Mannheim. Das Haus des Jugendrechts feiert mit Polit-Prominenz, Gästen der Justiz, Polizei und Jugendhilfe, außerdem Kooperationspartnern Zehnjähriges. „Ein Erfolgsmodell mit Wirkung“ – diese Aussage zieht sich bei der Jubiläumsveranstaltung im Technischen Rathaus einem roten Faden gleich durch die Ansprachen.
Für die Wertschätzung der Einrichtung, die 2015 neue Wege wagte, spricht, dass aus der Landeshauptstadt Stuttgart sowohl Justizministerin Marion Gentges als auch der Stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl angereist sind. Und natürlich begrüßt Oberbürgermeister Christian Specht als Hausherr.
„Strafe als Chance“ nennt er das Leitmotiv für das Haus gelebter Kooperation, das bei Jugendstrafverfahren drei Behörden – nämlich Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe – unter einem Dach vereint. Und dies mitten in der Stadt im Anwesen Heinrich-Lanz-Straße 38. Frühe individuelle Beratung und schnelle Hilfen, so Specht, ebnen den Weg zurück in die Gesellschaft. „Das ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit und sozialen Integration in unserer Stadt.“ Spechts Dank gilt auch all den engagierten Kooperationspartnern.
Nahezu zwei Dutzend Institutionen und Vereine sind mit dem Haus des Jugendrechts auf vielfältige Weise vernetzt – ob der Bezirksverein für soziale Rechtspflege, das Förderband, das Kompetenzzentrum gegen Extremismus in Baden-Württemberg oder der Mannheimer Anwaltsverein, der schnell, unkompliziert und vor allem ohne Honorar jungen Menschen wie deren Familien Rechtsberatung gewährt.
Thomas Strobl: Innovative und maßgeschneiderte Lösungen finden
Wie immens wichtig gerade bei straffälligen Jugendlichen ist, innovative und maßgeschneiderte Lösungen zu finden, betont Thomas Strobl. Der Innenminister hebt hervor, dass in Baden-Württembergs 14 Häusern des Jugendrechts – in Mannheim entstand die dritte dieser Pioniereinrichtungen – „die Rädchen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe eng ineinander greifen“, was bundesweit als Blaupause diene. „Strafe muss auf dem Fuße folgen, gerade bei jungen Menschen“, erklärt Strobl – ebenfalls eine Botschaft, die in allen Reden ausgeleuchtet wird.
Wie es gerade den frühen Häusern des Jugendrechts gelungen ist, die Bevölkerung von einem ganzheitlichen Ansatz beim Umgang mit jungen Straftätern zu überzeugen, schildert Justizministerin Marion Gentges mit einer Anekdote. Als 1999 im Stuttgarter Bezirk Bad Cannstatt die allererste Modelleinrichtung etabliert wurde, umschrieb eine lokale Zeitung den Gegenwind der Bevölkerung mit der Schlagzeile: „Angst vor dem Haus des Jugendrechts!“
Umso erfreulicher sei, dass die Zahl jugendlicher Täter gesunken ist, wie Marion Gentges ausführt – „auch dank solcher Häuser“. Sie lobt den Einsatz aller Beteiligten in der jubilierenden Mannheimer Einrichtung: „Hier wirken Überzeugungstäter mit überproportionalem Engagement!“ Stellvertretend für alle würdigt sie Oberstaatsanwältin Sylvia Transier, die von Anfang an mit Herzblut dabei ist und vor dem Einführen elektronischer Fallakten entsprechende Papierordner hin und her geschleppt habe, damit ja keine wertvolle Zeit verloren ging.
Ein von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit des Mannheimer Polizeipräsidiums produzierter Film gibt nicht nur einen Einblick, wie die drei Behörden unter einem Dach zusammenarbeiten. In der kleinen Doku blitzt auch Enthusiasmus auf, Begeisterung darüber, etwas bewegen zu können: Auf dass Jugendliche in schwieriger Situation das Gefühl haben, nicht abgeschrieben zu sein und auch nach mehreren Straftaten noch eine Perspektive zu haben, sofern sie sich auf eine Kehrtwende einlassen. Berührungsängste mit Behörden abbauen.
Erfrischend führt Jamie Lee Imhoff, Leiterin des Jugendhauses Herzogenried und des Jugendtreffs Schwetzingerstadt, durch die Jubiläumsfeier. Und lebendig kommt auch der Steh-Talk rüber.
Carolin Mayer, Stefanie Borth und Sylvia Transier schildern aus Sicht der Jugendhilfe, Polizei und Staatsanwaltschaft, warum es wichtig ist, Berührungsängste mit Behörden abzubauen, weshalb Eltern einbezogen werden sollten, wieso gerade im Jugendstrafrecht ohne Zeitverlust gehandelt werden muss. Und dass es unerlässlich ist, sich im Team auf Augenhöhe zu begegnen.
Blick in die Zukunft mit neuen Wegen und Impulsen
Bei dem anschließenden Empfang mit Speis und Trank gibt es an Stehtischen Gelegenheit, sich auszutauschen und dabei auch in die Zukunft zu schauen. Sowohl die Justizministerin wie der Innenminister haben in ihren Ansprachen angekündigt, dass nicht nur landesweit die Häuser des Jugendrechts ausgebaut und ebenfalls in kleineren Städten etabliert werden sollen, es ist auch daran gedacht, die Kooperationen mit Blick auf zusätzliche Impulse zu erweitern.
Und dabei sind nach wie vor ungewöhnliche Wege und Projekte geplant. Beispielsweise hat sich bewährt, auf der Straße „verfeindete“ Jugendgruppen in Kampfsportgruppen, die Regeln und gegenseitigen Respekt auf besondere Weise vermitteln, zusammenzubringen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schnelle Strafen im Jugendstrafrecht machen Sinn