Schloss

Zuwachs für den Mannheimer Antikensaal

Warum die berühmte Abguss-Sammlung in der Universität Mannheim zum Carl-Theodor-Jahr eine weitere Skulptur bekam und wer sie finanziert hat

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Übergabe der „Florentiner Ringergruppe“: v. l. Thorsten Riehle, Hiram Kümper, Christian Mann, Cornelia Ruhe, Jonas Brosig und Karin Schmiedebach. © Christoph Blüthner

Mannheim. Er „eilte mit größter Begierde“ nach Mannheim, um ihn zu sehen: Der „Wald von Statuen“, wie Johann Wolfgang von Goethe einst den Mannheimer Antikensaal nannte, hat Zuwachs bekommen: Zum 300. Geburtstag des Kurfürsten Carl Theodor ist mit der „Florentiner Ringergruppe“ ein weiterer Abguss einer antiken Marmorgruppe aus den Uffizien in Florenz hergestellt und im Schloss platziert worden.

„Ein außergewöhnlicher Abend“, freute sich Jonas Brosig, Vorsitzender des Fördervereins des Historischen Instituts der Universität, über das Fest. Denn nach dem tragischen Helden Marsyas, der 2018 dank Unterstützung des Nationaltheaters in die Sammlung im Ostflügel des Schlosses Einzug halten konnte, wächst der Antikensaal nun erneut.

Ein Projektseminar mit 20 Masterstudenten der Geschichtswissenschaften hatte ihn 2017 völlig neu gestaltet. Das Historische Institut und sein Förderverein kümmern sich auch weiterhin um die Einrichtung – ehrenamtlich. „Sie pflegen und betreiben den Antikensaal und haben ihn zu einem Kulturort an der Universität gemacht“, so Prorektorin Cornelia Ruhe voller Anerkennung. Auch wenn der Standort im Obergeschoss des Ostflügels „nicht einfach zu finden“ sei, so Ruhe, werde damit die Tradition aus der Zeit der Kurfürsten fortgeführt, dankte sie. Dazu gratulierte auch Kulturbürgermeister Thorsten Riehle. Obwohl in Mannheim inzwischen nur noch „Kopien der Kopien“ stünden, sei der Wiederaufbau der Antikensammlung „beachtlich“, lobte Riehle und freute sich über diesen weiteren Beitrag zum Carl-Theodor-Jahr. „Mannheim kann mit Recht stolz auf Carl Theodor und seine Hinterlassenschaften sein, weil sie noch ganz viel mit dem zu tun haben, wie sich Mannheim heute sieht“, verwies Riehle auf die kulturellen Einrichtungen ebenso wie die Industrie, die der Kurfürst sehr gefördert hatte.

Professor Kümper: „Verantwortung übernehmen“

Eigentlich hatte der Förderverein die Ergänzung des Antikensaals bereits im Sommer beschlossen. Aber die Finanzierung erwies sich schwerer als gedacht. „Wir haben Anträge gestellt, aber Absagen kassiert“, so Jonas Borsig. Schließlich sprang – mit privatem Geld – Hiram Kümper ein, seit 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit an der Universität Mannheim. Sie war zunächst befristet, ist 2019 als Carl-Theodor-Stiftungsprofessur verstetigt worden – dank vieler Spender, darunter die Heinrich-Vetter-Stiftung sowie die Karin und Carl-Heinrich Esser Stiftung. Dass er dadurch die Chance gehabt habe, in Mannheim zu bleiben, sehe er „als Verpflichtung“, so Kümper. „Ich gehöre damit zu den privilegierten Menschen, und dazu gehört für mich, Verantwortung zu übernehmen für das Kulturleben“, begründete Kümper sein Engagement. Schließlich habe schon Carl Theodor gewusst, dass Kultur ein wichtiger Standortfaktor sei und „auch das Denken anregt“.

Dass in Mannheim Abgüsse der bedeutendsten antiken Statuen aus Rom und Florenz stehen, geht auf das Jahr 1707 zurück – also lange vor Carl Theodor und schon bevor Mannheim 1720 Residenz wurde. Damals erteilte Johann Wilhelm, der noch in Düsseldorf residierende Kurfürst von der Pfalz, den Auftrag, ihm Nachbildungen der Statuen aus italienischen Antikensammlungen zu beschaffen – die wiederum Marmor-Abgüsse griechischer Bronzen waren. Die Sammlung hatte ihren Schwerpunkt in der Skulptur des Hellenismus (334 – 30 v. Chr.).

Mehr zum Thema

Stadtgeschichte

Das wird bei der Carl-Theodor-Gala in Mannheim geboten

Veröffentlicht
Von
Peter W. Ragge
Mehr erfahren

Die ersten Kisten mit Skulpturen trafen drei Jahre später in Düsseldorf ein. Nach dem Tod Johann Wilhelms wurden sie nach Mannheim überführt. Sie bildeten den Grundstock für den Antikensaal, den Kurfürst Carl Theodor 1769 als Teil der Zeichenakademie durch den Hofarchitekten Peter Anton von Verschaffelt im Quadrat F 6 einrichten ließ und der schnell zu einem Zentrum für die Antikenrezeption der gesamten deutschen Klassik wurde. Viele prominente Besucher – Goethe, Schiller, Herder und Lessing – sind überliefert. Doch 1778, als Kurfürst Carl Theodor sein bayerisches Erbe antreten und nach München umziehen musste, nahm er auch die Statuen mit. Sie befinden sich nun im Bayerischen Nationalmuseum.

In den 1970er Jahren gelang es dem 2005 verstorbenen Mannheimer Archäologen Wolfgang Schiering, neue Abgüsse in der Tradition der alten Sammlung zu erwerben. Präsentiert wurden sie seit 1991 in einem Korridor längs der Schlosskirche im Westflügel – als Zeugnis der Stadtgeschichte und Lehrsammlung. Seit Ende 2013 stehen diese, völlig neu präsentiert, im Obergeschoss des Ostflügels des Schlosses und sind kostenfrei zu besichtigen.

Trotz dem Titel „Ringergruppe“ handele es sich bei den Personen der neu hinzugekommenen Skulptur aber nicht um Ringer, so Christian Mann (Lehrstuhlinhaber für Alte Geschichte). Vielmehr gehe es um Pankration, ein altgriechischer Kampf mit Boxen und Ringen. „Da war alles erlaubt, da ging es hart zur Sache“, erläuterte er.

Neben der Erweiterung des Antikensaals hatte der Förderverein erstmals einen Laokoon-Preis für die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Mannheimer Antikensaal ausgeschrieben, mit 1000 Euro dotiert dank der Unterstützung der Karin und Carl-Heinrich-Esser-Stiftung. Er ging an die Hirschberger Bildhauerin Karin Schmiedebach, die eine Skulptur in Anlehnung an die Antiken geschaffen hatte.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke