Soziales

Ehrenamtliche helfen in Viernheim beim Ausfüllen von Anträgen

Nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund sind oft überfordert, wenn sie einen Antrag ausfüllen sollen. Das Familienbildungswerk in Viernheim hilft.

Von 
Sandra Usler
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Viernheim. „Wenn ein Elterngeldantrag kommt, freuen wir uns besonders …“: Die leichte Ironie in der Stimme von Michael Günther ist nicht zu überhören. Immerhin hat der Antrag 24 Seiten, auf denen unzählige Angaben gemacht werden müssen. Und nicht jeder Antragsteller versteht auf Anhieb, was die Ämter und Behörden verlangen. Unterstützung bei solchen behördlichen Papieren bekommen alle Viernheimer, ob hier geboren oder zugewandert, bei der Ausfüllhilfe im Familienbildungswerk (FBW) in der Weinheimer Straße. Montags und donnerstags von 9 bis 11 Uhr helfen Ehrenamtliche dabei, die amtlichen Formulare korrekt auszufüllen.

Das Ehrenamtsprojekt ist vor einigen Jahren bei der Caritas gestartet und mittlerweile im Familienzentrum des FBW angesiedelt. Die Grundidee ist die gleiche geblieben: Freiwillige, die sich mit Anträgen auskennen, helfen denen, die Probleme beim Ausfüllen haben. Das Angebot besticht durch seine Niederschwelligkeit – man kann einfach kommen, ohne vorher einen Termin ausmachen zu müssen.

Zahl der Anfragen hat sich mehr als verdoppelt

Anfangs haben zwei Stunden an einem Vormittag in der Woche für die Anfragen ausgereicht. „Seit vergangenen Juni haben wir den Montagvormittag dazu genommen“, berichtet Michaela Mann, die die Ausfüllhilfe für das Familienzentrum koordiniert. Die gestiegene Nachfrage lässt sich auch an Zahlen ablesen: 520 Personen wurde 2024 geholfen. „Das ist mehr als eine Verdopplung zu 2023“, berichtet Mann und ergänzt: „520 Personen heißt nicht 520 Anliegen, denn oft bringen die Menschen mehrere Dokumente für verschiedene Empfänger mit.“

Die Anträge, die die Hilfesuchenden vorlegen, sind unterschiedlichster Art: von der einfachen Anmeldung für ein Ferienangebot der Jugendförderung oder für die Schule und den Kindergarten über Fragenbögen der Krankenkasse und zum Einbürgerungstest bis zum komplexen Eltern- und Kindergeldantrag. Dazu kommen Rentenanträge, Wohngeldanträge, die Weiterbewilligung des Bürgergelds oder die Verlängerung des Aufenthaltstitels, vereinzelt auch Anträge auf Prozess- oder Verfahrenskostenübernahme oder Bafög-Anträge. Vermehrt werden Anträge auf Bildung und Teilhabe für Kinder vorgelegt. „Das hat zugenommen im Zuge der städtischen Bemühungen gegen Kinderarmut“, weiß Michaela Mann.

Manche Kunden bringen die Anträge in dem Briefkuvert mit, andere haben ganze Ordner mit erforderlichen Unterlagen dabei. Die Helfer fragen die Antragsteller nach ihren Lebensumständen und lassen sich zum Beispiel für die Kinder- und Elterngeldanträge den Namen von Kindern aufschreiben, damit er auch korrekt in die Dokumente übernommen werden kann. Beim Ausfüllen helfen Hannelore Gaal, Anne Bundschuh, Susanne Winkler, Ruth Morew, Margret Leick, Claudia Baur, Patrick Farrenkopf und Michael Günther.

Mindestens drei Ausfüllhelfer sind an jedem Vormittag da, dazu kommt eine Integrationslotsin zum Übersetzen. Emilia Sihman spricht Russisch und hilft montags mit, Fatima Hamza dolmetscht donnerstags für Arabisch sprechende Besucher. Mit den zehn Helfern kann die Ausfüllhilfe regelmäßig an den beiden Vormittagen stattfinden. „Aber natürlich können wir immer wieder neue Helfer für das Angebot brauchen“, wirbt Michaela Mann um Menschen, die im Umgang mit Formularen gewieft sind und sich ehrenamtlich einbringen möchten.

Anfangs gab es noch Schulungen durch das Jobcenter

Für die Ausfüllhelfer gab es anfangs noch Schulungen, zum Beispiel durch das Jobcenter. „Die gesetzlichen Vorgaben und auch die Formulare ändern sich so schnell, das geht heute nicht mehr“, sagt Michaela Mann. Stattdessen helfen sich die Ehrenamtlichen gegenseitig und weisen auf neue Formulare oder geänderte Vorgaben hin. Wenn die Mitarbeiter beim Lesen, Ausfüllen oder Bearbeiten der Unterlagen nicht weiterkommen, wird entweder – mit dem Einverständnis der Betroffenen – bei der zuständigen Stelle angerufen oder eben ein Termin bei der Allgemeinen Lebensberatung der Caritas, dem Seniorenbüro oder einer anderen Institution gemacht. Denn Michaela Mann betont: „Wir leisten keine Fachberatung, sondern nur reine Ausfüllhilfe.“

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Die Besucher unterschreiben auch ein entsprechendes Dokument und müssen die Unterlagen selbst an den Empfänger schicken. „Das liegt in der Verantwortung der Antragsteller“, sagt Mann. Was die Ausfüllhelfer machen, sind Kopien der jeweiligen Anträge – damit die Personen die identischen Folgeanträge selbst ausfüllen könnten.

Auf das Angebot der Ausfüllhilfe werden die Viernheimer und Zugezogenen an unterschiedlichen Stellen aufmerksam gemacht – beim Jobcenter, in den Ämtern der Stadtverwaltung, an Schulen und in Kindertagesstätten, beim Lernmobil oder eben direkt bei den Angeboten des Familienzentrums. „Früher haben wir beim Müttercafé solche Anträge nebenbei ausgefüllt, heute gehen die Frauen direkt zur Ausfüllhilfe“, berichtet Michaela Mann aus der Praxis. Und so sitzt Michael Günther an diesem Vormittag über dem komplexen Elterngeldantrag und hilft beim Ausfüllen des Dokuments.


Das Angebot

Die Ausfüllhilfe findet jeden Montag und Donnerstag von 9 bis 11 Uhr im ersten Obergeschoss des Familienbildungswerks, Weinheimer Str. 44, statt. Es werden keine Termine vergeben. Die Hilfe ist kostenfrei und vertraulich.

Freie Autorin

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