Analyse

Forschungsgruppe Wahlen: „Franziska Giffey ohne Zugkraft“

Am schlimmen Abschneiden der Sozialdemokraten in Berlin konnte auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey nichts ändern. Warum, erklärt Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen

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Walter Serif
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Franziska Giffey hat für ihre SPD in Berlin zu wenig gerissen. © dpa

Mannheim. „Das ist ein katastrophales Ergebnis für die SPD“, sagt Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Am schlimmen Abschneiden der Sozialdemokraten in Berlin konnte auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey nichts ändern, weil sie keinen Amtsbonus bei den Wählerinnen und Wählern hatte, wie Jung in seiner Analyse erklärt.

Große allgemeine Unzufriedenheit

Erstmals seit 1999 ist dagegen die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus die stärkste Partei geworden. Der haushohe Sieg ist ihr ohne eigenes Zutun gelungen. Die CDU profitierte von der heftigen Kritik am Senat. Alle drei Koalitionspartner SPD, Grüne und Linke müssen im Vergleich zu 2021 Einbußen hinnehmen, am stärksten traf es die Genossen.

Die CDU kann im Vergleich mit der SPD und den Grünen inhaltlich und personell ebenfalls nur bedingt überzeugen, ihr Erfolg resultiert aber nicht nur aus der Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit Rot-Grün-Rot. Die CDU schlägt auch Kapital aus der Schwäche der FDP und einem spezifischen Mobilisierungserfolg. „Bei geringerer Wahlbeteiligung - 2021 war ja parallel Bundestagswahl - ist die CDU in der relativ beteiligungsstarken Generation 60plus besonders stark“, sagt Jung.

Die Forschungsgruppe hat das Wahlergebnis auch nach den verschiedenen Altersgruppen sortiert. Die CDU ist mit einem Wähleranteil von 38 Prozent nicht nur bei den ab 60-Jährigen erfolgreich, sondern erzielt mit 31 Prozent auch bei den 45- bis 59-Jährigen ein gutes Ergebnis. Dagegen schneiden die Grünen bei den 30- bis 44-Jährigen (26 Prozent) am stärksten ab, gefolgt von der CDU (21), Linke (14) und SPD (13). Bei den unter 30-Jährigen bleibt neben den Grünen (25) auch die Linke (20) relativ stark, CDU und SPD erzielen hier nur wenig Zuspruch.

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„Giffey hat als Spitzenkandidatin weit weniger Zugkraft entfaltet als andere Länder-Regierungschefs“, sagt Jung. Nur 51 Prozent bescheinigen ihr als Regierende Bürgermeisterin gute Arbeit. „Beim Ansehen verfehlt sie klar das Niveau ihrer Amtsvorgänger Michael Müller oder Klaus Wowereit.“

Giffey liegt auf der Skala von plus fünf bis minus mit 0,4 (2021: 0,9) nur knapp vor Wegner, der - wie alle Berliner CDU-Kandidaten seit 2001 - mit 0,3 (2021: 0,1) ebenfalls schwach bleibt. Als Regierungschefin beziehungsweise Regierungschef wünschen sich 32 Prozent die Amtsinhaberin, Wegner kommt auf 27 Prozent, die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wäre nur 15 Prozent als Regierende Bürgermeisterin genehm. Beim Image stürzt sie auf minus 1,3 (2021: 0,1) ab.

„Das Wahlergebnis ist die Folge einer generellen Unzufriedenheit mit der Stadt, in der schon lange nichts mehr richtig funktioniert. Es ist schwer vorstellbar, dass Giffey nach ihrer Klatsche weiter mit dieser Koalition regieren könnte, selbst wenn die SPD vor den Grünen liegen würde“, sagt Jung.

Dem Volk aufs Maul schauen können die Parteien bei der Regierungsbildung allerdings nicht. Jung: „Neben einer rot-grün-roten Neuauflage gehen die Berliner auch zu sämtlichen anderen denkbaren Koalitionen auf Distanz.“ Das hängt damit zusammen, dass die Regierungspolitik mit minus 0,4 selten schlecht beurteilt wird, aber auch die Opposition blass bleibt. Nur 29 Prozent glauben, dass es die CDU in der Regierung besser machen könnte.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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