Mannheim/Hockenheim. Wenn Stefan Ache dieses Weihnachten mit seinen Liebsten zusammen ist, dann werden zwei Menschen fehlen. Seine beiden Söhne Hagen und Theodor. An Ostern wurden sie im Alter von neun und sieben Jahren getötet. Am Freitag hat das Mannheimer Landgericht nun die Mutter der Jungen wegen zweifachen Mordes an ihren Söhnen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt.
„Ich bin froh, dass es jetzt rum ist“, sagt Ache nach dem Ende der nervenaufreibenden Hauptverhandlung vor Pressevertretern. „Ich bin froh, dass es einen Schuldspruch gab.“ Er werde nun versuchen, zur Ruhe zu kommen, die Feiertage mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern verbringen, auch wenn ihm der Sinn nicht nach Feiern stehe.
Die Hände ruhig auf dem Tisch ruhend, wie zum Gebet gefaltet, Kopf und Blick gesenkt, verfolgt Ache wenige Minuten zuvor die Urteilsverkündung des Vorsitzenden Richters Gerd Rackwitz. 13 Jahre soll die 44-jährige Ex-Frau Aches wegen zweifachen Mordes ins Gefängnis. Für die Kammer blieb kein Zweifel, dass die Frau ihre Kinder am 8. April dieses Jahres heimtückisch getötet hat. Sie habe die Jungs zunächst mit Medikamenten sediert und anschließend in ihren Betten erstickt. Dann habe sie den Kindern noch mit einem Schraubendreher in die Schädel gebohrt.
Prozess um getötete Kinder in Hockenheim: Angeklagte nur vermindert schuldfähig
Weil die 44-Jährige nach einer Hirnblutung im Jahr 2005 an einer organischen Persönlichkeitsstörung leide, wie ein psychiatrischer Sachverständiger am Vormittag festgestellt hatte, sei sie nur vermindert schuldfähig, so Rackwitz. Ihre Steuerungsfähigkeit sei beeinträchtigt gewesen, auch wenn sie das Unrecht ihrer Taten habe erkennen können.
Durch die verminderte Schuldfähigkeit wird der Strafrahmen nach unten verschoben. Die Höchststrafe liegt nunmehr bei 15 Jahren, nicht mehr bei einer lebenslangen Haft, wie sie üblicherweise für Mord verhängt wird. Oberstaatsanwältin Katja König hatte eine Haftstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten gefordert, Verteidiger Seán Hörtling eine Unterbringung im Maßregelvollzug in einer psychiatrischen Klinik oder allenfalls eine Haftstrafe, die zwölf Jahre nicht übersteigen dürfe.
Die Voraussetzungen für den Maßregelvollzug in einer Psychiatrie sehen aber weder die Staatsanwaltschaft noch die Kammer als erfüllt an. Die 44-Jährige stelle keine Gefahr für die Allgemeinheit dar, vergleichbare Taten seien künftig nicht mehr zu erwarten.
Getötete Kinder lebten bei ihrem Vater
Doch wie konnte es zu der Tat kommen, die „bei allen Beteiligten Fassungslosigkeit und Bestürzung auslöste“, wie Rechtsanwalt Hörtling formuliert? Vorausgegangen war laut Rackwitz ein langer Sorgerechtsstreit zwischen den Eltern, die sich im Jahr 2018 auch räumlich getrennt hatten. Ein Familiengericht sprach Stefan Ache das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Hagen und Theodor zu. Sie lebten bis zu ihrem Tod bei ihrem Vater in Mosbach-Neckarelz. Jedes zweite Wochenende und Teile der Ferien verbrachten sie bei ihrer Mutter in Hockenheim. So auch die erste Woche der Osterferien. Am 9. April sollten sie vom Vater für den gemeinsamen Urlaub mit dessen neuer Lebensgefährtin abgeholt werden. Vor Ort traf Ache auf Polizisten, die ihn über den Tod seiner Kinder unterrichteten.
Mutter der getöteten Kinder aus Hockenheim hatte Erkrankung
Nach Überzeugung der Kammer entwickelte die Angeklagte im Laufe der Jahre eine krankhafte seelische Störung, die auf der durch die Hirnblutung verursachten Persönlichkeitsstörung beruhte. Dadurch habe eine „Verengung des Denkens“ stattgefunden, habe sich eine irrationale Angst um die Kinder entwickelt. Die Frau entwickelte die „wahnähnliche“ Überzeugung, dass der Vater die Kinder misshandele. Dafür habe es jedoch keinerlei Hinweise gegeben. Am Osterwochenende habe die 44-Jährige schließlich den Beschluss gefasst, erst die Kinder und anschließend sich selbst zu töten. Der suizidale Gedanke habe hierbei laut Gutachter im Vordergrund gestanden. Ihre Kinder habe sie töten wollen, damit sie nicht ohne ihren Schutz dem Vater ausgeliefert seien.
Die Versuche, sich selbst zu töten oder durch die Beamten erschießen zu lassen, die sie selbst mit einer E-Mail alarmiert hatte und dann mit einer Schreckschusswaffe bedrohte, scheiterten. „Sie hätte mich töten können, sie hätte sich töten können“, sagt Stefan Ache nach dem Urteil. Doch so seien zwei Leben ausgelöscht worden, die gerade erst begonnen hatten. Die Leben zweier glücklicher Jungs, denen es gut ging bei ihm, wie der Vater betont.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte_artikel,-region-nach-mord-an-kindern-in-hockenheim-mutter-zu-gefaengnisstrafe-verurteilt-_arid,2159938.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-hockenheimer-mutter-wegen-mordes-an-ihren-kindern-angeklagt-_arid,2125976.html%20
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-prozess-um-mord-an-kinder-in-hockenheim-gutachter-mutter-unheilbar-krank-_arid,2159862.html%20
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-prozess-um-mord-an-kindern-in-hockenheim-anklage-fordert-mehr-als-14-jahre-haft-_arid,2159884.html