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Kein Geld für Lebensmittel: Unterwegs mit der Mannheimer Tafel und in einer Suppenküche

Immer mehr Mannheimerinnen und Mannheimer sind bei Lebensmitteln auf Unterstützung angewiesen. Wir haben zwei Helfer bei der Tafel und in einer Suppenküche einen Tag lang begleitet

Von 
Sophia Gehr
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Der Tafelladen auf der Rheinau: Bis zu 100 Menschen kaufen hier laut Ladenleitung Janina Rusakiewicz (l.) täglich ein. © Malix

Mannheim. Der weiße Sprinter füllt sich mit Lebensmitteln. In den Kisten befinden sich unter anderem Orangen, Bananen, Karotten und Salatköpfe – manche zwar mit leicht braunen Stellen, aber ansonsten in gutem Zustand.

Auf mich wirkt das Fahrzeug gegen 6.50 Uhr an diesem Mittwochmorgen bereits gut beladen. Doch Wolfgang Schmidt ist noch nicht zufrieden. Er arbeitet seit fast zehn Jahren bei der Mannheimer Tafel und sammelt die Lebensmittelspenden von Supermärkten, Tankstellen oder Bäckereien ein.

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„Wir müssen mit der heutigen Ware drei Tafelläden beliefern, das wird manchmal knapp“, berichtet er. Der Rewe in Altlußheim ist die erste größere Station auf seiner täglichen Tour. An insgesamt 25 Stopps in Mannheim und der Region laden Schmitt und sein Kollege Bülent Sivri rund 100 Kisten ins Fahrzeug.

Vor einigen Jahren seien das noch deutlich mehr gewesen, so Schmidt. Ein Grund: Supermärkte kaufen aktuell weniger ein, weil Verbraucher zurückhaltender geworden sind. Was wiederum unter anderem an den gestiegenen Lebensmittelpreisen liegt. Dadurch bleibt weniger für die Tafeln übrig. Das bestätigt auch eine Kundin am Mittag im Tafelladen Mannheim-Rheinau.

Rund eine Stunde Wartezeit

Ich spreche mit ihr erst, nachdem sie die Lebensmittel in die Einkaufskörbe gepackt hat. Das Risiko, dass nach unserem Gespräch Ware bereits vergriffen sein könnte, war ihr zu groß. Zuvor hatte sie bereits eine Stunde vor dem Laden gewartet, bis sie von den Mitarbeitern aufgerufen wurde. Sie will nicht namentlich als Käuferin in der Zeitung auftauchen. Es sei ihr ein bisschen peinlich, hier einzukaufen, so die Frau.

In ihren beiden Einkaufskörben sind vor allem Obst, Gemüse, Käse und Kekse für ihre Kinder gelandet. Seit drei, vier Jahren kauft sie bereits im Tafelladen ein. „Ohne die Tafel, hätten wir daheim zu wenig Essen“, sagt sie. Fleisch habe sie sich aufgrund der gestiegenen Lebensmittelpreise schon länger nicht mehr leisten können.

Wolfgang Schmidt bringt die Spenden in die Mannheimer Tafelläden. © Malix

Rund 5000 bis 6000 Menschen versorge die Tafel Mannheim wöchentlich mit Lebensmitteln, berichtet Manuel Wamser, Leiter der Tafel. Das stemmen 140 Mitarbeitende – hauptamtliche und ehrenamtliche.

Auch Wamser bestätigt: Die Zahl und auch Art der Lebensmittel schwanke täglich. „Wir können den Menschen nicht komplett die Kühlschränke füllen, wir können nur unterstützen“, sagt er.

Laut Ladenleitung Janina Rusakiewicz kaufen auf der Rheinau täglich 80 bis 100 Menschen ein. Seit vergangenem Jahr sei die Zahl der Kunden gestiegen. Nach Angaben der Tafel Deutschland suchen seit Kriegsbeginn in der Ukraine bis zu 50 Prozent mehr Menschen Unterstützung bei den Tafeln.

Nachweis für Bedürftigkeit nötig

Zum Einkauf berechtigt ist, wer beispielsweise durch einen Renten-Bescheid oder über das Jobcenter seine Bedürftigkeit nachweisen kann. Dann bekommt man den sogenannten Tafel-Ausweis. Die Lebensmittel in den Tafelläden würden maximal ein Drittel vom Ursprungspreis kosten. „Meist eher ein Fünftel“, so Wamser.

In der „Suppenschüssel“ in der Oststadt bereiten rund 15 Ehrenamtliche jeden Donnerstag ein warmes Mittagessen zu. © Malix

Dass es sich bei der Ware um von den Supermärkten aussortierte Ware handelt, stört die Kundinnen und Kunden auf der Rheinau nicht. „All die Lebensmittel sind im Kühlschrank noch einige Tage haltbar“, erzählt eine Frau in der Warteschlange vor dem Laden.

