Enjoy Jazz

Aki Takase spielt mit "Japanic" im dasHaus in Ludwigshafen

Klavierlegende Aki Takase und Saxofonkoloss Daniel Erdmann präsentieren in Ludwigshafen das neue Bandprojekt "Japanic". Mit ihrem hochambitionierten und humorvollen Auftritt begeisterten sie das Publikum

Von 
Hans-Günter Fischer
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Aki Takase hat mit „Japanic“ ein neues Bandprojekt gestartet – sie spielt wie gewohnt Stakkato am Piano. © Manfred Rinderspacher

Mit Klavierromantik wird sie nie etwas am (ziemlich schicken) Hut haben. Der Furor ist noch immer da. Bretthart gehämmerte Stakkato-Strecken, Töne, die nach Art der Silben ausgestoßen werden, wie sie sie aus dem Japanischen gewohnt ist, ihrer alten Muttersprache: Ta-ka-se. Die Wahl-Berlinerin ist mittlerweile 75, hat nun aber mit „Japanic“ ein taufrisches Bandprojekt gestartet. Es ist ein Quintett mit lauter „Lieblingen“ und überwiegend noch recht jungen „schönen Männern“, wie die Pianistin anlässlich des Enjoy Jazz-Termins im Ludwigshafener Kulturzentrum dasHaus erklärt.

Aki Takase, die mit Kleid und Haarschmuck die puristische japanische Schwarzweißästhetik kultiviert, schart enge Weggefährten und Vertraute um sich. Daniel Erdmann hat dabei eine zentrale Rolle. Er war einst ihr Schüler, hat sich aber in der Zwischenzeit zu einem Saxofon-Koloss entwickelt. Nicht bloß wegen seiner Körpergröße. Erdmanns mächtig bollerndes und schnaubendes Tenorsaxspiel strahlt Dominanz aus. Weist oft in die Zukunft. Kennt aber zugleich Phrasierungen, die aus der Tiefe der Musikgeschichte kommen. Damit liegt er ganz auf einer Linie mit Takase, deren freies Spiel bisweilen unvermittelt eine Rolle rückwärts schlägt, bis zu den frühen Stride-Piano-Meistern.

Das ist hochambitioniert wie eh und je, kennt aber auch viel hintergründigen Humor – was wiederum Takase-typisch ist. Der Spaß- und Schmunzel-Faktor ist erheblich, ohne dass die Ansprüche darunter leiden müssten. Ein komplizenhaftes Grinsen Richtung Publikum ist namentlich dem Mann am Saxofon nicht fremd, und eines seiner Stücke heißt „An jeder Kreuzung liegt eine Erinnerung begraben“. Erdmann sieht es als Hommage an die Berliner wilden Jahre kurz vor der Jahrtausendwende. Auffällig sind allerdings die vielen Generalpausen im Stück. Bevor der Trubel, der Verkehr, den nächsten Höhepunkt erreicht. Ein permanentes Stop-and-go.

Aki Takase hat aber auch ihren Stiefsohn mit im Team: Vincent von Schlippenbach, der auch als Produzent arbeitet (unter anderem für Peter Fox), hier allerdings als „DJ Illvibe“ seine Turntables rotieren lässt. Manchmal mit kunstvoll komprimierten und skandierten Wort- und Songfetzen, manchmal rein perkussiv. Von Schlippenbach zeigt dabei hoch entwickelte „instrumentale“ Fertigkeiten.

Kontrabass und Schlagzeug (Carlos Bica und Dag Magnus Narvesen) halten das sprudelnde Gebräu zusammen, aber bloßen Dienst nach Vorschrift leisten Narvesen und Bica, Letztgenannter häufig klangforschend mit seinem Bogen unterwegs, natürlich auch nicht. Das versteht sich wohl in diesem Kontext.

Doch einmal Legato

Insgesamt erweist sich, dass der freie Jazz so cool, so hip sein kann wie in den besten Tagen. Und noch immer wahrhaft „zeitgenössische“ Musik darstellt. Der „offizielle“ Teil des Abends endet klanglich im Tumult. Fast in der Katastrophe. Aber künstlerisch in einem ziemlich rauschenden Erfolg, in Ludwigshafen wird er ausgiebig bejubelt. Zweite Zugabe ist das Charles-Mingus-Stück „Duke Ellingtons Sound of Love“. Es transportiert einen romantischen Balladen-Ton. Aki Takase, unberechenbar wie immer, spielt hier doch einmal Legato. Und Erdmann lässt sein Saxofon zur Wärmequelle werden.

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