Das war wohl einmalig: Zum 150. Jubiläum der Neckarstadt zeigten sich die Neckarstadt-West, Neckarstadt-Ost, Wohlgelegen und Herzogenried von ihrer künstlerischen und kulturellen Seite. Dass diese an Vielfalt kaum zu überbieten ist, konnten Besucher an drei Abenden und Nächten genießen. Wer wollte, ließ sich durch den Stadtteil treiben und besuchte die eine oder andere Veranstaltung. Das Angebot war reich an Facetten und die Vielfalt kannte kaum Grenzen.
Die Besucherzahl entsprach sicher nicht der Menge der vergangenen Jahre. Aber es tummelten sich dennoch viele Menschen im Stadtteil, um einen Blick hinter die Kulissen, sprich in den einen oder anderen verwinkelten Hinterhof, zu werfen und der Musik oder einem Vortrag zu lauschen. Lediglich die Bestrahlung der Häuser, die diese Veranstaltung früher ausmachte, war in diesem Jahr wegen explodierender Energiekosten nur eingeschränkt zu sehen. Aber wer genau hinschaute, fand das Charakteristikum der Lichtmeile immer wieder.
Der Freitagabend gehörte, wie üblich, den Partygängern. Elektro, Country oder Folk klang aus den über 30 verschiedenen Tempeln der Musik. Aber auch ernstere Töne waren immer wieder zu hören. Die Musikfreunde kamen jedenfalls auf ihre Kosten, zumal es nirgendwo Eintritt kostete. Die Kulturschaffenden des Stadtteils hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um ihren Stadtteil von der leuchtenden Seite zu zeigen. Es war irgendwo eine gelungene Veranstaltung, die an Vielfalt kaum zu überbieten war.
Genauso vielfältig war auch das Publikum, das den Stadtteil bevölkerte. Da gab es zum ersten Mal in der St. Bonifatiuskirche ein Orgelkonzert der studierten Kirchenmusikerin Beate Rux-Voss, die Werke von Cesar Franck, Maurice Durufie und eine Eigenkomposition zu Gehör brachte. Dabei ging es in 80 Minuten rund um die ganze Welt. „Das war ein wirklich schönes Konzert mit manchmal bedrohlichen und dann wieder sehr versöhnlichen wohligen Klängen“, kommentierte eine ältere Dame, eine von rund 40 Besuchern, am Ende des Konzerts.
Ganz andere Töne kamen aus dem theater oliv. Das Duo Lagefeld aus Heidelberg wartete mit Stefan Lindenau (Kontrabass/Gesang) und David Joepgen (Gitarre/Gesang) mit gern gehörten Jazz-Standard auf. Diese waren mitreißend arrangiert und mit deutschen Texten versehen. Aber auch Eigenkompositionen gehörten zu ihrem Repertoire. Die beiden Musiker erzählten Geschichten der Lieder, die das Duo neu entdeckt hat. Wiederum einen kurzen Schritt weiter, tönten aus der Musikkneipe Vigo Hardrock-Klänge aus den 1960er und 1970er Jahren.
Auf dem Neumarkt spielte junk-E-cat mit seinem Saxofon von einem ausrangierten Feuerwehrauto herunter. Der Berliner Musiker verwob akustische und elektronische Elemente zu einer Klangwelt, in welcher Saxofone und Bassklarinetten, sowohl arrangiert als auch solistisch, mit elektronischem Fingerdrumming organisch verschmolzen.
Aga L. - eine Mannheimerin aus Krakau - spielte Musik ohne Etikett im Alten Volksbad. Selbst komponierte Reflektionen über Leben und Liebe, realisiert durch eine einzigartige Kombination von Stimme, Gitarre und Geige erklangen. Mal auf Englisch mal auf Polnisch zwischen Chanson, Folk, Blues und Jazz - mit Einflüssen polnischer Folkmusik. „Die Leute sind gut drauf. Es ist alles entspannt. Es gibt keine Platznot“, meinte dort Veranstalter Ralf Philipp von der Geschichtswerkstatt, obwohl sich vor dem Volksbad eine kleine Menschenmenge versammelt hatte. Regina, Jessica und Christian waren zum ersten Mal auf der Lichtmeile: „Das ist toll hier, überall wird Musik geboten,“ freuten sie sich.
Offene Ateliers
Der zweite Abend stand ganz im Zeichen der offenen Ateliers. Auch hier wurde eine riesige Bandbreite serviert, die von einer liebevoll gemachten Vespa-Ausstellung über Aktmalerei bis hin zu eigenen Fotografien und Holzkunstwerken reichte. Michaela und Andreas Knörzer waren von der Ausstellung im Alten Volksbad begeistert: „Das war hochinteressant und informativ, was da junge Künstler über die Neckarstadt zusammen getragen haben.“ Dazwischen wurden immer wieder musikalische Leckerbissen serviert. Literatur an ungewöhnlichen Orten beendete das Programm am dritten Abend für Erwachsene. Am Sonntagmittag standen die Kinder im Mittelpunkt.
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