Schönau

Zeugen berichten vom tödlichen Polizeieinsatz in Mannheim

Ein Mann mit nacktem Oberkörper steht im Mannheimer Stadtteil Schönau vor drei Polizisten. Sie fordern ihn auf, ein Messer wegzulegen. Dann fallen vier Schüsse und der Mann sackt zusammen. Jetzt berichten Zeugen

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Valerie Gerards , Christian Gerards und Florian Karlein
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Polizisten vermessen und fotografieren vor Ort. © Christian Gerards

Mannheim. Infolge eines Polizeieinsatzes ist am Samstagmittag ein Mann in der Johann-Schütte-Straße auf der Schönau von der Polizei erschossen worden. Der Mann, der mit einem Messer bewaffnet war und sich nach mehreren Zeugenaussagen aggressiv verhalten hatte, wurde - auch das gaben Zeugen gegenüber dem „Mannheimer Morgen“ an - noch mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Dort ist er später verstorben.

Blaulicht

49-Jähriger bei Polizeieinsatz in Mannheim tödlich verletzt

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Daniel Kraft & Julia Brinkmann
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Erst am frühen Abend bestätigt das Landeskriminalamt (LKA) den Vorfall auf der Schönau. Demnach habe der 49-jährige Mann über den Notruf selbst die Polizei alarmiert. Dabei habe er mitgeteilt, er habe ein Verbrechen begangen. Ein großes Aufgebot an Einsatzkräften trifft den Mann kurz danach gegen 12.30 Uhr auf der Straße vor dem Wohngebäude an, zu dem sie gerufen wurden. In der Mitteilung des LKA heißt es danach wörtlich: „Dieser war mit einem Messer bewaffnet und bedrohte die Beamten. Im Verlauf des Einsatzgeschehens machten die Einsatzkräfte von ihrer Schusswaffe Gebrauch.“

Mehrere Zeugen zeigen Videos

Die Johann-Schütte-Straße ist am späten Nachmittag zwischen den Häusern 35 und 41 weiträumig von der Polizei abgesperrt. Mehrere Polizeibeamte machen Fotos vom Ort des Geschehens. Zahlreiche Pylonen mit Nummern hinter dem Absperrband weisen auf Indizien hin, die von der Polizei gesichert worden sind. Einige Anwohner stehen vor den Häusern, andere kommen dazu, um sich kurzzeitig ein Bild zu machen. Die Lage ist zu diesem Zeitpunkt insgesamt ruhig.

Nach dem tödlichen Polizeieinsatz in der Johann-Schütte-Straße sicherten Beamte mehrere Spuren. © Christian Gerards

Zeugen aus der Straße sind gesprächig und zeigen teilweise Videos des Ereignisses aus verschiedenen Perspektiven. Darin zu sehen: Ein Mann mit nacktem Oberkörper geht zehn Schritte auf vier Polizeibeamte zu, dann bleibt er stehen. Kurz darauf geht er drei weitere Schritte auf die Polizisten zu. Dann sind vier Schüsse zu hören. Als die Schüsse fallen, ist er noch einige Meter von den Polizisten entfernt. Der Mann bricht getroffen zusammen. Als mehrere Polizisten auf ihn zustürmen, um ihn festzunehmen, versucht er - so zumindest scheint es auf den Videos - sich zu wehren. Wenig später folgt durch einen Rettungssanitäter noch eine Herzmassage, um den Mann zu stabilisieren. Zeugen berichten davon, dass der Rettungshubschrauber vor Ort war, der Mann aber mit dem Rettungswagen abtransportiert worden sei.

Mutter und Kinder vor Ort

Laut Zeugenaussagen sei der Mann aus einem nahegelegenen Tabakladen gekommen, wo er sich zuvor Zigaretten gekauft habe. Wie zu hören ist, sei das Messer, das er später auf der Straße in der Hand hält, nicht zu sehen gewesen. Vom Geschäft aus soll der Mann die Johann-Schütte-Straße entlanggelaufen sein, zwei Männer aus der Nachbarschaft sollen versucht haben, ihn zu beruhigen. Dann sei er von den Polizisten aufgefordert worden, das Messer hinzulegen. In der ersten Pressemitteilung der Polizei von 13.28 Uhr heißt es noch: „Eine Gefahr für die Bevölkerung besteht nicht.“

Kommentar Die tödlichen Schüsse auf der Schönau werfen Fragen auf - schon wieder

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Florian Karlein
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Zu diesem Zeitpunkt sind laut einer Anwohnerin bereits die Schwester und Mutter des Mannes und seine Kinder vor Ort und versuchen aus etwa 15 Metern Entfernung ebenfalls, auf ihn einzuwirken. Sie werden schließlich Augenzeugen, wie ihr Sohn, Bruder und Vater wenig später niedergeschossen wird. Zeugen beschreiben den Mann als ruhig und freundlich: „Er hat immer jeden gegrüßt“, sagt eine Anwohnerin.

„Der Mann hat sich von den Beamten entfernt, hat seine Jacke auf den Boden geworfen und ist dann mit nacktem Oberkörper auf die Polizisten zugegangen“, schildert ein Augenzeuge gegenüber dieser Redaktion das Geschehen. Er habe dabei mehrfach gerufen: „Erschießt mich doch.“ Laut der Aussage des Anwohners hätten die Polizisten etwa zehn Minuten auf den Mann eingeredet, bis die Schüsse schließlich fielen. „Die Austrittsstelle der Kugel war schon groß“, gibt ein Anwohner an.

Bei einem Polizeieinsatz im Mannheimer Stadtteil Schönau ist ein Mann gestorben. © René Priebe

Zwischendurch, so ein Mann, sei die Situation nach den Schüssen angespannt gewesen. Auf Videos sind hektische Schreie zu hören. „Einige Personen wollten auf die Polizei losgehen“, sagt er. Ihr Vorwurf - laut des Zeugen - gegenüber der Polizei: „Es gehe immer auf die Türken.“ Die Lage beruhigt sich aber dann doch wieder. Die Erschütterung über den Vorfall bleibt: „Dass so etwas einen Tag vor Heiligabend passiert, ist eigentlich nicht vorstellbar“, sagt ein Anwohner.

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Mohr: Wir bedauern den Tod

„Wir bedauern den Tod des Mannes“, sagt Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim. Derartige, tödliche Einsätze seien traurig für alle Beteiligten, den Getöteten, dessen Verwandte und Freunde, aber auch für die betroffenen Polizisten. Mohr begrüßt, dass das LKA die Ermittlungen übernommen hat. Die Stuttgarter Behörde habe, so heißt es in der Pressemitteilung von Samstagabend, in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft die Untersuchung des polizeilichen Schusswaffengebrauchs übernommen. Zeugen, die Videos aufgenommen haben, werden gebeten, sie auf dem Hinweisportal der Polizei hochzuladen.

bw.hinweisportal.de/schusswaffengebrauch-mannheim

Freie Autorin

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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