Mannheim. Die Bauarbeiten für einen Geh- und Radweg zur Eugen-Neter-Schule (ENS) im Mannheimer Stadtteil Blumenau sind in vollem Gange. Für die Schule ein Grund zum Jubeln, denn das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung musste rund 20 Jahre lang dafür kämpfen, dass ein sicherer Weg den Trampelpfad an der K 9754 ablöst.
Der Weg von der Blumenau zum Schulgebäude im Alten Frankfurter Weg 30 ist jahrzehntelang nämlich kaum zu bewältigen: Der schmale Pfad liegt direkt an der Straße - Autos oder Laster sind hier zum Greifen nah, und nur wenige halten das vorgeschriebene Tempo 50 ein.
Große Probleme für Kinder im Rollstuhl
Zudem fehlt die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, und Schulleiterin Silvia Challal muss regelmäßig daran erinnern, dass viele Eltern der Schulkinder kein Auto haben. Lerngänge in den Stadtteil Blumenau sind da ein gefährliches Unterfangen - und Kinder oder Jugendliche im Rollstuhl gänzlich ausgeschlossen.
„Die Schulgemeinschaft freut sich, dass der Weg, nach langen Jahren des Kämpfens und Wartens, nun endlich realisiert wird“, sagt Silvia Challal. Und fügt hinzu: „Und jetzt die Schülerinnen und Schüler und auch die Eltern nicht mehr durch das tiefe Gras über den Trampelpfad zur Schule oder auf die Blumenau stapfen müssen.“
Neuer Weg ist längst überfällig
Die Schule liege schließlich sehr abgelegen - „mit einer unzureichenden öffentlichen Erreichbarkeit im Mannheimer Norden. Da war der Weg durch Gras und Matsch eine echte Zumutung“. Für die Schülerschaft sei es viel zu gefährlich gewesen, ohne Gehweg an der viel befahrenen Straße zu laufen. „Über Jahrzehnte forderte die Schulgemeinschaft den notwendigen Schulweg. So sind wir jetzt froh, dass der Artenschutz und die Fahrradmobilität uns zur Seite stehen und der überfällige Schulweg in Kombination mit einem Radweg realisiert wird“, erklärt die Schulleiterin.
Er ist schon viel zu lange überfällig. Schüler, Lehrer, Eltern und weitere Mitarbeiter der Schule bekommen dadurch eine neue Möglichkeit, unsere Schule erreichen zu können.
Julia Wiegand, Vorsitzende des Elternbeirates der ENS, weist darauf hin, dass schon ihr Vorgänger, Fritz Sütterlin, viele Jahre für den Weg gekämpft habe: „Er ist schon viel zu lange überfällig. Schüler, Lehrer, Eltern und weitere Mitarbeiter der Schule bekommen dadurch eine neue Möglichkeit, unsere Schule erreichen zu können.“
Sie erinnert sich ebenfalls daran, dass es für Kinder unmöglich gewesen sei, selbstständig zur Schule zu kommen: „Eltern ohne Auto mussten vor Elternabenden durchs hohe Gras, entlang der nicht beleuchteten Straße, um an die Schule zu gelangen. Das ist hoffentlich bald vergessen.“ Wiegand hofft, dass die neue Verbindung die Schule auch als Arbeitsstelle attraktiver macht: „Die Abgeschiedenheit unserer Schule sollte als Segen gesehen werden und nicht als Grund, dort nicht ankommen zu können.“
Lückenschluss nach Hessen
Der Freundeskreis der ENS begrüßt den Start der Arbeiten ebenso, hält den Ausbau „aber nach all den Jahren des Vertröstens und Verschiebens für überfällig und die lange Wartezeit für peinlich für eine Stadt wie Mannheim“. Letztendlich bleibe bei der einen oder dem anderen vom Freundeskreis der Eindruck, dass der Stadt Radwege wichtiger sind als Schulwege, berichtet Schriftführer Peter Sieron für den Freundeskreis.
Der lange Kampf zum Schulweg
- Die Eugen-Neter-Schule auf der Blumenau richtet sich an Schüler, die wegen starker Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen den Bildungsgängen in allgemeinen Schulen nicht folgen können und individuelle Hilfen benötigen.
- Entlang der Kreisstraße 9754 entsteht im ersten Bauabschnitt auf einer Länge von 700 Metern ein 2,50 Meter breiter Rad- und Schulweg (Südseite Viernheimer Weg).
- Der Weg wird seitlich mit einem Geländer versehen. Die Einmündungen zu den Wald- und Wirtschaftswegen bleiben erhalten, so dass Fußgänger und Fahrzeuge die Wege weiterhin nutzen können.
