Schriesheim. Wie geht's dem Strahlenberger Hof ? Dem landesweit renommierten Sterne-Tempel in einem der ältesten Bauwerke der Umgebung. Das interessiert die Region seit seiner Schließung Anfang 2020 brennend. Vor genau einem Jahr nutzt Inhaber Peter Bausback das Straßenfest der Weinstadt, um Verwaltung, Gemeinderat, BdS und Medien seine Vorstellungen zu erläutern. Nun, nach einem Jahr, fragt der „MM“ nach und erfährt: Es ist alles auf ganz gutem Weg, dauert aber noch ein bisschen: „Bitte noch etwas Geduld“, sagt Bausback im Gespräch mit dem „MM“.
Zu einem besonderen Haus wird der Strahlenberger Hof gleich durch zweierlei: durch die Bausubstanz, deren Kern aus der Stauferzeit stammt, und durch den Namen, der es mit einem Herrschergeschlecht verbindet. Als die Strahlenberger um 1235 die nach ihnen benannte Burg hoch über der Bergstraße errichten, da bauen sie in der Stadt, die sie zu ihren Füßen anlegen, einen Hof.
Im Laufe der Geschichte wechselt er Besitzer und Nutzungen. Ihr letzter Eigentümer, der Bauer Wilhelm Gaber, damals fast 90, stellt ihn 1985 zum Verkauf. Die Stadt erwägt zunächst, das Gelände zu erwerben, die Gebäude abzureißen und darauf Neubauwohnungen zu errichten.
Pater Bausback rettet den Strahlenberger Hof in Schriesheim
Zum Glück wird der kunstsinnige Peter Bausback, Chef der gleichnamigen Teppich-Handlung in Mannheim, auf das Objekt aufmerksam, erwirbt es und lässt es detailgerecht restaurieren. Für den Mäzen eine teure Sache - trotz der Zuschüsse aus dem Topf für die Altstadtsanierung, als deren Schmuckstück das Objekt seither zu Recht gelten darf.
Die alten Fenster werden wiederhergestellt, das Fachwerk farbig gestaltet, das Innere historisch eingerichtet, auch mit Gobelins aus Bausbacks Beständen. Und alles mit modernster technischer Ausstattung.
Denn das Gebäude wird kein Museum, sondern erhält eine Nutzung als Restaurant. Die Scheune wird mit einem offenen Kamin zu einer gastlichen Stube umgebaut, der Zugang zum großen Gewölbekeller freigelegt, in dem fortan wertvolle Tropfen lagern - sogar Flaschen aus dem Bestand der früheren russischen Zaren.
Sternekoch Jürgen Schneider wandert von Schriesheim nach Südafrika aus
Seine neue Blütezeit erlebt das Lokal ab 1998 mit dem Sterne-Koch Jürgen Schneider und seiner Frau Susanne. Doch 2012 wandern diese nach Südafrika aus, um dort ein 500 Hektar großes Weingut zu übernehmen. Ihnen folgt Marcus Schleicher, zuvor Koch in St. Moritz, mit Lebensgefährtin Meike Roschig, weiterhin von „Michelin“ und „Feinschmecker“ wärmstens empfohlen. Seitdem die beiden den „Hof“ verlassen haben, ist er geschlossen. Bausback sucht zwar nach einem Nachfolger, wird aber einfach noch nicht fündig.
Fast 900 Jahre Geschichte
- 1235: Strahlenberger bauen eine Burg hoch über der Bergstraße.
- 1240: Zur Versorgung Errichtung eines landwirtschaftlichen Gutes, eben des Strahlenberger Hofes.
- 14./15. Jahrhundert: Übergang des Besitzes an die Kurfürsten der Pfalz, danach an die Augustiner.
- 17. Jahrhundert: Sitz der staatlichen Behörde, bei der Naturalsteuern (der „Zehnte“) abgeliefert werden müssen. Danach Verkauf an Privatpersonen aus Schriesheim. Viele wechselnde Besitzer.
- 1881: Familie Morast verkauft das Gebäude an Familie Gaber (daher auch „Gaber’scher Hof“).
- 1985: Wilhelm Gaber stellt das Gebäude zum Verkauf. Neuer Eigentümer wird Peter Bausback, der es kunstvoll restaurieren lässt.
