Mannheim. Die Abholung eines verstorbenen Babys aus der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) durch einen Bestatter hat für viel Wirbel in den sozialen Medien gesorgt. Der Bestatter durfte mit dem Wagen nicht auf das Gelände und hat daraufhin auf dem öffentlichen Parkplatz am Neckarufer geparkt. „Wir sind pragmatisch, haben uns den Sarg geschnappt und sind damit einmal quer über das Klinikgelände gelaufen.“ So ist es in dem Facebook-Beitrag von Tobias Göck, Geschäftsführer der Bestattungshilfe Göck in Speyer, zu lesen. Die Empörung bei Facebook über seine Erlebnisse ist groß.
Auf Nachfrage des „MM“ bei der Bestattungshilfe ist zu erfahren, dass sie zuvor von der Kinderklinik angerufen und darum gebeten worden war, das Baby auf der Station abzuholen. Dann sollte es ins Kinderhospiz Sterntaler nach Dudenhofen gebracht werden, damit die Eltern sich dort von ihrem toten Kind verabschieden können. Die Pathologie, wo die Verstorbenen normalerweise in der UMM abgeholt werden müssen, war zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen.
Abholung nur in der Pathologie
„Uns ist bekannt, wie man Verstorbene in der UMM abholt. Der Eingang zur Pathologie ist seitlich gegenüber dem Hauptfriedhof. Man kann von der Straße aus ein bisschen versteckter dorthin fahren und muss nicht auf das Gelände“, sagt Göck. Bei Kindern sei die Abholung jedoch oft anders als bei Erwachsenen und gehe nicht immer über die Pathologie. Man müsse individuell hinhören, was die Angehörigen möchten.
Um möglicherweise einen für die Eltern wichtigen Tag zum Abschiednehmen zu gewinnen, haben die Bestatter das Baby dann zu Fuß abgeholt und in dem kleinen Sarg über das Gelände zum Parkplatz getragen. Über das so bei Facebook Geschilderte zeigen sich die Leser erst einmal schockiert: Viele haben nicht verstanden, warum der Leichenwagen nicht aufs Gelände fahren darf. „Wir wollten keinen Shitstorm auf das Klinikum loslassen, sondern auf den Missstand hinweisen“, sagt Göck und bezeichnet die emotionsgeladenen Kommentare als unpassend: „Ich fand es sehr positiv, dass wir das ausnahmsweise machen durften und dort noch abholen konnten. Es war nur unverständlich, warum wir da nicht hinfahren durften.“ Doch der Shitstorm ist längst da. Der Beitrag bekommt 235 „Likes“, 87 Kommentare und wird 574 Mal geteilt. Dass der Leichnam zu Fuß über den Klinik-Campus getragen wird, findet hingegen keiner der Kommentatoren pietätlos. Dabei ist es in Krankenhäusern in Deutschland üblich, alle Verstorbenen an einem zentralen Ort an die Bestatter übergeben - nämlich im Institut für Pathologie, das dafür an der Universitätsmedizin Mannheim die besagte Zufahrt von der Röntgenstraße hat. Dort würden auch die in einem Todesfall unumgänglichen Formalitäten erledigt, erklärt Kliniksprecher Dirk Schuhmann. In der Pathologie werden die Verstorbenen außerdem bis zur Abholung aufbewahrt, wofür die Stationen nicht geeignet sind. Diese Regelung gibt es etwa auch am Uniklinikum Heidelberg, wie ein Pressesprecher auf Nachfrage mitteilt: Verstirbt in den Kliniken am UKHD ein Patient, wird der Verstorbene in das Pathologische Institut gebracht, das sich auf dem Medizin Campus im Neuenheimer Feld befindet. Dort findet auch die Übergabe an Bestatter statt.
Zu dem konkreten Fall drückt Schuhmann sein Mitgefühl aus. „Der Tod eines Kindes ist eine unglaublich schwere emotionale Belastung. Daher unterstützen wir die Eltern dabei, würdig Abschied von ihrem verstorbenen Kind zu nehmen, und haben zum Beispiel einen durch private Spenden finanzierten Abschiedsraum speziell für verstorbene Patienten der Klinik für Neugeborene eingerichtet.“ Auch die Klinikseelsorge, die Ärzte und das Pflegepersonal stünden den Eltern in dieser schwierigen Situation nach Kräften zur Seite.
Fehlerhafte Auskunft
Warum der Bestatter jenseits der Abholzeiten der Pathologie zur Kinderklinik gerufen wurde, liegt in einem bürokratischen Fehler ohne jede böse Absicht: Beim Anruf aus der Kinderklinik bei dem Bestatter habe eine Ärztin, die erst kürzlich an die UMM gewechselt sei, eine fehlerhafte Auskunft zu den Abläufen gegeben. „Das liegt möglicherweise darin begründet, dass das frühere Krankenhaus der Ärztin aus einem einzelnen großen Gebäude besteht, das auch von Bestattern angefahren werden muss“, erklärt Schuhmann und entschuldigt sich im Namen der UMM mehrfach für die fehlerhafte Auskunft und die dadurch bei dem Bestatter entstandene Verwirrung. Der Fahrer des Bestattungsunternehmens sei bei seinem Eintreffen an der Einfahrt zum UMM-Campus von den Mitarbeitern vor Ort völlig korrekt an das Institut für Pathologie verwiesen worden. Die Ärztin sei inzwischen über die üblichen Abläufe an der UMM informiert.
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