Viernheim. Im Schritttempo bewegt sich der riesige weiße Vibrotruck durchs Stadtgebiet. Alle 50 Meter bleibt er stehen, senkt die Rüttelplatte ab. Plötzlich vibriert der Boden, es folgt ein ohrenbetäubender Lärm. Einige Passanten verfolgen interessiert das seltsam anmutende Geschehen, andere erschrecken offenkundig. Mit Spezialfahrzeugen hat die Karlsruher Firma Vulcan Energie Ressourcen in den vergangenen Tagen seismische Messungen in Viernheim vorgenommen. Das Unternehmen sucht nach heißen Quellen in der Erdkruste, um sie für Geothermie und die Lithium-Gewinnung zu nutzen (wir berichteten). Das Leichtmetall ist wesentlicher Bestandteil von Elektroauto-Batterien und daher außerordentlich gefragt.
Untersucht hat Vulcan Energie über mehrere Wochen etliche Bereiche Mannheims sowie die Kommunen östlich der Quadratestadt. Zum Abschluss der Arbeiten waren die Trucks jenseits der Landesgrenze in Südhessen im Einsatz. Im Zentrum standen zunächst der Viernheimer/Käfertaler Wald, das Areal entlang der Entlastungsstraße West sowie das Gelände zwischen Nordweststadt und Autobahn. Drei Fahrzeuge fuhren zuvor festgelegte Routen in der Gemarkung ab. Ein Messwagen rollte anschließend durch das Stadtgebiet. Heinrich-Lanz-Ring, Mannheimer und Wormser Straße waren von den geologischen Untersuchungen betroffen.
Nur zwei Anfragen bei der Stadt
Bei den Messungen, die zurzeit in der gesamten Metropolregion laufen, kommt es immer wieder zu Beschwerden von Bürgern über den Lärm und angebliche Gebäudeschäden durch die Vibrationen. In Viernheim blieb das bislang aus, berichtete das Ordnungsamt auf Anfrage dieser Redaktion. Es seien lediglich zwei Anfragen im Vorfeld der Untersuchungen bei der Stadt Viernheim eingegangen. Bei den Arbeiten selbst habe es keine Verkehrsbehinderungen gegeben, so die städtische Presse- und Informationsstelle.
Auch laut Vulcan Energie gab es „keine besonderen Vorkommnisse“. Die Firma habe die Bevölkerung rechtzeitig „durch zahlreiche Kommunikationsmaßnahmen informiert“. Bereits im September hatte das Unternehmen den Viernheimer Bürgern sein Projekt an einem Stand in der Fußgängerzone vorgestellt. Nun gaben die Fahrer vor Ort interessierten Bürgern freundlich Auskunft und verteilten Flyer. Auf der Internetseite natuerlich-kurpfalz.eu sind zudem die Messgebiete detailreich aufgeführt.
Bei ihren Fahrten bleiben die Vibrotrucks immer wieder stehen und versetzen den Boden für mehrere Sekunden in Schwingung. Die dabei erzeugten Schallwellen werden von den verschiedenen Gesteinsschichten reflektiert. Sogenannte Geophone, die die Experten zuvor im Messgebiet ausgelegt haben, zeichnen die Schallwellen auf. Aus den so erhobenen Daten entsteht ein dreidimensionales Modell, das die Beschaffenheit des Untergrunds darstellt.
Der eigentlichen 3D-Seismik vorausgegangen sind so genannte Parametertests. Ende des vergangenen Jahres ermittelte Vulcan, wie die Messungen in der jeweiligen Region abzulaufen haben, um eine bestmögliche Datenqualität zu erzielen. Festgelegt wurde dabei etwa, wie lange die Rüttelplatte in Schwingung versetzt werden sollte und mit welcher Frequenz. Die Ergebnisse der jetzigen Datenerhebung werden nun ausgewertet. Mit ersten Analysen rechnet das Unternehmen im kommenden Herbst. Daraus ergibt sich auch, an welchen Orten Probebohrungen sinnvoll wären.
Laut Vulcan Energie birgt der Oberrheingraben „europaweit eines der größten Potenziale“ für Geothermie und Lithium-Abbau. Das Unternehmen verfügt über ein Lizenzgebiet von 1440 Quadratkilometern, das sich über die Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz erstreckt. Bei optimalem Verlauf des Verfahrens in Viernheim will die Firma die Stadtwerke eines Tages mit Fernwärme versorgen. Auch den Bau einer Lithium-Extraktionsanlage kann sich Vulcan Energie Ressourcen vor Ort vorstellen.
Neben dem Karlsruher Unternehmen ist GeoHardt, eine Tochtergesellschaft der beiden Energieversorger MVV und EnBW, in Sachen Erdwärme momentan in der Region aktiv. Das Aufsuchungsgebiet von GeoHardt befindet sich in den Kommunen südlich von Mannheim.
Für Viernheim sind Messfahrten von Vibrationsfahrzeugen nicht gänzlich neu. Vor etwa zehn Jahren sorgten die Lkw schon einmal im Stadtgebiet für großes Aufsehen. Die Initiative von Rhein Petroleum, das damals in Südhessen nach Erdöl suchte, führte allerdings nicht zum erhofften Erfolg.
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