Mannheim. Der Höhenflug der Grünen setzt sich auch im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen fort. Wenn schon an diesem Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, würden die Grünen mit 25 Prozent auf dem zweiten Platz landen – knapp hinter der Union, die auf 26 Prozent sitzen bleibt. „Die Grünen können die guten Werte nach den zwei für sie erfolgreichen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen halten“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe Wahlen. Ein weiteres Pfund, mit dem die Grünen wuchern können: „Mit Wirtschaftsminister Robert Habeck, Außenministerin Annalena Baerbock und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir belegen sie drei der ersten vier Plätze in der Rangliste der populärsten Politikerinnen und Politiker in Deutschland“, erklärt die Wahlforscherin. Dabei sticht vor allem Habeck heraus: „Er führt ein wichtiges Ministerium und macht seinen Job als Krisenmanager sehr gut.“
Zwei Themen beschäftigen die Menschen besonders: die gestiegenen Preise und der Ukraine-Krise, allerdings hat jetzt die Inflation Wladimir Putins Angriffskrieg als wichtigstes Problem abgelöst. 85 Prozent der Deutschen erwarten, dass die Preise weiter steigen werden. Deshalb bezeichnen nur noch 22 Prozent die allgemeine Wirtschaftslage als gut. 60 Prozent glauben, dass es mit der Wirtschaft abwärts geht.
Tankrabatt und 9-Euro-Ticket
Die zwei wichtigsten Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung kommen bei den Bürgerinnen und Bürgern allerdings sehr unterschiedlich an. Vom dreimonatigen Tankrabatt erwarten sie sich nach den ersten Erfahrungen – die Benzinpreise sind nur leicht gesunken – wenig. 89 Prozent der Wähler bezweifeln, dass die Mineralölkonzerne die gesenkte Mehrwertsteuer in vollem Umfang an die Verbraucher weitergeben werden. Positiv ist dagegen das Echo auf das 9-Euro-Ticket im Nahverkehr. Fast drei Viertel finden es gut, dass die Preise für Fahrten mit allen Bussen und Bahnen bis Ende August jeden Monat drastisch billiger sind. Allerdings glaubt nur ein Fünftel der Befragten, dass die Nutzung im Nahverkehr steigen wird, wenn die Tickets wieder den normalen Preis kosten.
Ukraine
Beim Thema Ukraine-Krise überzeugt der Einsatz Deutschlands weniger Befragte als zuletzt: Nach 50 Prozent Ende April finden aktuell nur noch 43 Prozent der Wahlberechtigten das Ausmaß der Unterstützung gerade noch richtig. Pessimistisch sind die Deutschen, wenn es um die Frage geht, ob die Ukraine mit den schweren Waffen, die der Westen liefert, den Krieg gewinnen kann. Das erwarten nur 26 Prozent. 64 Prozent, darunter überdurchschnittlich viele Ostdeutsche (74), glauben nicht an einen Sieg. 60 Prozent sprechen sich übrigens für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine aus.
Nato
Vor dem Hintergrund des Krieges misst die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger (62 Prozent) der Nato eine wichtigere Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands zu als früher. Interessant dabei ist, dass sich die Einstellung der Deutschen zur Verstärkung der Nato-Truppen an der Ostflanke des Verteidigungsbündnisses geändert hat. 2014 – als Russland sich die Krim schnappte – lehnten 57 Prozent dies ab. Acht Jahre später sprechen sich 54 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für mehr Truppen im Osten aus. Völlig anders ist allerdings die Sichtweise in den neuen Bundesländern, dort sind 54 Prozent gegen eine Verstärkung der Ostflanke. 79 Prozent der Deutschen befürworten einen Nato-Beitritt von Finnland und Schweden.
Corona
Corona haben die Leute gegenwärtig kaum auf dem Schirm, dennoch rechnen 87 Prozent im Herbst mit einer neuen Welle. Dass Bund und Länder diesmal anders als in den vergangenen zwei Jahren auf einen Anstieg der Infektionszahlen nach dem Sommer vorbereitet sind, glauben allerdings nur 36 Prozent.
Pflichtdienst
Ziemlich viel Wirbel hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit seiner Idee ausgelöst, dass junge Menschen künftig einen Pflichtdienst absolvieren sollen – wahlweise bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich. Eine große Mehrheit – 69 Prozent – findet diese Idee gut.
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