Hochstätt. Für die Vorsitzende der Grünen-Gemeinderatsfraktion, Gabriele Baier, bestehen erhebliche Zweifel, ob Planung und Genehmigung des Storage-24-Lagers im Mannheimer Stadtteil Hochstätt (wir berichteten), wirklich rechtskonform zustande gekommen sind. „Im Flächennutzungsplan ist an dieser Stelle eine Wohnbebauung vorgesehen“, sagt sie und verweist auf das grundlegende, für die Stadtverwaltung bindende Planungswerk, das regelt, was an welcher Stelle gemacht werden darf - und was eben nicht.
Anwohner in Mannheim-Hochstätt glaubten, ihr Bolzplatz wird wieder geöffnet
Für die Anwohner am Riestenweg kam der Baubeginn Mitte Mai ohne Vorankündigung. Als auf dem Areal zwischen Wohnbebauung und Rangierbahnhof mit Rodungsarbeiten begonnen wurde, dachten einige noch, der an dieser Stelle während der Corona-Pandemie geschlossene Bolzplatz werde nun wieder geöffnet. Doch wenig später rollten Bagger und Planierraupen an, um das Areal einzuebnen.
„Das war ein Schock für uns“, so Anwohner Fatih Alkan. Einem Plakat am Bauzaun kann man entnehmen, dass es sich beim Bauherrn um den in der Region bereits in Ludwigshafen, Frankenthal, Heidelberg und Ladenburg vertretenen Anbieter „Storage 24“ handelt. Das Unternehmen wurde 2015 von den Brüdern Markus und Matthias Sattler in Nordrheinwestfalen gegründet und betreibt mittlerweile europaweit sogenannte Self Storage-Anlagen.
Auf Anfrage zu seinen Hochstätt-Plänen bestätigte das Unternehmen dieser Redaktion die Anzahl 193 Lagereinheiten, die auf der Hochstätt in zweigeschossigen Baukörpern errichtet werden sollen. Storage-24-Vertreter Niclas Spieß ergänzte später, dass am Riestenweg, anders als auf dem Plakat angegeben, keine Lagereinheiten mit Büros geplant seien.
Stadt: Bauvorhaben ist grundsätzlich genehmigungsfähig
Das Unternehmen hatte das zwischenzeitlich von der Bahn an einen privaten Käufer veräußerte Grundstück erworben und nach positiver Bauanfrage auch eine Teilgenehmigung zum Bau des an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr zugänglichen Lagerhauses erhalten. Dies bestätigte auch Adnan Werning, Büroleiter des Mannheimer Baubürgermeisters Ralf Eisenhauer (SPD). Werning teilte mit, dass das Bauvorhaben auf einem Privatgelände erfolge, rechtlich grundsätzlich genehmigungsfähig sei und die Baufreigabe für die Erdarbeiten bereits erfolgt sei.
Diese wurden auch soweit ausgeführt. Allerdings ruht die Baustelle seither. Laut Spieß und Werning seien vor der weiteren Baufreigabe noch Fragen des Verkehrskonzeptes zu klären. Grünen-Chefin Baier bezweifelt, ob eine Verkehrsführung ohne zweiten Zufahrtsweg auf der Hochstätt für einen Gewerbebetrieb dieser Größe zulässig ist. „Die Straßen sind recht schmal, zudem kreuzt noch ein Schulweg, der Jugendtreff des Stadtteils liegt ebenfalls an der Strecke - hier scheinen noch einige Fragen offen zu sein“, meint sie.
Ein Lagerhalle zwischen Kleingärten und Wohnhäusern zu genehmigen, das ist schon ziemlich schräg.
Angaben darüber, wie viele An- und Abfahrten die 193 Lagereinheiten verursachen, machte „storage 24“-Vertreter Spieß nicht. Das Nutzerverhalten sei „sehr unterschiedlich“. So gebe es Mieter, die Gegenstände einlagern und erst am Ende einer nach Wochen und Monaten zählenden Mietdauer wieder abholen. Andere, etwa Handwerker, die Material lagern, kämen öfter, unter Umständen mehrfach pro Woche. Die geplanten zweistöckigen Gebäude, so Spieß, würden indessen einen „gewissen Lärmschutz“ für die Anwohner bieten, da sie die Wohnhäuser zusätzlich gegenüber den Bahnanlagen abschirmen.
Anwohner in Mannheim-Hochstätt wollen Lagerhallen-Bau stoppen
„Wir fordern , das Bauvorhaben zu stoppen und die bestehenden Grünflächen zur Erholung und Sportförderung der Bürger von Hochstätt zu erhalten“ - das schrieben Anwohner Mitte Mai an die Stadtverwaltung. Gabriele Baier ist zuversichtlich, dass - anders als man im Baudezernat glaubt - noch etwas zu machen ist. „Hier muss eigentlich ein Bebauungsplan her“, so ihre Forderung. Zumindest aber müsse ein geregelter Verfahrensablauf sichergestellt werden. Eine Genehmigung ohne Bebauungsplan sei zwar möglich, wenn sich ein geplantes Gebäude in die Umgebung einfüge. „Zwischen Kleingärten und Wohnhäusern eine Lagerhalle als „an der Umgebung orientiert“ zu bewerten, hält die für „ziemlich schräg“. Interessanterweise hat die Stadt selbst in einer Gemeinderatsvorlage aus dem Jahr 2019 eine damals an der selben Stelle geplante Wohnbebauung abgelehnt - mit Blick auf den Lärmschutz.
Die Stadt Mannheim hat den Bolzplatz bereits 2019 aufgegeben
Damals hatte die Bahn das Areal - einschließlich einer benachbarten Güterhalle - privatisiert. Die ehemalige Bahn-Halle ist den Anwohnern am Riestenweg ebenfalls ein Dorn im Auge. Dort werde offenbar gewohnt, in Teilen des Gebäudes würden auch Autoreifen gelagert, oft werde dort bis spät in die Nacht gegrillt und Alkohol konsumiert. Auch diesem Problem will Gabriele Baier auf den Grund gehen.
Eine Nutzungsvereinbarung als Spiel- und Sportplatz für das jetzt eingeebnete Areal, die zwischen Bahn und Stadt Mannheim bestand, endete mit der bereits vor 2019 erfolgten Privatisierung und wurde von der Stadt nicht erneuert. Die Notwendigkeit, den Grünbereich am Riestenweg zu schützen, sah man im Rathaus damals wohl nicht. Da sich der Bolzplatz auf einem privaten Grundstück befand, habe man dem Bauherren nicht vorschreiben können, den Platz zu erhalten, wie Adnan Werning, Büroleiter des Baubürgermeisters, auf Nachfrage dieser Redaktion erläutert hatte.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Vergessener Stadtteil Mannheim-Hochstätt