- Zum Amphibienschutz wird ein dauerhaftes System aus Straßentunneln gebaut. Zudem wird der Weg insektenfreundlich beleuchtet, und an der Außenseite der Lampen werden Blenden installiert, so dass kein Licht in den Wald strahlt. Zum Ausgleich der Maßnahme werden Waldwege entsiegelt und 3600 Quadratmeter Wald am Ballauf-Wilhelmswörth bei Kirschgartshausen aufgeforstet.
- Die Arbeiten des ersten Abschnittes sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Das 800 Meter lange Folgestück entlang des Alten Frankfurter Wegs in Richtung Lampertheim soll 2025 im zweiten Abschnitt ausgebaut werden.
- Auf hessischer Seite beginnt wenige Meter hinter der Landesgrenze ein gemeinsamer Geh- und Radweg auf der Ostseite der Kreisstraße nach Lampertheim-West.
- Die Kosten für beide Bauabschnitte betragen rund zwei Millionen Euro.
Für die Blumenauer Siedlergemeinschaft geht mit dem Bau eines befestigten Weges ebenfalls eine lange Geschichte dem Ende entgegen. „Die Blumenauer sind froh, dass die Bauarbeiten jetzt beginnen und diese wichtige Verbindung zwischen der Blumenau und der Eugen-Neter-Schule endlich realisiert wird“, sagt der Vorsitzende Michael Christill. Damit werde der Weg für Fußgänger und Radfahrer wesentlich sicherer. Die geplante Weiterführung zur hessischen Landesgrenze sei „ein weiterer wichtiger Lückenschluss im Radwegenetz und deshalb auch sehr positiv einzuschätzen“, erklären die Siedler.
Geschichte mit viel Hin und Her
Neben Stadträten wie dem inzwischen verstorbenen Roland Weiß (ML) setzt sich auch der Bezirksbeirat vor Ort jahrelang dafür ein, Mittel in den städtischen Doppelhaushalt einzustellen. Hubert Becker, Bezirksbeiratssprecher der SPD, erinnert sich an das Hin und Her: „Es wurden damals viele Bedenken geäußert, dass Bäume und Sträucher weichen müssten. Aber die Sicherheit der genannten Personengruppen war uns letztendlich wichtiger, zumal der Eingriff in die Natur doch nicht so gravierend war.“
Auch wenn die Kosten keine „Peanuts“ seien: „Sichere Querungen per Untertunnelung für teilweise auch geschützte Amphibien waren überaus wichtig“, sagt Becker. Bei der jüngsten Bezirksbeiratssitzung äußert er noch Bedenken, befürchtet, dass das Projekt wieder zerredet wird: „So weit ist es gottlob nicht gekommen. Auch für Radfahrer und Wanderer nach Sandtorf oder Lampertheim steht nun teilweise ein sicherer Weg dorthin zu Verfügung.“
Zwei Millionen Euro für 800 Meter
Bezirksbeiratssprecher Wilken Mampel (CDU) reagiert ebenfalls auf die Anfrage unserer Redaktion an alle Parteien im Bezirksbeirat. Er appelliert trotz der Freude über die Realisierung: „Man muss nun auch den Weg bis zur hessischen Landesgrenze wirklich weiterführen.
Ansonsten stehen die Kosten von zwei Millionen Euro für einen knapp 800 Meter langen Radweg in keinem Verhältnis zu dem Nutzen.“ Mampel findet, dass künftig „ernsthaft überlegt“ werden müsse, „ob es wirklich nicht möglich sein kann, solche Maßnahmen wie die Krötentunnel nicht als Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in die Natur geltend zu machen. Auch für diese Baumaßnahmen werden 3600 Quadratmeter Ausgleichsfläche beansprucht“.
Kritik an Planungskosten
Stadtrat Bernd Siegholt (AfD) erinnert sich, schon als Kind einen breiten, befestigten Weg zur Neter-Schule genutzt zu haben - und befasst sich bereits als ML-Bezirksbeirat bis 1994 damit: „Um ihn von seitlichem Bewuchs, der ihn verengte, zu befreien“. „Die sehr kostenintensiven neuen Planungen wären völlig unnötig gewesen, da die jetzt angewendeten neuen Gesetze bei einer Überholung der Altanlage nicht nötig gewesen wären“, sagt er. Er bedauert, dass „dringend notwendige Radwege-Erneuerungen im Norden, genauso wie Straßenertüchtigungen, immer wieder nach hinten verschoben werden“.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-stadtteile-beeintraechtigte-kinder-in-mannheim-blumenau-bekommen-nach-20-jahren-sicheren-schulweg-_arid,2123523.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/sandhofen_artikel,-sandhofen-schluss-mit-trampelpfad-der-gehweg-an-der-kreisstrasse-in-mannheim-blumenau-kommt-_arid,2116465.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schulweg zur Mannheimer Neter-Schule ist kein Ruhmesblatt