Mannheim. Rudert das Land Baden-Württemberg in Sachen Rheindammsanierung zurück und wird nun doch eine stählerne Hochwasserschutzwand in den alten Damm eingezogen anstelle des geplanten breiten Erddamms? Das zumindest erklärte Mannheims Bürgermeister und CDU-Politiker Christian Specht am vergangenen Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung im August-Bebel-Park. „Ich gehe davon aus, dass die Spundwandlösung kommen wird“, sagte da Specht und weiter: Nach seiner Einschätzung wird das Regierungspräsidium Karlsruhe einen neuen Vorschlag machen, der „sehr nah an unsere Vorstellung“ herankomme. Bäume würden allerdings auch bei dieser Lösung gefällt werden müssen. „Nur weniger.“
Specht kandidiert ja bekanntermaßen für das Oberbürgermeisteramt und stellt sich am Sonntag in einer Stichwahl SPD-Herausforderer Thorsten Riehle. Also alles nur Wahlkampfgetöse?
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Wohl nicht ganz. Seit geraumer Zeit gibt es das Gerücht, dass sich die Stadt Mannheim und das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Frage, wie der knapp vier Kilometer lange Dammabschnitt zwischen Grosskraftwerk Mannheim und Speyrer Straße saniert werden soll, auf einen Kompromiss geeinigt hätten. Streitpunkt ist, ob ein Erddamm mit zehn Meter breiten, baumfreien Zonen rechts und links nötig ist, was die Fällung von – so wird geschätzt – mindestens 2000 Bäumen im Waldpark zur Folge hätte. Oder aber ob eine Stahlwand, auch Spundwand oder Hochwasserschutzwand genannt, in den bestehenden Damm eingelassen werden kann. Nein, sagt (bislang) das Regierungspräsidium. Ja, sagen viele andere, unter anderem die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof (BIG) und die Initiative Waldpark sowie Ronald Haselsteiner, ein von der Stadt beauftragter Gutachter.
Kurz zur Erinnerung: Das Land Baden-Württemberg hat ein umfangreiches Dammertüchtigungsprogramm aufgelegt, das viele Rheinstellen und Städte betrifft. Unter anderem Mannheim. Für die Planung ist in dem Fall das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig, Genehmigungsbehörde ist die Stadt Mannheim.
Streitpunkt Dammverteidigung
Die Stadt hat allerdings mindestens noch einen weiteren Hut in dem komplexen Verfahren auf, sie ist Trägerin öffentlicher Belange, sie verfolgt das Vorhaben also kritisch – und hat deshalb oben genannten Gutachter beauftragt, Alternativen zu prüfen. Ergebnis des Gutachtens: Statt der Erdbauweise ließe sich auch eine durchgängige selbsttragende Spundwand in den bestehenden Damm einziehen, und so würden die meisten Bäume am und auf dem Damm erhalten.
Der Kompromiss, auf den sich Specht und andere beziehen, sieht nun Folgendes vor: Es gibt eine durchgehende Spundwand, aber auf der Deichkrone soll ein breiter Weg verlaufen, um den Damm im Kata-strophenfall begehen und etwa mit Sandsäcken verstärken zu können. Bedeutet: Es müssten trotzdem Bäume – womöglich sogar viele – gefällt werden.
Für Sabine Jinschek von der Initiative Waldpark wäre ein solcher Kompromiss inakzeptabel. „Ein breiter Weg auf der Deichkrone würde die Fällung aller auf dem Damm stehenden Bäume bedeuten.“ Laut dem Haselsteiner-Gutachten könnten demgegenüber bis zu 90 Prozent des Baumbestandes erhalten werden. Das Szenario, mit dem das Regierungspräsidium einen breiten Weg auf der Deichkrone begründe – nämlich ein Hochwasser und zeitgleich ein starker Sturm oder Orkan, der Bäume zum Umstürzen bringt, was dann die Verteidigung des Dammes erschwere –, sei überdies extrem unwahrscheinlich. „Im Übrigen kann das Umstürzen von Bäumen durch regelmäßige Kontrollen minimiert werden – und das ist ohnehin Aufgabe von Land und Stadt.“
Ulrich Holl von der BIG hat derweil noch einen anderen Termin im Blick: Ende September verhandelt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim über eine Klage der Stadt Rheinstetten sowie einer Bürgerinitiative, die sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss zu einem dortigen Dammprojekt richtet. In der Stadt südwestlich von Karlsruhe soll – unter anderem – der alte Damm abgetragen und ein neuer Damm gebaut werden, was, so die Stadtverwaltung, „zu massiven naturschutzrechtlichen Eingriffen führen würde, insbesondere auch zu starken Eingriffen in wertvolle Waldbestände“. Als Alternative hat die Stadt eine Hochwasserschutzwand vorgeschlagen.
Holl ist überzeugt: Vor dem VGH-Termin passiert in Mannheim nichts: „Wir gehen davon aus, dass das Regierungspräsidium diese Verhandlungen abwartet.“ Dass die Karlsruher Behörde ihre Pläne zurückzieht, glaubt Holl allerdings so oder so nicht: „Dies würde bedeuten, dass das ganze Verfahren neu aufgerollt werden müsste.“
Was das Regierungspräsidium selbst dazu sagt? „Aufgrund des aktuell laufenden Verfahrens können wir vorab leider keine Fragen beantworten.“
Die Stadt Mannheim wiederum verweist darauf, dem Regierungspräsidium bereits mehrfach signalisiert zu haben, dass man mit der eingereichten Planung „in dieser Form nicht einverstanden“ sei. Das Thema „Spundwand“ sei ein zentraler Punkt, so ein Sprecher des Umweltdezernats, und man stehe dazu mit der Karlsruher Behörde in Kontakt.
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