Ein paar Stunden zuvor, zurück in Schmidt’s Transporter: Um 7.30 Uhr kommen wir an der Lieblingsstation des Tafel-Mitarbeiters an: der Bäckerei Bauer in Neulußheim. „Das Brot, das wir hier gespendet bekommen, ist immer frisch. Da ist nichts von gestern dabei“, erzählt Schmidt. „Leider sind wir hier nur einmal in der Woche. So eine Station würde uns jeden Tag guttun.“

So können Sie helfen

 

  • Der Tafelladen in der Plankstadter Straße 28 in Mannheim-Rheinau hat montags, mittwochs und freitags von 12.30 bis 16.30 Uhr geöffnet. Weitere Tafelläden gibt es in der Neckarstadt und auf der Schönau.
  • Mitarbeit im Tafelladen vor Ort, im Fahrdienst beim Einsammeln der Lebensmittel oder bei Spendenaktionen: Ehrenamtliche werden bei der Tafel immer gebraucht.
  • Auch über finanzielle Unterstützung freut sich die Tafel Mannheim. Bankverbindung: DRK-Kreisverband Mannheim e.V. Bank für Sozialwirtschaft. IBAN: DE82370205000005367800. BIC: BFSWDE33XXX.
  • Die EmK-Suppenschüssel gibt es bereits seit 1999. Ein warmes Mittagessen gibt es jeden Donnerstag, ab 11 Uhr – außer im Januar während der Vesperkirche und im August.
  • Die gesamten Kosten werden durch Spenden getragen. Bankverbindung: Sparkasse Rhein-Neckar-Nord. IBAN: DE29670505050030263286. BIC: MANNSDE66XXX. Verwendungszweck „Suppenschüssel“.
  • Achtung: Die Suppenschüssel sammelt auf der Straße keine Spenden und nimmt Spenden nur per Banküberweisung entgegen. Sollten Sie also in Mannheim auf der Straße angesprochen werden, handelt es sich hier nicht um die Ehrenamtlichen der EmK. soge

Schmidt war vor seiner Zeit bei der Tafel Mannheim über einen längeren Zeitraum krank gewesen. Zur beruflichen Wiedereingliederung machte er dann ein Praktikum beim Deutschen Roten Kreuz – und ist geblieben. Seitdem beginnt für ihn die Fahrt mit dem Transporter jeden Morgen, um 6.30 Uhr. Auch bei Minusgraden, so wie heute.

Auch für die Ehrenamtlichen in der Suppenküche der evangelisch-methodistischen Gemeinde in der Mannheimer Oststadt beginnt der Tag früh am Morgen. Hier treffe ich Christa Krieger. An fast jedem Donnerstag im Jahr bereitet sie gemeinsam mit rund 15 weiteren Ehrenamtlichen für 100 bis 120 Menschen ein warmes Mittagessen zu. Heute gibt es Bratwürste mit Kartoffeln und Rotkraut.

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„Eine warme Mahlzeit am Tag ist viel wert“, sagt einer der Gäste an diesem Donnerstagvormittag. Er ist obdachlos und kommt bereits seit zehn Jahren jede Woche vorbei. An anderen Wochentagen besucht er beispielsweise eine Suppenküche in Ludwigshafen. Jeder, der sich ein Mittagessen nicht leisten kann, bekommt im Gemeindesaal in Mannheim ab 11 Uhr ein Gericht. Die Bedürftigkeit wird nicht überprüft. Die Zutaten werden über Spenden finanziert.

Christia Krieger kocht jeden Donnerstag für 100 bis 120 Bedürftige. © Malix

Seit mehr als 15 Jahren dabei

Krieger ist bereits seit mehr als 15 Jahren Teil der „Suppenschüssel“, wie sich die Suppenküche in der Viktoriastraße nennt. „Nicht immer bekommt man für die Arbeit ein Dankeschön. Aber nicht gemeckert ist ja auch schon fast bedankt“, sagt sie und lacht. Dass die Suppenküche eine Anlaufstelle ist, die gebraucht und geschätzt wird, zeigt sich auch an der Schlange, die sich ab 10.30 Uhr vor der Eingangstür des Gemeindesaals bildet.

Meist bleibe es in der Suppenschüssel friedlich, so Krieger. Auch wenn mache Gäste angetrunken oder manchmal auch auf Streit aus seien. „Wir sind immer eine fröhliche Truppe“, sagt die Seniorin. Das betont auch einer der Gäste. Er komme nicht nur wegen des warmen Essens, sondern auch wegen der Ehrenamtlichen, die von Tisch zu Tisch gehen und sich mit den Gästen unterhalten. „Meine Rente reicht nicht“, sagt der Mann. Auch er ist deshalb jeden Donnerstag hier.

Redaktion Online-Redakteurin, zudem zuständig für redaktionelle Videos

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