Mannheim. Als begeisterte Schwimmerin habe ich an meinem neuen Wohnort die Auswahl zwischen zwei Mal Stollenwörthweiher, dem Parkschwimmbad Rheinau und als RNV-Kundin geht es auch bequem ins Carl-Benz Bad in die Gartenstadt.
Stollenwörthweiher
Der Stollenwörthweiher erwies sich als neue Erfahrung. Nach jahrzehntelangem Schwimmen im blauen Becken begrenzt hier kein Beckenrand den Blick. Ringsum viele Bäume und Sträucher; allerdings sieht man auch nicht, was unter einem schwimmt - und der Weiher ist bis zu 15 Meter tief. Hier gibt es nur Natur. Und keine Heizung. So muss ich mich zu Saisonanfang und -ende auch mal in einen Neoprenanzug zwängen. Doch an einem kühlen Sommertag, begleitet von sanftem Regen fast alleine im Weiher zu schwimmen, ist Entspannung, Achtsamkeitstraining und Yoga in einem.
Trotz der einsamen Weite fühlt man sich geborgen so mitten in der Natur, die sich auch gerne zeigt. Ein Gänsepaar paddelt unbeeindruckt vorbei. Hier gilt kein rechts vor links. Libellen tanzen über das Wasser, ein Karpfen springt - und das ist kein kleiner Fisch! Er wollte mir wohl zeigen, dass ich den Weiher nicht für mich alle habe.
Ganz alleine bin ich tatsächlich nicht. Eine blaue Poolnudel, vor die Haarspange geklemmt, kommt als Notfall-Betreuerin mit. Bei aufkommendem Wind heißt es schnell zupacken oder der Nudel durch die ganze Weiherlänge hinterher ‘hechten‘ . Ungewohnt auch das Wetter-Verhalten im Weiher. Früher, als bekanntlich alles anders war, kündigte sich ein Gewitter an. Es grollte und blitzte sanft, dann heftiger und im Freibad blieb genug Zeit, zur Leiter zu schwimmen. Heute blitzt und donnert es ohne Vorwarnung und ohne schwarze Wolkenberge. Da ich gerade in der Weihermitte schwimme, entwickle ich ein fast olympiareifes Tempo um ans Ufer zu kommen.

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Den Stollenwörthweiher teilen sich - ohne Absperrband in der Mitte - zwei Pächter. "Stollen I" an der Rheingoldstraße ist in der Obhut des Volkstümlichen Wassersportvereins. Hier hält die Straßenbahnlinie 3 vor der Haustür: Praktisch, wenn wetterbedingt der Neoprenanzug mit muss. Vom Ufer geht es hier schnell in die Tiefe, aber für kleine Meerjungfrauen und Badepiraten gibt es einen liebevoll gestalteten Wasserspielplatz, den ich mir als Kind gewünscht hätte.
Links lockt ein FKK-Gelände mit großer Wiese, rechts Stufen am Hang mit Schattenplätzen zum entspannen. Oder die Pontons für die Sonnenanbeter. Der "Stollen II" am Promenadenweg wird betrieben vom Schwimmverein Mannheim. Hier gibt es in diesem Sommer wieder einen richtigen Strand, an dem auch kleinere Kinder in Ufernähe plantschen können. Im letzten Jahr ging es durch den Regen gleich von der letzten Treppenstufe ins Wasser. Auch hier Liegewiese, Sitzstufen am Hang, ein Schwimmbecken für Kinder und ein fantasievoller Spielplatz unter schattigem Grün.
Carl-Benz Bad
Der Besuch hier war ungeplant, verschuldet durch einen Ausfall der Straßenbahn Richtung Sandhofen. Also stieg ich samt Badetasche in die Linie 4a um. Von der Haltestelle sind es nur wenige Schritte bis zum Eingang, wo mich das überraschte, sehr nette Personal als Sandhofen-Abtrünnige willkommen hieß. Eine Infotafel mit Zeitungsberichten und Fotos erinnert an die Eröffnung am 27. Juli 1962. Immer wieder staune ich über die Größe dieses Bades. Vom Schwimmerbecken bis zum Nicht-Schwimmerbecken scheint alles größer als in Sandhofen. Viele Bäume und versteckte Liegeplätze locken.
