Es ist noch nicht viel los auf den Straßen in den Mannheimer Quadraten, um 8 Uhr morgens und bei minus fünf Grad Celsius. Ein Mann mit grauem Rauschebart schlurft um die Häuserecke, er humpelt und stützt sich mit einer Hand auf ein rohes Holzbrett. Sein Ziel: Die Obdachlosen-Tagesstätte der Caritas in D 6, wo es ab 8.30 Uhr Frühstück und etwas Warmes zu trinken gibt. Zusammen mit einem Dutzend anderen Obdachlosen wartet er darauf, dass die Tür geöffnet wird.
Kostenloses Frühstück für Obdachlose in Mannheim
Bei frostigen Temperaturen gibt es für wohnungslose Menschen verschiedene Hilfen. Die Obdachlosen-Tagesstätte der Caritas ist nur eine davon. Hier gibt es wochentags täglich von 8.30 bis 12.30 Uhr ein kostenloses Frühstück und später ein Mittagessen für einen Euro. Drei Mal pro Woche kommen eine ehrenamtliche Krankenschwester und eine Ärztin vorbei, um die Wohnungslosen medizinisch zu versorgen. Dienstags und donnerstags können die Wohnungslosen sich in der Kleiderkammer mit neuer Kleidung und Schuhen versorgen, aber auch ihre Wäsche waschen lassen.
Wie Obdachlosen helfen?
- Wenn Passanten einen hilflosen oder unterkühlten Obdachlosen vorfinden, rät die Stadtverwaltung dazu, die Notfallnummer 112 anzurufen. Rettungsdienst oder Polizei können dann vor Ort feststellen, welche Notlagen bestehen und ob eine ärztliche Versorgung erforderlich ist.
- Sie setzt sich bei Bedarf mit der Wohnungslosenhilfe der Stadt Mannheim und der Notübernachtungsstelle in Verbindung oder veranlasst weitere Hilfen.
Bei der Caritas in Mannheim können sich Obdachlose mit Kleidung eindecken
Normalerweise kommen täglich etwa 60 Personen, doch es ist Vesperkirche, und viele Obdachlose sind auch dort. Heute haben sich nur 15 Personen in der Kleiderkammer angemeldet. Sie bekommen Zettel mit Nummern und werden dann nacheinander hineingebeten, um sich selbst zu holen, was sie benötigen. „Wir brauchen einen Stock oder eine Krücke“, übersetzt einer der Besucher für einen anderen, der kein Deutsch spricht. Er hat Glück, dass es einen verstellbaren Gehstock im Vorrat gibt, den er nun gegen das Holzbrett eintauscht. Beide Männer packen die Kleidungsstücke in eine Tasche, Madlen Steger trägt in Karteikarten ein, was mitgenommen wird. „Dicke Jacken, Schuhe, Handschuhe, Mützen, Rucksäcke, Isomatten und Schlafsäcke brauchen wir gerade besonders“, sagt sie.
Bei Temperaturen unter Null fährt der Kältebus in Mannheim an die Übernachtungsplätze der Obdachlosen
Bei Temperaturen um null Grad oder darunter fährt der Kältebus der Stadt Mannheim in den Abendstunden die bekannten Platten, also die Schlafplätze der Obdachlosen, an. Die Mitarbeiter des Kältebusses geben dann die Adressen der Anlaufstellen weiter, versorgen nach Bedarf Obdachlose vor Ort mit Schlafsäcken oder warmen Getränken und bieten die Möglichkeit, direkt im Bus zur Übernachtungsstelle in der Bonadiesstraße mitzufahren. „Manche nehmen einen Tee, aber niemand will mit“, berichtet Hubert Ogon, Leiter der städtischen Wohnungslosenhilfe, im Gespräch mit dem „MM“.
Manche wollen die Hilfsangebote nicht annehmen und lieber im Freien bleiben, obwohl die Nutzung der Übernachtungsstelle, wo die Identität der Übernachtenden geprüft wird, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt für jeden offen ist. „Sie sind froh, wenn es wieder warm wird und wir nicht jeden Tag vorbeikommen und fragen, wie es ihnen geht.“
In Mannheim leben laut Stadtverwaltung zwischen 40 und 80 Menschen auf der Straße
Dass sich Bürger bei großer Kälte Sorgen um Obdachlose machen und die Mitarbeiter des Kältebusses anrufen, kann er gut verstehen. Die Sorge ist aus seiner Sicht jedoch nicht begründet: Diese Menschen seien nicht nur im Winter, sondern ganzjährig in Not. Bis minus fünf Grad erfriere niemand. Es müsse aber vor allem niemand draußen bleiben, der es nicht will. „Die Räume für die Obdachlosen sind nur zur Hälfte belegt“, berichtet Ogon. Nach seinen Angaben leben in Mannheim zwischen 40 und 80 Menschen auf der Straße.
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Insgesamt stellen sechs Wohlfahrtsorganisationen Angebote für wohnungslose Menschen bereit. Darunter eine Beratungsstelle für wohnungslose Frauen, eine Tagesstätte für alleinstehende Menschen ohne Wohnung, Sonntagseinladungen mit Mittagessen der Pfarreien. Im Herschelbad haben Obdachlose mittwochs und freitags die Möglichkeit, ein heißes Bad zu nehmen. Von diesem Angebot wurde im vergangenen Jahr allerdings nur 324 Mal Gebrauch gemacht, wie die ehrenamtliche Mitarbeiterin Waltraud Helm berichtet. Vor Corona seien es noch 800 bis 900 Nutzungen gewesen. Berührungsängste mit den Besuchern hat sie nicht. „Man braucht keine Angst vor denen zu haben. Die Obdachlosen, die hierher kommen, sind alles liebe Menschen mit denen man sich nett unterhalten kann.“
In der Kleiderkammer der Caritas hat sich einer der Obdachlosen mit neuer Kleidung eingedeckt und erklärt sich gern zu einem Gespräch bereit. Er lebt seit 20 Jahren in Mannheim und ist fast jeden Tag in der Obdachlosen-Tagesstätte der Caritas. Am Wochenende, wenn die Tagesstätte geschlossen ist, hält er sich im Café Anker, in der Vesperkirche oder in der Bahnhofsmission auf. „Manche machen Musik, manche betteln. Ich bin tagsüber unterwegs, Pfand sammeln“, sagt er. In der Bonadiesstraße habe er noch nicht übernachtet. Vielleicht ist er einer derjenigen, die lieber im Freien bleiben wollen. „Wenn es kalt ist, schlafe ich in der Tiefgarage, wo es warm ist, oder im Vorraum bei der Bank.“
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