Das Mannheimer Universitätsklinikum ist das letzte auf der Liste der fünf Unikliniken, die Baden-Württembergs neue Wissenschaftsministerin Petra Olschowski im Rahmen ihres Antrittsbesuchs kennenlernt. Zwei Stunden lang durchläuft die Grünen-Politikerin gemeinsam mit Hans-Jürgen Hennes, dem Medizinischen Geschäftsführer und Ärztlichen Direktor des Klinikums, Sergij Goerdt, Dekan der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, sowie einem Tross aus Journalisten mehrere Abteilungen und legt dabei weite Wegstrecken zurück. „Das ist auch so beabsichtigt“, sagt Dirk Schuhmann, der Sprecher des Klinikums, augenzwinkernd, so solle die Notwendigkeit einer Neuen Mitte ersichtlich werden. Denn dort, in der „Neuen Mitte“, sollen Ambulanzen, OP-Säle, Stationen besser angeordnet, die Wege kürzer, die Effizienzen größer werden.
Doch dieses Großprojekt ist eines der vielen Baustellen, die das Klinikum derzeit zu bewältigen hat. Eine, auf der es immerhin vorangeht, ist der Neubau des Interdisziplinären Gefäßzentrums (IGZ). Dieser sei dank einer Spende des Mannheimer Unternehmers Manfred Fuchs überhaupt erst möglich geworden, erklärt der Leiter des Zentrums, Klaus Amendt, der Ministerin. „Künftig bekommt der Patient hier alles, er hat Beschwerden, wird untersucht, erhält die Diagnose und wird unter Umständen auch gleich behandelt.“ Dermatologen, Gefäßchirurgen, Neurologen, Radiologen arbeiten dafür Tür an Tür, auch hier eine Medizin der kurzen Wege.
Was wir haben, ist ein gemeinsames Zielbild
Wie wichtig im medizinischen Notfall der Zeitfaktor ist, weiß die Politikerin aus eigener Erfahrung, und sie erzählt, wie sie ihren Mann, der einen Schlaganfall erlitten hatte, mit dem Auto in die Klinik fuhr. „Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, dass die Behandlung ja schon im Krankenwagen beginnt.“
Weiter geht’s durch Flure und rote Außengänge. In der Integrierten Notfallversorgung erfährt Olschowski von Chefärztin Vera Pedersen, dass die Zukunft der medizinischen Versorgung in Mannheim längst begonnen hat. Integriert heißt, dass je nach Schwere der Erkrankung oder Verletzung der Patient ambulant versorgt wird oder, wenn tatsächlich notwendig, in der Notaufnahme. „Auf diese Weise können wir die Ströme besser lenken“, betont Pedersen und verweist auf die jüngste Stellungnahme der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“. Die empfehle nämlich genau das – ein integriertes Notfallzentrum, um Fehlinanspruchnahmen der Notaufnahmen und dadurch Überlastungen von System und Personal zu vermeiden.
Die Ministerin hört aufmerksam zu und darf, eine Station weiter, auch einmal selbst Hand anlegen. Im Lernkrankenhaus werden Medizinstudierende auf die praktischen Anforderungen im Berufsalltag vorbereitet und Olschowski probiert sich am Ultraschall- und Ohruntersuchungssimulator aus. „Sie können ruhig fester drücken, der sagt ,Aua’“, meint Jens Kaden, Ärztlicher Leiter des Lernkrankenhauses, während die Ministerin in ein künstliches Ohr blickt. Schließlich sollen die angehenden Ärzte ja lernen, wo die Grenzen ihrer Patienten sind.
Zum Schluss geht es noch in die Neonatologie. Mannheim habe in dem Bereich Geschichte geschrieben, wie Direktor Thomas Schaible erzählt. 1987 hat die Universitätsmedizin als erstes Krankenhaus in Europa ein Neugeborenes mittels Lungenersatzverfahren gerettet. Angeborene Fehlbildungen, Infektionen oder Unfälle können es nötig machen, dass Säuglinge oder Kleinkinder an ein ECMO-Gerät müssen, eine künstliche Lunge. Mehr als 800 Kinder wurden in Mannheim seitdem behandelt, eine hohe Zahl für eine seltene Erkrankung. Entsprechend groß sei die Expertise. „Hier haben wir eine Leuchtturmfunktion“, so Schaible.
Wie es mit dem Mannheimer Leuchtturm weitergeht? Um die Frage nach dem aktuellen Sachstand in Sachen Verbund zwischen den Unikliniken Mannheim und Heidelberg kam die Ministerin nicht herum. „Das Thema ist komplex“, sagte Olschowski. Es gibt, das ist seit geraumer Zeit bekannt, vier Modelle, wie ein künftiger Verbund aussehen könnte. Spätestens Ende März soll eine Entscheidung bekannt gegeben werden. Das sei auch weiter der Zeitplan, so die Ministerin. Es gehe vor allem um rechtliche Aspekte, die geklärt werden müssten. „Was wir haben, ist ein gemeinsames Zielbild, die Forschungsleistung zu stärken, das Studium zu garantieren und die Versorgung sicherzustellen.“ Die Stadt Mannheim werde weiter Teilhabe an dem Verbundmodell haben. Zugleich bremste Olschowski Erwartungen an eine schnelle Lösung, etwa, was die großen Geldprobleme in Mannheim angehe. „Das wird ein langjähriger Prozess werden.“
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