Soziales

Begehrte Betreuungsplätze in Viernheim

Immer mehr Eltern wollen ihre Kinder in Krippen und Kitas unterbringen. Die Stadt Viernheim treibt fünf Projekte schrittweise voran

Von 
Wolfram Köhler
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Nach der Renovierung des Pfarrer-Volk-Hauses sollen dort zwei Krippengruppen mit jeweils zwölf Kindern einziehen. © Sandra Usler

Viernheim. Die Zahl der Kinder steigt, immer mehr Väter und Mütter wollen ihren Berufen dauerhaft nachgehen oder sind auf zwei Gehälter angewiesen. Die Folge ist eine hohe Nachfrage nach Betreuungsplätzen, die das Angebot längst übersteigt – sowohl in den Krippen als auch den Kindertagesstätten. „Wir hatten so viele Anmeldungen wie nie zuvor“, berichtet Sozialamtsleiter Rudolf Haas im Gespräch mit dieser Redaktion über die gerade erfolgte Vergabe der Krippenplätze für das erste Halbjahr 2024. Von 85 Interessenten bei den Unter-Dreijährigen werden 25 nicht zum Zug kommen. In den Kitas für die Älteren fehlten im Frühjahr sogar 90 Plätze, im kommenden Jahr liegt die Lücke laut einer städtischen Prognose bei mehr als 200. „Die Stadt hat leider nicht genug Plätze, nicht alle Wünsche der Eltern können berücksichtigt werden“, erklärt Haas. „Das ist die Realität.“

Um mittelfristig für etwas Entspannung zu sorgen, arbeitet die Stadt an mehreren Projekten. Erster Stadtrat Jörg Scheidel informierte in der Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses am Mittwochabend über den Stand der Entwicklungen. In einem ersten Schritt ist der Umbau des Pfarrer-Volk-Hauses zu einer Krippe geplant. Zwei Gruppen mit jeweils zwölf Kindern sollen dort einziehen. Eine davon wird neu sein, die andere wechselt aus dem vorhandenen Kindergarten St. Michael ins Nachbargebäude und schafft dort wiederum Platz für eine weitere Kita-Gruppe mit 25 Kindern. Beim Notartermin Mitte September sollen Vertreter von Stadt und Bistum Mainz ihre Unterschrift unter den Erbbaurechtsvertrag setzen. Das Architekturbüro Träger steht laut Scheidel in den Startlöchern, um den Bauantrag einzureichen. Der Baudezernent geht davon aus, dass die Arbeiten frühestens im Sommer kommenden Jahres abgeschlossen sind. Im Haushalt stehen 500 000 Euro für Umbau und Einrichtung des Volk-Hauses bereit.

Erweiterungsbau am Kapellenberg

Parlamentarisch seit Langem be- schlossen ist die Erweiterung der Kindertagesstätte Kapellenberg um zwei Gruppen mit jeweils 25 Kin-dern. Allerdings kam es zu mehreren Verzögerungen. Nach der Ausschreibung der Arbeiten meldete sich zunächst kein Interessent. Außerdem hat ein Kanal die Stadt dazu gezwungen, die Planung zu verändern. Statt der ursprünglich vorgesehen Modulbauweise setzt sie nun auf einen herkömmlichen Neubau. Scheidels Ziel ist es, Anfang kommenden Jahres den Bauantrag einzureichen. Die Fertigstellung ist nach seiner Einschätzung frühestens im Frühjahr 2025 zu erwarten. Über die Kosten will der Baudezernent Ende Oktober Auskunft geben.

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Erst vor wenigen Monaten in den Blick geraten ist das Vogelpark-Restaurant, für das sich kein neuer Pächter fand. Daraus ergab sich die Idee, im Erdgeschoss eine naturnahe Kita mit 50 Plätzen zu schaffen. Die Themen Wald, Tiere und Bewegung sollen in dem Konzept eine wesentliche Rolle spielen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Waldkindergarten ist die Arbeiterwohlfahrt als Träger im Gespräch. Das Jugendamt befürwortet laut Stadt das Vorhaben. Nach Angaben von Scheidel muss zunächst der Bebauungsplan geändert werden. Dies ist, ebenso wie die Planung von Kita und Außengelände, 2024 vorgesehen. Genutzt werden kann das Gebäude erst 2025 oder 2026. Die Baukosten betragen voraussichtlich 800 000 Euro.

Zwei weitere Gruppen könnten künftig im Gemeindehaus St. Hildegard betreut werden – als Erweiterung der dortigen Kindertagesstätte. Die Stadt kalkuliert für Umbau und Einrichtung mit 810 000 Euro. Scheidel zufolge wartet die Verwaltung auf einen möglichen Förderbescheid. Die Grundsatzentscheidung zu dieser Maßnahme steht noch aus.

Absehbar ist hingegen der Startschuss für die neue Bauernhof-Kita. Die Idee, eine solche alternative Betreuungsform im Umfeld eines landwirtschaftlichen Betriebs zu schaffen, hatte erstmals die CDU im Kommunalwahlkampf vor mehr als zwei Jahren geäußert. Bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück wurde die Stadt beim Reiterhof Manfred Kühner fündig. Das Förderband hatte parallel dazu sein Interesse an der Trägerschaft angemeldet und soll nun ein Konzept erarbeiten. Anbieten will der Verein eine Regelgruppe für etwa 20 Kinder. Diese sollen sechs Stunden am Vormittag betreut werden und bei schlechtem Wetter in einem Bauwagen Unterschlupf finden. Erster Stadtrat Scheidel rechnet damit, dass die erforderlichen Genehmigungen im ersten Halbjahr kommenden Jahres vorliegen. Ab dem Sommer könnten dann die Kinder die Natur rund um den Reiterhof erkunden.

Laut Sozialamtsleiter Haas stehen auf dem Papier aktuell 267 Krippenplätze zur Verfügung. Wegen des Fachkräftemangels im Erziehungsbereich fallen in der Realität aber einige weg. Bei der Betreuung der Über-Dreijährigen sind es offiziell 1290 Plätze. Doch auch hier bleiben durchschnittlich 80 bis 100 Plätze unbesetzt. Grund sind die Inklusionsbestrebungen, die einen erhöhten Personalbedarf nach sich ziehen.

Mäßige Nachfrage in Corona-Zeit

Haas zufolge war die Nachfrage nach Krippenplätzen über einen längeren Zeitraum ansteigend, während der Corona-Zeit aber nur gering. Nun habe das Interesse der Eltern erheblich zugenommen. Der Sozialamtsleiter erklärt dies damit, dass die Erziehungsberechtigten mit guter Ausbildung schnell wieder arbeiten wollen, vor allem, wenn sie selbstständig sind. Andere Familien seien etwa nach einem Hauskauf auf die zusätzlichen Einnahmen angewiesen. Einen weiteren Grund sieht Rudolf Haas in der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt. „Die Arbeitgeber fragen ihre Mitarbeiter, wann sie wieder zurückkehren.“

Redaktion

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