Auf dem beeindruckenden Sprungturm können sich Wagemutige über drei Meter, 7,5 Meter bis zu zehn Meter hocharbeiten. Mit Glück kann man Springer sehen, die die zehn Meter im eleganten Kopfsprung überwinden. Im großen Planschbecken stehen Schirme als Sonnenschutz und der Kioskpächter lässt sich seine gute Laune weder von der streikenden Kaffeemaschine noch von den wenigen Badegästen verderben. Nur die Bänke ohne Rückenlehne fühlen sich inzwischen nicht mehr altersgerecht an.
Parkschwimmbad Rheinau
Dorthin geht‘s mit dem Rad, da es etwas umständlich mit Bus und Bahn zu erreichen ist. In dem weitläufigen Gelände spürt man gleich die familiäre Stimmung: Badegäste und Personal kennen sich seit vielen Jahren. Ein Bücherschrank überrascht am Eingang. Gute Idee - so was könnte doch in allen Bädern stehen.
Die blaue Drachenrutsche auf dem Spielplatz erfreut mein Herz und in einem riesigen Planschbecken mit Sonnensegel toben die Schwimm-Zwerge. Im Schwimmerbecken ist eine Ecke für einen Drei-Meter-Sprungturm abgeteilt und ringsum erinnern schattige, grüne Ecken mit großen Bäumen wirklich an einen Park. Das gemütliches Kiosk mit bepflanzter Terrasse lockt nach der Schwimmarbeit mit altersgerecht bequemen Stühlen.
Herzogenriedbad
Es war jahrelang mein Anlaufpunkt, wenn das Freibad Sandhofen schon geschlossen oder noch nicht geöffnet hatte. Zu Saisonanfang und -ende konnte hier jeweils eine Woche früher bzw. eine Woche länger geschwommen und gerutscht werden. Schwimmer aus den anderen Bädern trafen sich und Personal aus Sandhofen und dem Herschelbad, das noch die Arbeit in der frischen Luft genoss, bevor die Hallenbäder geöffnet wurden. Inzwischen ist es leider so, dass wegen Personalmangel alle vier Bäder mit Ferienende schließen. Aber der Spatenstich zum Kombibad ist gemacht. Ich bin gespannt, was daraus wird.
Freibad Sandhofen
Und wer sich jetzt fragt: da fehlt doch was? Ja, natürlich mein Freibad Sandhofen. Es wird auf ewig mein Herzensfavorit bleiben. Dort kenne ich jeden Baum und Strauch, habe Wetterlagen mit und ohne Heizung erlebt, gegen düstere Zukunftsaussichten gekämpft, Pizza und Kuchen genossen und ein paar Jahre im Liegestuhl die Zehen in den Sandstrand gesteckt.
Den Förderverein habe ich mit gegründet, eine neue Rutschbahn eingeweiht; es war und ist Schauplatz für viele Weihnachtsgeschichten und es gibt sogar ein Freibad-Kinderbuch. Inzwischen haben sich die Besucherzahlen so entwickelt, dass ich als Allwetter- Statistik- Schwimmer nicht mehr gebraucht werde. Wie bei einem Kind, das erwachsen wird, bin ich stolz und auch etwas wehmütig gestimmt.
Erstaunt haben mich die kurz aufeinander folgenden Eröffnungsjahre der vier Bäder: 1956, 1961, 1962 und 1965. Mannheim ist mit Bädern gut ausgestattet, aber sie sollten auch bei gemäßigten Wetter und ein paar Wolken am Himmel mehr genutzt werden.
Vielleicht ist jetzt die Neugierde geweckt, mal den Blick über den heimischen Beckenrand zu wagen und „fremd zu schwimmen“. Viele in Neckarau und Umgebung wissen nicht, dass es ein Sandhofer Freibad oder ein Carl-Benz-Bad gibt - genau wie viele aus Mannheims Norden noch nie am Strand des ‘Stollens‘ gesessen haben.
Was allen Bädern gemeinsam ist: Sie sind inzwischen zu unentbehrlichen, grünen Lungen heran gewachsen, die Mannheim dringender denn je braucht. Wer daran zweifelt, sollte an einem heißen Sommertag schwimmen gehen und auf den Temperaturunterschied achten, sobald man das Bad verlässt.
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