Viernheim. Die Stadt Viernheim hat den für Donnerstag geplanten Auftritt der Band Thunder Bells auf der Sommerbühne abgesagt. Grund ist ein mittlerweile gelöschter Facebook-Post vom 20. April 2023, in dem Bandleader Markus Kaltschmidt nach Ansicht der Stadt Adolf Hitler verherrliche. Das Rathaus spricht von einem „hochproblematischen Beitrag“ im Internet.
Rechter Post: "Thunder Bells"-Sänger wehrt sich gegen Vorwürfe
Kaltschmidt hingegen sagt gegenüber dieser Redaktion, er habe der Sängerin Jasmin Wagner, genannt Blümchen, auf witzige Weise zum Geburtstag gratulieren wollen. „Das war ein Fauxpas“, betont er rückblickend. Er habe den Text vor Jahren kopiert und „ab und an mal“ geteilt.
Aber er distanziere sich ausdrücklich von der rechten Szene und sei ein „bekennender Wähler der Linken“. Dass es Posts mit linken politischen Äußerungen gebe, habe die Stadt bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt. Er werde den Fall nun „über einen Anwalt prüfen lassen“, so Kaltschmidt.
Stadt Viernheim: Text in Urteil als „rechtsextremistisches Gedankengut“ eingestuft
In einer Presseerklärung vom Freitag nimmt die Stadtverwaltung Bezug auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel aus dem Jahr 2018. Dort sei „genau derselbe Text“ als „rechtsextremistisches Gedankengut“ eingestuft worden. Laut Stadt hat das Gericht im Fall eines Beamten die eindeutige Bezugnahme auf die deutsche Geschichte und Hitlers Geburtstag festgestellt.
„Angesichts dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage vermittelte die Stadt Viernheim dem Vertreter der Band eindringlich, dass jede Person, die an einem 20. April einen derartigen unakzeptablen Text veröffentlicht, auf einer Bühne der Stadt Viernheim grundsätzlich keinen Platz hat“, heißt es in der Mitteilung.
Wir hatten keinen Spielraum
„Die Stadt kann das nicht zulassen“, wiederholt Bürgermeister Matthias Baaß diese Einschätzung auf Nachfrage. „Wir hatten keinen Spielraum.“ Von mehreren Personen sei er auf die Veröffentlichung hingewiesen geworden, berichtet der Verwaltungschef. Er habe sich den Post daraufhin „näher betrachtet“ und telefonisch das Gespräch mit dem Bandmitglied gesucht.
Bürgermeister sucht Gespräch mit Sänger
Ziel sei es auch gewesen, eine „gemeinsame Kommunikation“ bei der Absage der Veranstaltung zu finden. Da die Band aber in den sozialen Medien davon gesprochen habe, ihr sei der Auftritt untersagt worden, musste die Stadt laut Baaß eine Erklärung mitliefern. Der Bürgermeister betont, dass es sich bei dem Beitrag um den einer Person handele und „kein Post der Band“ sei. Er wolle vermeiden, dass der Ruf der Thunder Bells insgesamt in Mitleidenschaft gezogen werde.
Kai Kemper von der Agentur GO7, die das Programm der Sommerbühne organisiert, will weder den Sachverhalt noch das „Strafmaß“ bewerten. „Die Stadt hat reagiert, wie die Stadt reagieren muss“, lautet sein Kommentar zur Absage des Konzerts. Da er im Auftrag der Stadt aktiv sei und die Veranstaltungsreihe zur Hälfte aus Steuergeldern finanziert werde, stehe er „zu 100 Prozent hinter der Entscheidung“.
Kemper fügt hinzu, dass es sich auch beim Bandleader einer Coverband um eine „Person des öffentlichen Lebens“ handele. In dieser Position müsse man „anders kommunizieren“, sagt Kemper. „Der Markus muss nun die Konsequenzen tragen.“
Sänger Kaltschmidt: Post hat "keine rechten Hintergründe"
Kaltschmidt selbst sagt gegenüber dem „Südhessen Morgen“, sein Post habe „keine rechten Hintergründe“. Er verabscheue vielmehr Äußerungen dieser Art und distanziere sich von rechter Gesinnung. Auftritte bei Festivals, bei denen dieser Kontext eine Rolle spielen könnte, lehne er grundsätzlich ab.
Ich habe das nicht umrissen und würde es nicht mehr posten.
Auch habe er nie solche Veranstaltungen besucht. Diese Position gelte im Übrigen für die gesamte Band. „Ich habe das nicht umrissen und würde es nicht mehr posten“, sagt der Sänger der AC/DC-Tributeband über die Veröffentlichung, die vier Monate zurückliegt. Es sei der einzige Post dieser Art, den er jemals getätigt habe. Ihn mit der rechten Szene in Verbindung zu bringen, sei auch deshalb unangebracht, weil er früher der Antifa-Bewegung angehört habe. Die Organisation bekämpft nach ihrem Selbstverständnis Neonazismus, Antisemitismus und Rassismus.
Thunder Bells danken Fans und Sommerbühnen-Organisator
Kaltschmidt betont im Gespräch mit der Redaktion, er habe „viele ausländische Auftraggeber“ und sei mit vielen Menschen mit Migrationshintergrund sehr gut befreundet. „Auf der Bühne habe ich nie eine politische Äußerung gemacht“, sagt der Musiker. Sonst aber sei er ein freier Mensch, der seine Meinung sagen dürfe. So gehe er mit der Arbeit der Bundesregierung „nicht konform“, teilt er mit. Und er sei „gegen die Grünen - klipp und klar“.
Am Freitagnachmittag äußert sich schließlich die Band zu der Absage. Sie dankt Organisator Kai Kemper für die Zusammenarbeit und den Fans der Stadt, die die Thunder Bells jahrelang begleitet hätten. „Wir sehen uns auf einer Bühne außerhalb Viernheims bestimmt wieder!“
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