Viernheim. Wie kann man klimagerecht leben? Christina Feifer, Bildungsbeauftragte des Eine-Welt-Ladens Viernheim, weiß: „Das ist nicht so einfach. Aber jeder kann sich informieren und dann Verantwortung für sich und eine bessere Welt übernehmen.“ Nun gestalten der Eine-Welt-Laden und das Museum Viernheim ihre erste, gemeinsame Ausstellung „Klimagerecht leben“. Die Präsentation im Museum zeigt die globalen Folgen des Klimawandels und gleichzeitig Möglichkeiten, wie man in Viernheim, etwas dagegen tun kann. Museumsleiterin Elke Leinenweber erklärt: „Wir wollen Impulse geben, wie man sein Leben nachhaltiger gestalten kann.“
Ausgangspunkt der Ausstellung war ein Lagois-Fotowettbewerb zu dem Thema: Wie können wir gemeinsam notwendige Schritte unternehmen, um eine gerechtere und nachhaltigere Welt zu schaffen? An dem Wettbewerb, der nach dem evangelischen Pfarrer und Fotografen Martin Lagois benannt ist, beteiligten sich knapp 100 Fotografen aus aller Welt. Ihre Fotos zeigten internationale Klimaprojekte und porträtieren Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Natur einsetzen.
Lokale Viernheimer Initiativen als Vorbilder für Nachhaltigkeit
Diese Schau haben die Initiatorinnen um Projekte von Viernheim ergänzt. Sophie Martin, Auszubildende der Stadt Viernheim, hat Vereine und Einzelpersonen angemailt: „Ich war überrascht, wie stark das Engagement in Viernheim ist.“ Doch nicht jede Initiative hatte die ehrenamtlichen Kapazitäten, um bei der Schau mit Bildern und Textbeitrag mitzumachen.
Die Ausstellung führt zunächst nach Lagos, der größten Stadt Nigerias und zweitgrößten Stadt Afrikas. Das Zentrum bietet exklusive Privatstrände und Luxushotels. Aber Straßen, Wohngebiete und Märkte sind durch illegale Müllberge verunstaltet. Der Abfall sorgt zur Verstopfung des Abwassersystems und dann für Überschwemmungen. Bei dem Unrat handelt es sich oft um Plastikflaschen und -tüten, unter anderem auch kleine Tüten für Gewürzmischungen.
Ein anderes Beispiel ist der Freundeskreis Burkina Faso: Der Viernheimer Verein Yaa Soma initiierte das Projekt „Solarlicht“ in dem afrikanischen Staat, wo viele Menschen ohne Strom leben. Mit Solarlampen können Jugendliche nach der Schule gut weiterlernen.
Der Viernheimer Verein Focus wiederum unterstützt in Burkina Faso Projekte zur Herstellung von Kompost, um die Qualität des Bodens ohne Einsatz von mineralischem Dünger zu verbessern. Auch dieser Verein fördert Jugendliche, die lernen, Solarstationen zu bauen, die Licht spenden und Handys laden.
Wenige Schritte weiter zeigt die Fotografin Chantal Pinzi den Widerstand der Wayuu-Frauen gegen die Ausbeutung durch den Bergbau auf der Halbinsel La Guajira zwischen Kolumbien und Venezuela. Ein Foto zeigt Yulibeth, deren Nase durch Chemikalien so zerstört wurde, dass sie eine Nasenrekonstruktion braucht. Sie träumt davon, Umweltingenieurin zu werden.
Ein Beispiel aus Viernheim zeigt wieder neue Wege hier: Der Verein Solawi – Solidarische Landwirtschaft – startete 2019 in das erste Gartenjahr. Auf chemisch synthetisierte Düngemittel oder synthetisch hergestellte Pestizide wird verzichtet. Heute versorgt Solawi rund 60 Haushalte mit frischem Gemüse, das jede Woche in der Gärtnerei abgeholt werden kann. Der Anbau von alten und seltenen Sorten wird gefördert.
Auch auf das Viernheimer Repaircafé wird hingewiesen: Hier geben Hobbybastler und Fachkräfte alle vier bis sechs Wochen ihr Bestes, um elektrische Geräte wie zum Beispiel Lampen oder Bügeleisen vor der Entsorgung zu bewahren. In der Nähstube werden Kleidungsstücke geändert.
Nachhaltigkeit im Alltag: Kleine Schritte, große Wirkung
Zur Eröffnung der Ausstellung bot Feifer einen „Konsumkritischen Stadtrundgang“ an. Sie fragte: „Was ist klimafreundlich? Reis, Nudeln, Kartoffel oder Brot?“ Die Kartoffel ist am klimafreundlichsten, der Reis belegt aufgrund des hohen Wasserverbrauchs und des Transportwegs den letzten Platz. Dann zeigte sie auf ihre Kleidung: Die fair gehandelten Schuhe aus Marokko sind nicht klimafreundlich. Allerdings trägt sie die Schuhe sechs Jahre. Die Bluse aus Sri Lanka ist nicht klimafreundlich, aber Feifer hat damit ein Hilfsprojekt unterstützt – und trägt die Bluse seit 17 Jahren. Die Kette aus Indien ist wenig klimafreundlich, doch ihr Schmuck, gefertigt aus einem gebogenen Silberlöffel vom Flohmarkt, umso mehr.
Auf ihrem Rundgang machte Feifer vor einer früheren Metzgerei Halt. Sie sagte: „Wenn man einmal in der Woche Rindfleisch durch Hülsenfrüchte ersetzt, spart man im Jahr 300 Kilogramm CO2 ein.“ Wer Putenbrust genießt, sollte daran denken, was aus dem restlichen Fleisch wird: Es wird, so Feifer, nach Afrika exportiert und macht die Menschen von dem Import aus Europa abhängig. Sie sagte: „Mit dem Transport und der Kühlung verschwenden wir Ressourcen.“
Am Weltladen endete der Rundgang. Feifer warb für die Schokolade „Chocolate Makers“ der Handelsorganisation „El Puente“, die mit einem Segelboot emissionsfrei nach Europa gebracht wird. Sie sagt: „Jeder kann mit seinen Möglichkeiten kleine Schritte tun. Aus vielen, kleinen Schritten wird eine große Strecke.“
Info: Die Ausstellung im Museum, Berliner Ring 28, dauert bis 2. November. Sie ist geöffnet donnerstags von 16 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Es gibt ein Rahmenprogramm. Mehr Infos unter www.viernheim.de/museumveranstaltungen
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