- 1990: Eröffnung als Restaurant, ab 1998 unter Leitung von Jürgen Schneider, ab 2013 Marcus Schleicher. Prominente Gäste, u. a. 1998 Hasso Plattner (SAP), 2008 Prinzessin Sirindholm von Thailand.
- 2020: Schließung. tin
Ein wenig entnervt von der aufreibenden Suche, legt er bei der Präsentation beim Straßenfest vor einem Jahr den Schwerpunkt des Konzepts für die künftige Nutzung noch auf eine Event-Location, einen Ort für besondere Veranstaltungen.
Doch seither hat sich Einiges getan: Der zweite Gastro-Betrieb, der sein Eigen ist, nämlich der traditionsreiche „Goldene Hirsch“ in der Heidelberger Straße, entwickelt sich mit neuem Pächter und neuem Wirt ganz ausgezeichnet. „Eine wahre Erfolgsgeschichte“, wie Bausback sich freut. Und die ihm zeigt, dass man nur auf den Richtigen warten muss.
Strahlenberger Hof in Schriesheim "Aushängeschild in der Region"
Und so will Bausback auch für den Strahlenberger Hof den Richtigen, ja - lassen wir es uns ruhig so formulieren - etwas Herausragendes. „Das ist ja mein Kind“, bekennt er über diese besondere Location unter Anspielung auf deren ebenso kostspielige wie nervenaufreibende Rettung vor fast 40 Jahren: „Aber ja auch ein Aushängeschild Schriesheims in der Region.“ Grund genug, sich nicht unter Zeitdruck zu setzen.
Verbinden möchte er gehobene Gastronomie hier mit der Nutzung seines Weinkellers, der in der Tat ein Stück weit einzigartig ist. Er soll noch mehr dazu dienen, Bausbacks eigene Weine zu präsentieren, die nicht unter seinem Namen, sondern unter „Strahlenberger Hof“ firmieren.
Denn Bausback verfügt über Anbauflächen am Madonnenberg und in der Vohbach, mit den Sorten Riesling und Silvaner - ökologisch ausgesprochen wertvoll, vor allem für Vögel, wie er nicht ohne Stolz vermerkt. Die Weine lässt er auch selbst ausbauen. Denn obwohl er mit seinen mittlerweile 85 Jahren nicht mehr im Wingert aktiv sein kann, liegen sie ihm - das spürt man, wenn man mit ihm spricht - doch sehr am Herzen. Insofern will er auch den derzeit darniederliegenden Verein Weinbau Madonnenberg, dem er ab der Gründung 1989 viele Jahre als stellvertretender Vorsitzender dient, wieder zu neuem Leben aufhelfen.
Doch zurück zum Strahlenberger Hof: Auch der ausgesprochen reizvolle Außenbereich soll künftig stärker genutzt werden - zum Beispiel im Rahmen des samstäglichen Wochenmarktes, der ja vor einigen Jahren vom Stadtbrunnen in die Kirchstraße verlegt wird, also direkt vor den Strahlenberger Hof. Bausback kann sich vorstellen, sein Areal in das Angebot einzubringen, und zwar mit Angeboten, die so hochwertig sind wie jene, die drinnen serviert werden. „Das würde den Wochenmarkt sicher aufwerten“, ist er überzeugt: „Natürlich muss ich das mit den Markthändlern besprechen.“
Wohneinheiten als Feriendomizile
Genutzt werden sollen auch die vier Wohneinheiten, die sich in dem Gebäude befinden. Nicht als reguläre Wohnungen oder als einzelne Hotelzimmer wie seit kurzem im „Hirsch“, „sondern als eine Art Feriendomizile“, wie es Bausback vorschwebt. Zu diesem Zweck wurden und werden sie modernisiert, etwa das Dach saniert, neue Dämmungen eingebaut.
Zur Komplettierung seines Zukunftskonzeptes fehlt ihm nun also nur noch ein Pächter. Mit vielen Interessenten ist er im Gespräch, mehr will er nicht verraten. „Aber Sie können ruhig schreiben“, schmunzelt er: „Wenn es ein junges, ambitioniertes Ehepaar gibt, das sich diese Aufgabe zutraut, dann können sich die beiden gerne bei mir melden.“
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