Das Schriesheimer Mitteilungsblatt bleibt in städtischer Hand. Zu diesem Ergebnis kam der Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend. Ein Antrag der Verwaltung, die Verantwortung für das Medium an den Nussbaum-Verlag zu übertragen, kam an diesem Abend gar nicht erst zur Abstimmung. Der Grund: Zuvor hatte der Rat mehrheitlich einem Gegenantrag von SPD und Grünen zugestimmt. In diesem hatten die Fraktionen gefordert, das Mitteilungsblatt in kommunaler Hand zu belassen.
Verhältnis von 14:11
Das Ergebnis lautete am Ende 14:11 für den Antrag von Sozialdemokraten und Grünen. Für das Ansinnen stimmte – neben den beiden an diesem Abend vollzähligen Fraktionen – auch AfD-Stadtrat Thomas Kröber. Die Freien Wähler, CDU, FDP, Liselore Breitenreicher sowie Bürgermeister Oeldorf stimmten gegen den Vorschlag. Da bei den Freien Wählern und der CDU aber je zwei Stadträte fehlten, kamen auf dieser Seite nur elf Stimmen zusammen.
Der Verlag gab keine inhaltliche Bewertung des Ergebnisses ab: „Dem Verlag ist die eine Lösung genau so recht wie die andere. Er ist nur für die Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses zuständig“, erklärte Timo Bechtold, Kaufmännischer Geschäftsführer, auf Anfrage dieser Redaktion. Man könne vom Verlag aus auch gar nicht beurteilen, was für die Stadt am besten sei.
Christian Wolf (Grüne) eröffnete die Debatte an diesem Abend. Er kritisierte dabei auch die Vereinbarung zwischen Stadt und Nussbaum-Verlag, über die der Rat an dem Abend abgestimmt hätte: „Konkrete Zusagen des Verlags gibt es fast keine.“ So könne der Verlag Texte ablehnen, obwohl sie den Redaktionsrichtlinien entsprächen. Möglicherweise bekämen dann zahlungskräftige Anzeigenkunden den Vorzug vor Vereinen. „Zugegeben, die Stadt hat es nicht leicht, wenn Veröffentlichungen nicht den Richtlinien entsprechen“, sagte Wolf. Aber dann müsse die Verwaltung, und damit der Bürgermeister, Verantwortung übernehmen und durchgreifen. Wenn man das Mitteilungsblatt einfach auslagere, mache man sich „einen schlanken Fuß“ und ducke sich weg.
Wichtig: In der Debatte ging es eigentlich insbesondere um die Frage, wie mit nationalistischen oder rechtsideologischen Texten umzugehen ist, die in der Vergangenheit immer wieder im Mitteilungsblatt veröffentlicht worden sind. Auch wenn das Thema am Mittwoch kaum oder nur indirekt zur Sprache kam, liegt es der Diskussion zugrunde. SPD und Grüne argumentieren, dass bei konsequenter Umsetzung städtischen Richtlinien solche Beiträge verhindert werden können. Die Stadt argumentiert, dass der Nussbaum-Verlag nicht im gleichen Maß an die Neutralität gebunden sei wie die Verwaltung und Beiträge leichter ablehnen könne. In einer Wochenzeitung des Verlages Nussbaum Medien würden „Texte mit nationalsozialistischem oder rechten Gedankengut nicht veröffentlicht“, betonte Bechtold auf „MM“-Anfrage ausdrücklich.
Bürgermeister Christoph Oeldorf und Hauptamtsleiter Dominik Morast legten den Fokus in ihren Beiträgen auf andere Punkte. „Diese Debatte nur darauf zu reduzieren, welche Beiträge gebracht werden und welche nicht, ist zu kurz gesprungen“, sagte der Rathauschef. Es gehe darum, dass die aktuellen Mitteilungsblatt-Richtlinien rechtswidrig seien. Ein Vorschlag, dieses Problem zu lösen, sei, das Amtsblatt abzugeben. Mit der Ablehnung dieses Vorschlags habe man aber weiterhin Handlungsbedarf. Das Thema wurde im Gemeinderat bereits mehrfach diskutiert. Sebastian Cuny (SPD) betonte, man sehe diese Probleme nicht. Die 2016 beschlossenen Richtlinien müssten einfach konsequent umgesetzt werden: „Hier sehe ich den Bürgermeister in der Verantwortung.“ Und sollte eine Entscheidung des Bürgermeisters zu Texten im Mitteilungsblatt einmal angefochten werden, stünde der Gemeinderat sicher an Oeldorfs Seite.
Bürgermeister weist Kritik zurück
„Wir sehen bei dem Vorschlag der Verwaltung keine großen Probleme“, erklärte Christiane Haase für die CDU. Ihre Fraktion stimmte – genau so wie die Freien Wähler – im Anschluss gegen den Antrag von SPD und Grünen. Natürlich würde es die Stadt etwas kosten, in einem Medium zu veröffentlichen, das von einem Verlag herausgegeben wird. Allerdings sei auch jetzt der Personalaufwand in der Verwaltung sehr hoch. Dieser wäre bei einer Abgabe weggefallen. Hegmann (Freie Wähler) stellte sich auch hinter die Verwaltung und sagte: „Wichtig ist, dass es keine Einschränkungen für Vereine gibt.“
Ulrike von Eike (FDP) erklärte erst, dem Verwaltungsvorschlag nicht zustimmen zu können, lehnte aber den Gegenantrag von SPD und Grünen ab. Lieselore Breitenreicher erklärte, sie sei erst skeptisch gewesen, stehe aber nun auch hinter dem Verwaltungsvorschlag. Thomas Kröber (AfD) kritisierte, dass die Vereine zu wenig einbezogen worden seien. „Das kann ich so nicht stehenlassen“, stellte Oeldorf klar: „Es gab bei diesem Thema mehrere vereinsbezogene Veranstaltungen.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Rechtspopulismus Schriesheim: Grüne und SPD stehen auf der falschen Seite