Politbarometer

Katzenjammer bei Robert Habeck und den Grünen

Der Wirtschaftsminister hat sich einige Fehler erlaubt, das färbt auch auf seine Partei ab. Was das für die Ampel bedeutet, analysiert Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen

Von 
Walter Serif
Lesedauer: 
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) äußert sich bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen der Bundesregierung. © Bernd von Jutrczenka

Mannheim. In der Politik ist es wie an der Börse. Erst recht in diesen turbulenten Zeiten. Das belegt das aktuelle Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Wenn schon am Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, könnten die Grünen mit 23 Prozent rechnen. Bei der Umfrage im August waren es aber drei Prozentpunkte mehr.

„Das ist schon ein Absturz. Wir erleben in der Politik aber immer wieder das Phänomen, dass eine Partei oder eine Person kometenhaft aufsteigt und dann schnell wieder abstürzt, wenn Fehler gemacht werden“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe. Seine Erklärung dafür: „Offensichtlich ist das Fundament der Grünen doch nicht so fest, und damit sind die Werte dementsprechend auch nicht nachhaltig.“

Ampel verliert Mehrheit

Die politische Aktie der Grünen ist also volatil, weshalb ihr Kurs großen Schwankungen unterworfen ist. Das musste die Partei schon bei der Bundestagswahl 2021 bitter erfahren. Sie träumte von der Kanzlerschaft - und landete bei enttäuschenden 14,8 Prozent. Danach berappelten sich die Grünen wieder, vor allem, weil Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministern Annalena Baerbock so gut performten. Und als dann auch noch Wladimir Putin mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine die große Gaskrise auslöste, waren es auf einmal die Grünen-Granden, die mit in ihren eigenen Reihen unpopulären Entscheidungen punkteten. Stichwort: Flüssiggas aus Katar. Vor allem Robert Habeck wurde zum Liebling der Deutschen - und auch der Medien.

Doch jeder Hype geht mal zu Ende, wobei man jetzt natürlich auch nicht ins Gegenteil verfallen sollte. Habeck ist noch immer der beliebteste Politiker in Deutschland. Auch Baerbock und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir verteidigen ihre Plätze zwei und drei in der Image-Rangliste der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker. Am meisten Federn lassen muss allerdings Habeck, auf der Skala von plus fünf bis minus fünf hat sich sein Wert fast halbiert, auch Baerbock ist deutlich schlechter.

Aber auch das Spitzenpersonal der SPD muss Einbußen hinehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach halten wenigstens ihre Plätze, Arbeitsminister Hubertus Heil fällt ganz aus der Rangliste raus. Nur FDP-Chef Christian Lindner, der einzige Liberale in den Top Ten, verbessert sich leicht, bleibt aber auf den hinteren Rängen. Das alles belegt, dass die Ampel-Koalition insgesamt an Strahlkraft einbüßt. „Mehr als die Hälfte der Befragten bezeichnet das Koalitionsklima inzwischen als schlecht“, so Jung. Die Streitereien über die Gasumlage oder die Atomkraftwerke - für die die Befragten offensichtlich vor allem die Grünen und Habeck abwatschen - sind für die Regierung keine gute Werbung. Auch in der Umfrage haben die Ampel-Parteien keine Mehrheit mehr, weil die Grünen stark verlieren und auch die FDP einen Prozentpunkt abgeben muss. Die Unionsparteien übernehmen mit ihren 28 Prozent (plus zwei) die Führung, rechnerisch wäre aktuell nur Schwarz-Grün möglich, eine Kombination, die auf Landesebene bereits erprobt ist. CDU-Parteichef Friedrich Merz bleibt gleichwohl bei den Popularitätswerten blass. Anlässlich des Parteitags in Hannover hat die Forschungsgruppe wissen wollen, wie die Wählerinnen und Wähler seine Arbeit beurteilen. Nur 44 Prozent meinen, dass er einen eher guten Job macht.

Alice Weidel in der Rangliste

„Die Regierungskoalition gerät unter Druck, weil vor allem das dritte Entlastungspaket bei der Bewertung durchfällt“, sagt Jung. Fast die Hälfte findet, dass die Ampel den Menschen zu wenig unter die Arme greift. Vor allem aber meinen rund zwei Drittel der Befragten, dass Menschen mit niedrigem Einkommen besonders zu kurz kommen.

Deshalb ist es bestimmt kein Zufall, dass die Linke und die AfD gleichermaßen in der Umfrage zulegen - nämlich um jeweils einen Zähler. Und erstmals taucht mit Parteichefin Alice Weidel auch Spitzenpersonal der AfD in der Rangliste auf. Dass Weidel mit minus 2,6 weit abgeschlagen auf dem letzten Platz landet, erklärt Jung damit, dass die AfD als Partei bei der Bewertung in Richtung minus fünf geht. „So betrachtet ist Weidel weitaus populärer als ihre eigene Partei.“ Das sind dann die Feinheiten der Wahlforschung.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

Thema : Politbarometer

  • Politbarometer Umfrage: Scholz liegt im Duell hinter Merz

    Am liebsten hätten die Deutschen Boris Pistorius als Bundeskanzler - aber der tritt ja nicht an bei der Neuwahl. Die Analyse der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen

    Mehr erfahren
  • Politbarometer Mannheimer Politbarometer: AfD liegt in Brandenburg vorn

    Eine Woche vor der Landtagswahl in Brandenburg steht die AfD in der Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen auf Platz eins. Warum sich das noch ändern kann, erklärt Matthias Jung

    Mehr erfahren
  • Umfrage Mannheimer Politbarometer: Mehrheit will Scholz nicht als Kanzlerkandidat

    Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hat nachgefragt. Das Ergebnis ist für Olaf Scholz katastrophal: 71 Prozent der Deutschen wollen nicht, dass der Bundeskanzler noch einmal bei der Bundestagswahl 2025 antritt

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen