Viernheim. „Die Zeit ist reif für ein bisschen Heiterkeit“, bringt es Dominik Heger auf den Punkt. Er singt weiter: „Ihr seid dabei, ruft doch jetzt einmal Ahoi!“ Bei diesem einen Ahoi soll es aber nicht bleiben: Bei der traditionellen Prunksitzung der Großen Drei schlagen die Stimmungswogen hoch, knapp vier Stunden lang wird ein Feuerwerk der Heiterkeit abgebrannt.
Die ersten Funken sprühen schon bei der Eröffnung von der Decke: Ehrengarde, Burgfrauen, Ritter und Gardetänzerinnen ziehen zusammen mit dem Elferrat, Präsident Tim Peterl und Prinzessin Lenia I. in die Narrhalla ein. Eine riesengroße Narrenkappe dient als Hintergrund für das Programm, für das bei den Großen Drei seit über 60 Jahren das gleiche Motto gilt: „Vernema Fastnacht hausgemacht, nix gekaaft, nix gepacht“ - alle Mitwirkenden kommen aus den eigenen Reihen.
Ein echter Vernema
Elferratspräsident Tim Peterl kündigt den ersten Programmpunkt an. Traditionell bestreiten „Musik hoch drei“ die Eröffnung des Abends, zu den Hits der Kapelle klatschen sich die Prunksitzungsbesucher warm und schunkeln im Takt. Ritter Dominik Heger singt den Narren vor, wie man ein richtiger Vernema wird: „Sieben Hütchen musst du überstehen, sieben Mal zu den Großen Drei gehen, sieben Mal beim Strooßefasching soi.“
Die „Gaszähler“ lassen die Gäste auf die Tische steigen. Sie haben einen neuen Hit dabei: „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen, Fastnachtfeiern ist soo schön“, singt Ex-Präsident Manuel Werle. Und die bekannten Songs „Mä sin die Narre vun de G 3“ und bei der Zugabe „Fastnacht ist nur einmal im Jahr“ gröhlen die Narren einfach lauthals mit. Sänger „Manollo“ gibt sich mit Ex-Prinzessin Katrin I. noch die Ehre und präsentiert „Shoo Shoo Shoo, Sha Sha Sha“.
Bettpfannen voller Konfetti
Für Lachsalven sorgen die Ex-Prinzessinnen und Burgfrauen, die Sparmaßnahmen im Altersheim vorstellen - wie sie sich zu sechst einen Waschlappen teilen und sogar das Wasser nach dem Zähneputzen von Mund zu Mund weitergeben. Am Ende leeren die älteren Damen ihre Bettpfannen - natürlich fliegen Konfetti und Gutsel ins Publikum.
Die Ritter und Burgfrauen versuchen, den perfekten Prunksitzungsbesucher zu ermitteln. Mit „alle, die wu“ fangen sämtliche Fragen von Dr. R. Itter und Dr. B. Urgfräulein an das Publikum an. Und am Ende der Fragerunden gibt es eine ganz andere Erkenntnis: „Wer hat Geld? Wer will Spaß haben? Wer fährt sicher nach Hause?“
Ein Augenschmaus sind die Tänze: Lenia I. freut sich vor allem auf die Schlawinas, die Mädels aus St. Michael. Die greifen das Thema Disney modern auf und präsentieren eine Choreographie zu den Songs aus den High School Musical-Filmen, als basketballspielende und auf dem Schrottplatz tanzende Jungs oder überkandidelte Schulmädchen. Acht Ex-Prinzessinnen kommen mit einer speziellen Darbietung in schwarz-weiß auf die Bühne, da rätseln die Zuschauer, wer denn nun welches Bein schwingt. Das CdG-Tanzmariechen Jana Abt begeistert mit ihrem Solotanz.
Speckstreet Boys auf der Bühne
Die Großen Drei können mit einer Premiere aufwarten, einem Männer-Tanz. Als Speckstreet Boys verzücken die jungen Männer die Zuschauer. Auch die Garden sorgen für stehende Ovationen beim närrischen Publikum. Die jüngsten Mini Maries schweben als bunte Schmetterlinge über die Bühne. Die älteren Teenie Maries haben für ihren Gardetanz die Disney-Musik zu Vaiana und Eiskönigin ausgesucht. Und die Red Maries sorgen für das grandiose Finale: Die 17 jungen Damen legen eine ausgefeilte Choreografie aufs Parkett, bei der natürlich die fetzige Zugabe nicht fehlen darf.
Golden Maries tanzen nicht
Aber was machen eigentlich die Tänzerinnen, wenn sie nicht mehr bei den Red Maries tanzen? Diese Frage stellt sich Jörg Scheidel - von Büttenpartnerin Marlene I. kurzerhand als „Jörg, der Erste (Stadtrat)“ tituliert. Sonja I. ist als Krankenschwester unterwegs, Carmen I. nur am Shoppen, Anke Hofmann gibt die Schulleiterin, Daniela Werle hat „den Anker in Hamburg geworfen“ und Tina Kempf kümmert sich um den Haushalt. Man könnte die ausgedienten Maries doch weiter für die Fastnacht gewinnen - und kurzerhand schlüpfen die ehemaligen Gardetänzer in golden-glitzernde Röcke und Sakko und stellen sich als Golden Maries vor. Getanzt wird aber nicht mehr: Nach der Erkenntnis „Wer tanzt, hat kein Geld zum Trinken“ lautet das Motto „Sport ist Mord, Sprit hält fit“, um ab sofort im Hintergrund zu unterstützen.
Diesen Job hat bei den Großen Drei eigentlich die Ehrengarde übernommen. Die bekommt in der Bütt von Alexandra Thomas aber genauso ihr Fett weg wie Prinzessin, Elferrat, Ex-Prinzessinnen, Red Maries, Ritter und Burgfrauen. „Ritz am Baa, Narrhallamarsch - Fastnacht? Leckt mich doch am A…“ wettert sie gegen die fünfte Jahreszeit. Meint sie das wirklich ernst? Natürlich relativiert die Vollblutfastnachterin das als schlechten Traum und mahnt: „Freies Reden, freies Denke, sind net blouß fa Narre Gschenke!“
Als „Musikant vum Stooßerond“ informiert Alexandra Thomas auch über das, was sich in Viernheim, Deutschland und der Welt in den vergangenen Monaten zugetragen hat. „Ukraine-Krieg und Islamiste stehen gonz owwe uff der roten Liste“, blickt sie zurück und kommentiert den Bauernstreik: „Gibt’s im Land ko Bauern meh, gibt’s ah kon Hopfenblütentee…“
Hoffnung hat sie für die DFB-Kicker: „Fußballdeutschland schaut nach vorn, ist doch die U17 Weltmeister worn.“ Für den Bikepark in Viernheim macht die Protokollerin einen Vorschlag zur Erweiterung: „Des Joahr wird die Saarlandstraße integriert.“
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