NS-Opfer

Erster Stolperstein in Mannheim-Suebenheim verlegt

Weil sie Haushaltsgegenstände aus ausgebombten Häusern gestohlen haben soll, ließen die Nazis sie ermorden: Jetzt erinnert ein Stolperstein im Mannheimer Stadtteil Suebenheim an Sofie Schneider.

Von 
Thorsten Langscheid
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Der Stolperstein für Sofie Schneider wurde im Beisein von Anwohnern im Mannheimer Stadtteil Suebenheim verlegt. © Hartwig Trinkaus

Suebenheim. Weil sie aus ausgebombten Häusern Kleidung und Haushaltsgegenstände von sehr geringem Wert herausgeholt haben soll, wird die vierundvierzigjährige Sofie Schneider am 22. Dezember 1943 mit dem Fallbeil in Stuttgart hingerichtet. An dieses unfassbare Geschehen macht seit wenigen Tagen ein Stolperstein, vom Ortsverband Seckenheim/Friedrichsfeld der Grünen gespendet, aufmerksam. Dieser wurde in Suebenheim im Beisein von Anwohnern verlegt.

Verurteilung nach sogenannter „Volksschädlingsverordnung“

Sofie Magdalena Schneider geb. Ketterl war, nach Informationen von Lea Sophie Vögele, der Sprecherin des Grünen-Ortsverbands, 1943 nach den Paragrafen 1 und 4 der sogenannten „Volksschädlingsverordnung“ verhaftet und vom NS-Sondergericht Mannheim zum Tode verurteilt worden. Sie hatte, aus München kommend, am 28. November 1931 in Sandhofen den verwitweten Mechaniker Karl Josef Schneider (1888-1951) geheiratet.

Weitere Stolpersteine in den Mannheimer Stadtteilen

  • Auch für die folgenden Mannheimer NS-Opfer wurden jetzt Stolpersteine verlegt:
  • Schwetzingerstadt, Heinrich-Lanz-Straße 43: Josef Hirschler, Gertrud Hirschler geb. Hilcken, und ihre Tochter Inge Maria Hirschler. Ihnen gelang 1938 die Flucht nach Argentinien.
  • Oststadt, Lameystraße 15: Samuel Lichter, Rosa Lichter geb. Löwenstein, sowie ihre Kinder Ilse und Doris (wir berichteten bereits ausführlich).
  • Innenstadt, Q 7, 2/3: Alfred Koch , 1942 in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet.
  • O 2, 1: Michael Würzburger , Recha Würzburger, geb. Deutsch, sowie ihre Kinder Ernst und Stefanie, retteten sich 1939 durch die Flucht nach Argentinien.
  • Neckarstadt-West, Ecke Mittel- und Lupinenstraße: Maria Bauss , wegen angeblicher Plünderung 1943 in Stuttgart hingerichtet.
  • Sandhofen, Falkenstraße 2a: Walter Samstag , 1942 in der Tötungsanstalt Hartheim ermordet.

Ihr Ehemann hatte vier Kinder aus erster Ehe im Alter von damals drei, fünf, sechs und 14 Jahren. Die Familie lebte zunächst in den nördlichen Stadtteilen von Mannheim, ehe sie im April 1936 nach Suebenheim umzogen. Die Ehe von Sofie und Karl wurde 1939 geschieden. Im Herbst 1943, zum Zeitpunkt der Festnahme Sofie Schneiders, lebten mit ihr noch drei Kinder an der Waldspitze in Suebenheim.

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Von
Konstantin Groß
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Hinrichtung in Stuttgart mit dem Fallbeil

Am 11. September 1943 wurde sie festgenommen. Die Verhandlung vor dem Sondergericht Mannheim fand am 16. November 1943 statt. Bei den NS-Sondergerichte standen den Angeklagten bei der keineswegs ergebnisoffenen Verhandlung keinerlei Rechtsmittel zur Verfügung, der Beschuldigten stand also kein Strafverteidiger zur Seite noch wurden entlastende Zeugen gehört. Auch eine Berufung gegen das Urteil war nicht möglich. Ein Staatsanwalt namens Schmelcher forderte die Todesstrafe, deren Vollstreckung am 22. Dezember 1943 mit dem Fallbeil in Stuttgart erfolgte.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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