gezählt zu werden?
Angert: Das kann ich ab und bin ich gewohnt von dem einen oder anderen Fachmagazin. Wenn man meine Ergebnisse aus diesem und den letzten Jahren anschaut, habe ich oft genug gezeigt, dass ich bei großen Rennen Leistung bringen kann.
Die Top Fünf zu erreichen, bezeichneten Sie vor der letzten WM als realistisch. Was ist nun drin?
Angert: Wenn viel zusammenläuft, ist das Podium nicht außer Reichweite, Top Fünf wäre für den ersten Hawaii-Start sehr solide und ich wäre happy damit.
Als starker Schwimmer und Radfahrer sind Sie immer in der Lage, das Rennen zu dominieren und das Feld bis zum Laufen anzuführen. Was fehlt Ihnen noch, um die Führung ins Ziel zu retten?
Angert (lacht): Ein vernünftiger Radvorsprung à la Normann Stadler, was heutzutage aber sehr schwierig ist. Insgesamt bin ich gut aufgestellt. Das größte Potenzial habe ich nach wie vor beim Laufen. Wenn ich mir noch eine Sache raussuchen könnte, wären es zwei, drei Prozent beim Laufen zu finden, was jedoch nicht von jetzt auf nachher geht. Ich habe mich in den letzten Jahren aber so gut entwickelt, dass das auch noch kommt.
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