Gerichtsprozess - Stadt Hockenheim einigt sich mit Bauhof-Chefin und Werkstattleiter / Rauswürfe nach Weiterverkauf von Schrott

Stadt Hockenheim einigt sich mit Bauhof-Ehepaar auf Vergleich

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Berufungstermine vor dem Mannheimer Landesarbeitsgericht sind aufgehoben, die Stadt Hockenheim hat sich mit der Gegenpartei geeinigt. © Markus Proßwitz

Hockenheim. Eigentlich sollte der juristische Streit um die Rauswürfe der Chefin des kommunalen Bauhofs in Hockenheim sowie des Werkstattleiters am kommenden Freitag beim Landesarbeitsgericht (LAG) verhandelt werden. Die Berufungstermine sind jedoch aufgehoben. Auf Anfrage erklärt Thomas Jakob-Lichtenberg, Bürgermeister der Kreisstadt, dass sich die Parteien auf einen Vergleich geeinigt haben. Davon unberührt bleiben laufende Strafermittlungen.

Rückblick: Vor sechs Monaten titelte diese Zeitung „Bauhof Hockenheim - Metallschrott füllt Schwarze Kasse“. Bei einem Kündigungsschutzprozess vor dem Mannheimer Arbeitsgericht wurde im Mai bekannt, dass die Stadt Hockenheim der Bauhof-Leiterin und deren Ehemann als Werkstattleiter vorwirft, Metallschrott gesondert gesammelt, verkauft, die jeweilige Quittungen vernichtet und den nicht verbuchten Erlös beispielsweise für interne Betriebsfeiern genutzt zu haben. Die Eheleute, beide langjährige Beschäftigte im öffentlichen Dienst, galten als unkündbar: Deshalb war rechtlich nur das außerordentliche Beendigen ihrer Arbeitsverhältnisse aus „wichtigem Grund“ möglich. Dagegen wehrte sich das Paar und gewann seine Kündigungsschutzprozesse - allerdings aus formalen Gründen. Die 8. Kammer kippte die beiden Rauswürfe wegen unzulänglicher Anhörung des Personalrates. Das zur Last gelegte Schrottverscherbeln wurde aber nicht angezweifelt.

Der Begriff Compliance meint etwa korrektes Verhalten oder auch Mitwirkung. To comply bedeutet erfüllen beziehungsweise befolgen: beispielsweise von gesetzliche Regelungen oder Firmen-Selbstverpflichtungen.

Von Compliance war zunächst in der Medizin die Rede, wenn sich Patienten zur aktiven Mitwirkung an therapeutischen Maßnahmen bereit zeigten.

Management-Systeme zur Einhaltung von Rechtsnormen wie Spielregeln gelten in der freien Wirtschaft wie in öffentlichen Verwaltungen als etabliert. Inzwischen gibt es für Beauftragte in diesem fachlich wie menschlich heiklen Feld der Organisation und Aufsicht festgelegte Zertifizierungen. wam

Weil die Stadt Hockenheim zwei weitere fristlose Kündigungen nachschob und diese mit nachträglich bekanntgewordenen Vorwürfen begründete, folgte ein zweiter arbeitsgerichtlicher Prozess als Gütetermin. Diesmal ging es um illegal verkauftes Holz und einen dienstlichen Lade-Renault, der trotz eines Gebrauchtwertes von 2300 Euro für hundert Euro dem Werkstattleiter verkauft worden sei.

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Mit Lohnfortzahlungen verrechnet

Die im November anstehenden Verhandlungen - nämlich die von der Stadt Hockenheim angestrengten Berufungen vor dem LAG und der Kammertermin zu den nachgeschobenen Rauswürfen - dürften bei den Streitparteien die Bereitschaft erhöht haben, einen erstinstanzlichen Vergleichsvorschlag zu akzeptieren. Zumal bei Urteilen nur schwer absehbar ist, wie diese letztlich ausfallen. Bürgermeister Jakob-Lichtenberg erläutert, man habe sich auf ein Ende der beiden Arbeitsverhältnisse zum 31. August 2020 geeinigt.

Der verbindliche Kompromiss sehe vor, dass von der Kommune geltend gemachte Schadensersatzforderungen komplett mit dem Wegfall von Lohnfortzahlungen verrechnet werden. Jakob-Lichtenberg: „Wir hätten Ansprüche von 30 000 Euro belegen können.“ Allerdings bestritten die geschassten Bauhof-Führungskräfte Ansprüche in dieser Größenordnung vehement. Die Stadt Hockenheim sieht mit dem arbeitsgerichtlichen Vergleich ihr Anliegen erreicht: Es gehe um „das wichtige Signal“, so Jakob-Lichtenberg, dass man weder Mauscheleien noch Selbstbedienungsmentalität bei der Belegschaft duldet.

Oberbürgermeister hat anonyme Hinweise erhalten

Politischer Hintergrund: Der 2019 in Hockenheim gewählte Oberbürgermeister Marcus Zeitler führte ein Management für mehr Transparenz und Effizienz ein - kombiniert mit einem Compliance-Anwalt für das Einhalten von gesetzlichen Regelungen. Bei ihm gingen schon bald anonyme Hinweise zum Bauhof ein. Die heute von einer Doppelspitze geleitete kommunale Einrichtung wurde inzwischen organisatorisch umstrukturiert. „Wir haben dabei die Gemeindeprüfungsanstalt eingebunden“, so Jakob-Lichtenberg.

Wann die Mannheimer Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen ihre Recherchen in der Bauhof-Affäre abgeschlossen haben wird, ist offen. Sprecherin Isa Böhmer bestätigt lediglich, dass aufgrund einer Anzeige der Stadt Hockenheim Ermittlungen laufen. Ob diese sich ausschließlich gegen das entlassene Ehepaar richten, dazu machte die Behörde keine Angaben.

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