Viernheim. Einige der Gäste konnten sich noch vage an den letzten Neujahrsempfang für die Prinzessin des Clubs der Gemütlichen (CdG) erinnern. Das war ja auch schon drei Jahre her. Um den Zustand bei den Viernheimer Fastnachtern zu überprüfen, begann Bürgermeister Matthias Baaß als Noch-Hausherr mit einigen Übungen aus dem närrischen Brauchtum. „Des war ned schlechd“, stellte das Stadtoberhaupt fest, nachdem das Publikum den Schlachtruf „Ahoi“ dreimal fehlerfrei über die Lippen brachte, zu Karnevalsliedern rhythmisch klatschte und im Takt schunkelte.
„Es ist angerichtet“, bat Baaß danach die CdG-Delegation mit ihrer Lieblichkeit Alina I. an der Spitze und den Garden in den Ratssaal, musikalisch begleitet von dem Orchester von Musik3. „Ich freue mich, dass wir wieder närrischen Besuch haben. Hier vielleicht das letzte Mal. Für die Zukunft müssen wir uns was überlegen“, merkte der Bürgermeister mit Blick auf dem Umzug in die Ellipse am alten Weinheimer weg an. Dem Ansinnen von CdG-Präsident Detlef Gläser, der den Stadtschlüssel forderte, wollte er aber nicht so ohne weitere Nachkommen.
Die Narren schickten mit der Konfetti-Garde ihre jüngste Streitmacht ins Rennen, die einen herzzerreißenden Auftritt auf dem betagten Teppichboden hinlegten. Baaß gab sich noch nicht geschlagen und stellte Prinzessin und Elferrat auf die Probe.
„Beherrscht ihr noch die Überreichung der Orden, kann jemand noch eine Büttenrede halten, und wie sieht es mit den Ministern aus, wer macht da was“, lauteten die Aufgaben. Bis auf die Zuordnung in der närrischen Regierung, wo es eine Unsicherheit gab, lief alles wie am Schnürchen. „Schön, dass es für jede Arbeit einen Ministerposten gibt“, stellte Baaß etwas neidisch fest.
Jetzt war es an der Zeit, den Stadtschlüssel zu übergeben. „Den werden wir in Ehren halten und die Stadt Viernheim vor Ort und auswärts würdig vertreten“, versprach Gläser. Ob der überdimensionale Schlüssel später auch am neuen Gebäude passt, war noch nicht zu erfahren. Das Funkenmariechen Diana brachte zu Klängen von Pippi Langstrumpf noch einmal frischen Schwung in den Ratssaal.
Als frisch gebackene Herrscherin über ihre Heimatstadt gab Prinzessin Alina I. von Tanz und Glanz der Kampagnen 2021/22 und 2022/23 schließlich ihre Regierungserklärung ab, die viel Beifall fand. So forderte sie unter anderem, dass Sitzungen der Kommunalpolitiker künftig nicht mehr im Bürgerhaus, sondern in einer der nicht mehr genutzten Kirchen stattfinden. „Vielleicht gibt es dabei ja hin und wieder göttliche Eingebungen.“ Um die Wächter über der Stadtkasse nicht unnötig mit Prüfungen der Finanzlage zu strapazieren, gaben sich die Gemütlichen mit einer Überweisung in Höhe von 111 Euro auf das Vereinskonto zufrieden.
Die Lösung der Rathausfrage scheint gelungenen zu sein, die Viernheimer müssten sich mit der bevorstehenden Dezentralisierung allerdings erst noch anfreunden. Alina I. äußerte ihre Bedenken. „Denn dass bei dieser fast unendlichen Geschichte nicht alles rund läuft, zeigt allein die Tatsache, dass das neue Bürogebäude in Form einer Ellipse gebaut ist.“ Beim alten Verwaltungsgebäude zeichnet sich ein Abriss ab.
Zunächst gilt es, das Problem mit einer dort eventuell siedelnden Fledermauskolonie zu beheben. „Auf jeden Fall fühlen sich die Tierchen überall dort wohl, wo es kühl, feucht und frostfrei ist, und wo es wenig Bewegung gibt“, schilderte Alina I. die aktuelle Lage. Hier nahm die Stadtprinzessin die Kollegen der Großen 3 in die Pflicht, „denn die sind in der Dämmerung und nachts mit ihren Umhängen wie Fledermäuse unterwegs und sollten deshalb eine Umsiedlung in ein anderes Domizil vornehmen können“.
Eine Ermahnung erhielten die jungen Fahrradfahrer, denn bei einer Kontrolle der Schulwege gab es fast 50 Prozent Beanstandungen. „Leute, macht eure Bikes in die Reih! Erziehungsberechtigte, checkt die Fahrräder eurer Kinder!“, forderte die Fastnachtsprinzessin. Ein Lob gab es dagegen für den noch jungen Verein „Martinshütte Buchklingen“, der im vergangenen Jahr den Abschluss der umfangreichen Sanierungen an dem Gebäude feierte. Dieses Projekt zeige, dass mit einer Vision, entsprechendem Engagement und Begeisterung für die Sache in kurzer Zeit Erstaunliches zu erreichen sei.
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