Mannheim. „,Bitte nicht Händeschütteln sagte die Standesbeamtin noch zu uns.“ Franziska und Hans Specht erinnern sich gern an den 14. März zurück, als sie in Mannheim standesamtlich geheiratet haben: „Wir waren das letzte Paar, das noch im großen Kreis heiraten durfte.“ Danach kamen die Verschärfungen wegen dem Coronavirus. Da gingen die Probleme los, denn das Standesamt war für die beiden nur ein bürokratischer Akt, „der Fokus war auf der kirchlichen Trauung“. Und die hätte am Freitag, 17. April, stattfinden sollen. Sie freuten sich auf den Tag. Ort, Stylist, Fotograf, alles war vorbereitet, „wir wollten eine schöne Feier“, so Franziska Specht. Doch es kam anders.
Mit 88 Gästen hätten sie feiern wollen, „doch es hat sich schnell abgezeichnet, dass sich immer weniger Leute treffen dürfen, zuerst 500, dann nur noch 100. Da habe ich mir schon gesagt, das macht kein Sinn mehr, als Gastgeber können wir das auch nicht verantworten, insbesondere gegenüber den Älteren“, erklärt Hans Specht. Er hörte sich in der Familie und unter den Freunden um. „Es hätte nicht funktioniert: Die Glückwünsche, wenn man sich nicht umarmen darf und wenn das Hauptgesprächsthema nur Corona gewesen wäre.“
Sie sagten die Hochzeit ab, „schweren Herzens“, ein paar Tage später kam der Beschluss zum Kontaktverbot und Lockdown. Und ein panischer Anruf vom Juwelier: „Wir sollen noch schnell unsere Trauringe abholen, bevor er schließen muss.“ „In den Ringen steht das Datum 17. April, wir hätten sie heute getauscht. Wir sind traurig“, sagt Franziska Specht, „es wäre ein Traumtag geworden zum Heiraten.“ Trotz der Absage schauten sie dennoch seit 14 Tagen jeden Tag auf die Wetter-App. „Aber wir sind dankbar, es geht uns gut in der Krise.“ Im November gibt es nun eine Winterhochzeit, auf die sie sich schon freuen. Und dann feiern sie mit einem Gast mehr: „Ende August erwarten wir ein kleines Töchterlein, und die wird dann im November bei unserer Hochzeit gleich getauft.“
700 Gäste hatten Daniel M. und Anjale S. (beide wollen ihren vollständigen Namen nicht in den Medien lesen) zu ihrer Hochzeit eingeladen, „das ist Tradition bei uns.“ Die beiden kommen aus Sri Lanka, er ist Christ, sie ist Hindu.
Geplant war die standesamtliche Trauung im Mannheimer Schloss, anschließend die christliche Trauung in der Jesuitenkirche, am nächsten Tag dann eine große Feier in einer Festhalle und einige Zeit später die hinduistische Trauung in Indien, „dort wo ihre Eltern schon geheiratet haben.“
„Ich habe es geahnt“
Doch dann brach Corona aus und aus dem großen Fest wurde „eine intime Gesellschaft“, wie Daniel leicht ironisch anmerkt, „es war dennoch schön, nur mit vier Leuten zu heiraten: wir beide und unsere Mütter. Mehr waren nicht zugelassen im Standesamt im Rathaus, nicht einmal ein Fotograf.“
„Wir hatten schon alles geplant, eine so große Feier braucht Vorlauf“, erzählt Daniel. „Wir sind eine große Familie“, zudem seien sie und die Verwandtschaft überall in der Welt verstreut. Schon bei der Einladung hatte er ein „mulmiges Gefühl, ich habe es geahnt“. Aufmerksam verfolgte er damals die Corona-Entwicklung in China. Als hier noch Fastnacht und Skifahren angesagt waren, arbeitete er bereits an einem Plan B für seine Hochzeit. Doch absagen konnte er nicht einfach so, aus den Verträgen kam er nicht raus, mit teils merkwürdigen Begründungen seitens der Veranstalter: „Wir haben genügend Desinfektionsmittel hier“, hieß es zur Beruhigung.
Er schrieb den Ministerien, dass es keinen Sinn mache, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen zu verbieten, aber Hochzeitsfeiern mit 700 Gästen zuzulassen. Drei Tage später kam der Lockdown: „Ich weiß nicht, ob es wegen meines Briefes war.“ Jedenfalls waren damit alle Verträge aufgehoben, „wir waren sauber raus.“
Aus dem großen Standesamt im Schloss wurde ein kleines im Rathaus. Anschließend sind sie zu sich nach Hause und haben noch etwas gegessen: „Ich weiß nicht, ob man das eine Feier nennen kann.“ Alle großen Feiern und die Trauungen sind erst mal nach hinten verschoben, auf unbefristete Zeit: „Wir warten die Situation ab, für eine neue Planung und Absage habe ich keinen Nerv.“ Daniel bezeichnet es dennoch als historisch: „Wir werden es den Kindern mal erzählen.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-zwei-hochzeitsgaeste-statt-700-_arid,1630001.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html