Rettungsdienste

In der Zeltlager-Feldküche in Viernheim wird groß gedacht

950 Teilnehmer versorgen die Malteser beim Kreisjugendzeltlager der Feuerwehr in Viernheim mit Essen. Der Einsatz hat auch einen ernsten Hintergrund.

Von 
Kathrin Miedniak
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Kniffliger Moment: Alex Weber schöpft die Soße in die Warmhaltebehälter. © Kathrin Miedniak

Viernheim. Dampf wabert über den riesigen Kesseln. Es ist erst kurz nach 10 Uhr am Samstagvormittag, aber in der Feldküche auf dem Kreisjugendfeuerwehrzeltlager in Viernheim herrscht voller Kochbetrieb fürs Mittagessen. Immerhin haben 950 Teilnehmer des Zeltlagers um 12.30 Uhr Hunger. Da hilft nur: früh anfangen – und groß denken.

Zeltlager in Viernheim: Vier große Kessel mit 100 Litern Volumen im Einsatz

In einem Bräter zischt das Hackfleisch, nebenan rührt Malteser-Feldkoch Daniele Calandra gerade Haschee-Soße um – nicht mit einem normalen Kochlöffel, sondern mit einem etwa zehnmal so großen Plastik-Paddel. Ohne das hätte er keine Chance, die Soße in dem 100-Liter-Kessel zu bewegen. Davon gibt es allein in der größeren der beiden Feldküchen vier Stück. Und sie werden alle gebraucht – in der kleineren Küche schmort eine vegetarische Linsenbolognese, in den vier großen Töpfen kocht Hackfleischsoße. „Drei Kessel wären zu wenig für so viele Menschen“, sagt Küchenchef Alex Weber. Er klingt gestresst. Denn vor wenigen Minuten ist einer der vier Kessel ausgefallen. Mitten im Kochen.

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Es ist der letzte große Kochtag beim diesjährigen Feuerwehr-Zeltlager. Von Mittwoch bis Sonntagmorgen sorgen die Malteser Viernheim für die Verpflegung, unterstützt von Helfern der Johanniter Viernheim und der Feuerwehr Birkenau. 15 Personen sind im Team, sie alle sind Ehrenamtliche. Oder begeisterte Malteser-Jugendhelfer wie der zehnjährige Moritz: „Ferien ist Langweilerzeit. Da hat man keine Action. Deshalb helfe ich beim Zeltlager!“, sagt er. Für die Feldköche ist der Einsatz beim Zeltlager nicht nur Action und alljährliche Tradition, sondern auch Übung für den Ernstfall. „Der letzte Einsatz in der Größenordnung wie dieses Zeltlager war die Ankunft vieler Flüchtlinge 2015“, erinnert sich Feldküchenchef Weber.

Damals wie heute heißt es in der Malteser-Küche aber nicht: Dose auf, fertig. Es wird frisch gekocht. Auch wenn das bedeutet, dass fast 1000 Schnitzel von Hand paniert werden müssen oder jede Menge Gemüse zu einem bunten Bauerntopf verarbeitet wird – dieses Essen haben sich die Jugendlichen des Zeltlagers dieses Jahr gewünscht. Ein neues Rezept, das die Feldküche vorher zuerst bei einem kleineren Einsatz ausprobiert hat. „Wenn es für 100 Leute klappt, können wir es hochrechnen“, erklärt Weber. Nur darf dann kein Kessel ausfallen.

Soße anrühren mit dem Akkuschrauber

Kurz wird es hektisch. Die Lösung: Einer der Bräter ersetzt den defekten Kessel. Aber das Ganze hat Zeit gekostet. „Die fehlt uns hintenraus“, sagt Weber und schiebt sich seufzend mit dem Arm den Hut aus der verschwitzten Stirn. Zum Glück kommt kurz darauf die Meldung, dass die Feuerwehrjugend ebenfalls später als geplant fürs Essen bereit sein wird. „Alle Leute zusammentrommeln, das hat jetzt genug geköchelt“, ruft Weber und greift zum Akkuschrauber. An das nagelneue und pieksaubere Gerät ist ein Rühraufsatz montiert. Kurz mischt sich Bohrerbrummen unter die Zisch- und Dampfgeräusche der Küche. Dann sind die Soßen fertig gerührt und bereit zum Umfüllen in die Warmhaltebehälter, die zur Essensausgabe getragen werden. „Wir schleppen eigentlich den ganzen Tag irgendwas“, sagt Malteserjugendhelferin Sophie und lacht. „Das ist Krafttraining!“

Trinkwasser kommt aus dem Großtanklöschfahrzeug aufs Gelände

Während die einen schleppen, schrubben die anderen die leeren Kessel. Denn die werden umgehend wieder gebraucht – um Berge von Nudeln zu kochen. Eigentlich. „Es kommt kein Wasser“, erklingt es von den Töpfen und Küchenchef Weber greift zum Walkie-Talkie. Am anderen Ende der großen Wiese rennt das Wasser-Team los, um zu helfen.

Die Warmhaltebehälter werden zur Essensausgabe gebracht. © Kathrin Miedniak

Das Problem: „Die Wiese hier neben der Lammschlächterei Baumann ist absolut genial, aber die fehlende Infrastruktur ist eine Herausforderung“, erklärt Sabrina Kern von der Lagerleitung. Frisches Trinkwasser muss mit dem Großtanklöschfahrzeug der Feuerwehr sowie der Stadtwerke Heppenheim aus der Kreisstadt geholt werden. Zwar passen in den Laster 12.000 Liter Wasser, aber um das Lager zu versorgen, muss das Auto rund dreimal täglich nachfüllen. „An den ersten Tagen konnten wir noch nicht so richtig abschätzen, wann das Wasser ausgehen wird“, sagt Moritz Neumann aus der Lagerleitung. „Deshalb haben wir einen Reservebehälter gebaut.“ Der wird auch jetzt gebraucht.

Große Mengen an Lebensmitteln im Vorfeld eingekauft

„Wasser kommt“, quäkt es aus Webers Walkie-Talkie. Das Nudelkochen kann beginnen. Bis die hungrigen Horden einfallen, wird das Essen fertig sein. Zeit für ein Durchatmen. Begonnen hat der Tag in der Küche immerhin schon um 5.30 Uhr, als ein Team sich aufmachte, um 1.850 Brötchen in der Bäckerei Gebhardt in Bürstadt zu holen. Alle anderen Lebensmittel haben die Helfer im Vorfeld eingekauft, denn die Mengen sind gewaltig: 70 Kilo Brot verputzen die Zeltlagerteilnehmer pro Tag, 300 Becher Nussnougatcreme als Teil des Frühstücks stapeln sich im Lager neben 900 Litern H-Milch, 100 Kilo Kartoffeln oder 1.500 Wiener Würstchen.

Am wenigsten von all dem landet im Magen der Küchencrew. Aus Zeitmangel. „Aber ich habe genug abgeschmeckt, um keinen Hunger mehr zu haben“, sagt Weber lachend. Dann muss er weiter, nach den Nudeln schauen. Erst viel später am Tag, wenn alle Töpfe gespült sind, hat die Küche Feierabend. „Manchmal ist es stressig“, räumt Helferin Sophie ein. „Aber es macht Spaß, mit so großen Mengen zu kochen. Ich bin nächstes Jahr wieder dabei!“

Freie Autorin

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