Mannheim. Nach mehr als 50 Jahren geht eine weitere Ära im Mannheimer Einzelhandel vorerst zu Ende. Interior Design Wirthwein, ein Fachgeschäft für exklusive Einrichtungen, wird Ende Juni schließen. „Das hatte ich nicht vor“, sagt Inhaberin Maria Imperl, „ich hätte gerne noch weitergemacht“. Vor einiger Zeit jedoch hat der Vermieter fristgerecht den Mietvertrag für das Ladengeschäft in der Berliner Straße 19 gekündigt. Für Imperl war das ein harter Schlag. Ihre Bereitschaft, auch eine höhere Miete zu bezahlen, half nichts. Die Immobilie sei verkauft worden. Der Eigentümer hat mit den Räumlichkeiten andere Pläne. Deshalb läuft nun der Ausverkauf.
Vor Ort beim Kunden ausgestaltet
Wertige Decken-, Stand- und Tischleuchten, Kleinmöbel, Spiegel, gerahmte Bilder und Accessoires - was in dem kleinen Geschäft in der Berliner Straße unweit des Nationaltheaters zu sehen ist, zeigt nur einen kleinen Teil dessen, womit der Firmengründer Ludwig Wirthwein die Wohnungen und Häuser seiner Kundinnen und Kunden eingerichtet hat. Viele der Öl- und Aquarellbilder stammen von ihm, erzählt die Inhaberin. „Er war sehr kreativ.“
Das kam ihm auch bei der Ausgestaltung der Wohnungen zugute. Mit seinen Ideen und viel Individualität hat er die Einrichtungen vor Ort bei den Kunden geplant. „Teilweise hat er Häuser oder Villen vom Rohbauzustand aus eingerichtet“, sagt Imperl. Das heißt, auch mit Wand- und Bodenbelägen oder Marmorbädern ausgestattet. Dafür hat Wirthwein mit Partnerfirmen aus dem In- und Ausland kooperiert, die die Planungen dann ausgeführt haben. Die Kunden seien aus dem gesamten süddeutschen Raum gekommen, auch aus dem Ausland wie etwa Luxemburg.
Angefangen hatte der Geschäftsmann in den Quadraten, mit einem Laden in O 7. Nach fünf Jahren zog er in die Hebelstraße am Nationaltheater um, wo das Einrichtungshaus etwa 30 Jahre beheimatet war. Vor 17 Jahren - in einem Alter, in dem sich andere längst zur Ruhe gesetzt haben - wechselte Wirthwein abermals die Räumlichkeiten, an den heutigen Standort in der Berliner Straße. Vor gut zwei Jahren starb Ludwig Wirthwein. Seit seinem Tod führt Maria Imperl, die schon seit 1975 seine Geschäftspartnerin ist, den Laden in seinem Sinne weiter.
In diesen bald 50 Jahren hat sie miterlebt, wie sich das Kauf- und Konsumverhalten verändert hat. „Früher hat man Möbel fürs Leben gekauft“, sagt sie. Wenn etwa Polstergarnituren nicht mehr ansehnlich gewesen seien, habe man sie neu überzogen und viele weitere Jahre genutzt. Das sei möglich gewesen, weil die Möbel von guter Qualität waren. Heutzutage werde dagegen schnell etwas Neues, Günstiges gekauft. „Wir sind eine Wegwerfgesellschaft geworden.“
„Mannheim ist stehengeblieben“,
Und auch das Ladenumfeld hat sich verändert. „Mannheim ist stehengeblieben“, kritisiert Imperl, alles richte sich nach dem Radverkehr. Vor drei Jahren seien vor ihrem Laden die Parkplätze abgeschafft worden, zugunsten einer benachbarten Gastronomie. „Acht Monate im Jahr werden die Plätze aber nicht genutzt“, kritisiert sie. Ihre Kunden reisten überwiegend mit dem Auto an. „Wenn sie die Autos vertreiben, vertreiben sie auch die Kunden. Die kommen dann nicht mehr nach Mannheim.“
Bald muss Imperl ihren Laden ausräumen. Ob es wirklich das endgültige Aus für das Einrichtungsgeschäft ist, lässt sie mit einem Satz noch offen: „Kunst und Wohnkultur ist von Ludwig Wirthwein in der Berliner Straße nicht zu Ende.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wieder-geht-ein-mannheimer-traditionsgeschaeft-_arid,2077227.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html