Neues Führungsmodell

Wie das Mannheimer Kultlokal „Café Vienna“ gerettet wurde

Nach dem Tod des Gründers sah es nicht gut aus für das "Café Vienna". Doch dank eines Trios können Mitarbeiter und Stammgäste des Mannheimer Kultlokals aufatmen

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Tanja Capuana
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Francisco Santos Quiroz (v.l.), Vanessa Hotzelt und Lukas Ogiejko leiten nun das „Café Vienna“. Das Motto auf der Tafel rechts oben passt dazu. © Tanja Capuana

Gemütliche Wohnzimmeratmosphäre mit einem Serviceteam, das die Gäste stets mit einem freundlichen Lächeln begrüßt: Wer das „Café Vienna“ betritt, fühlt sich ein bisschen wie bei einem Besuch der Lieblingstante. Das Restaurant, das sich einen Steinwurf vom Marktplatz in S 1 befindet, ist aus der Mannheimer Gastronomieszene nicht mehr wegzudenken. Bekannt ist das Kultcafé nicht zuletzt für sein gutes Preis-Leistungsverhältnis. „Wenn man gut besucht ist, kann man es sich auch leisten, die Preise niedriger zu halten“, sagt Mitarbeiter Lukas Ogiejko.

Peter Adomeit eröffnete die Kultkneipe an diesem Ort 2006, als Nachfolger des seit 1984 bestehenden „Old Vienna“ in U 1, wo sich inzwischen die Abendakademie befindet.

Eröffnung im Dezember mit neuem Leitungsmodell

Nachdem das „Café Vienna“ den Lockdown dank kreativer Ideen wie Essenslieferungen per Fahrrad und Spenden von Stammgästen überstehen konnte, kam Anfang September der nächste Rückschlag: Inhaber Adomeit, die gute Seele der Kultstätte, starb und das Lokal schloss. Doch am 1. Dezember eröffnete es wieder unter einem neuen Leitungsmodell. Die Mitarbeiter Lukas Ogiejko und Francisco Santos Quiroz sind nun Gesellschafter, ihre Kollegin Vanessa Hotzelt ist Geschäftsführerin.

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Als Adomeit starb, stand die Belegschaft unter Schock. Zur Trauer um ihren Chef kam die Ungewissheit, ob und wie es mit dem „Café Vienna“ weitergehe. „Wir stellten uns die Frage, ob es jemand weiterführen würde und wer dafür in Frage käme“, sagt Ogiejko. In einem war sich das Team sicher: dass man diesen Ort bewahren und das Lokal wieder aufmachen sollte.

Trio wird ins kalte Wasser geworfen

Auch für die Angestellten ist das Café Vienna mehr als nur ein Job; mit viel Leidenschaft und Enthusiasmus bewirten sie die Gäste. Es folgten Gespräche mit der Familie, denn es gab auch Überlegungen, ob von den Erben jemand in diesem Bereich aktiv werden wollte. Es habe sich aber gezeigt, „dass kein Interesse an einer Übernahme vom Café Vienna bestand und wir es selbst in die Hand nehmen müssten“, berichtet Ogiejko. Die Erben seien über diesen Vorschlag froh gewesen. „Sie haben gesagt, dass es schön ist, dass wir weitermachen.“ Auch die Stammgäste freuten sich.

„Es ist alles neu, da merkt man erstmal, was alles dahintersteckt

Auf das Trio kommt nun einiges zu. Hotzelt informierte sich bei einem Steuerberater. „Gleichzeitig wurden wir aber auch ins kalte Wasser geworfen“, sagt die 41-Jährige. „Es ist alles neu, da merkt man erstmal, was alles dahintersteckt.“ Man könne zwar einerseits auf die Erfahrungen zurückgreifen, die man in manchen Bereichen gemacht hat, so der 25-jährige Ogiejko. „Aber in dem Maße, dass man so viel organisieren muss und für alles zuständig ist, das ist für uns alle noch neu. Man wächst da aber über sich selbst hinaus.“

Angst vor der Selbstständigkeit hatten die drei Mannheimer nicht. Im Gegenteil. Vor allem Santos Quiroz hatte schon immer von einem eigenen Restaurant geträumt. „Hier oder in meiner Heimat Mexiko“, fügt er lächelnd hinzu. Der 38-Jährige hat bereits in Spanien, Frankreich und Schottland gelebt und in vielen Küchen gearbeitet.

Konzession kommt nur wenige Stunden vor Eröffnung

Zu den größten Herausforderungen zählte etwa, dass der Ansturm permanent sei, sagt Hotzelt. Ogiejko erzählt: „Überhaupt die Genehmigung zu bekommen war eine Hängepartie.“ Am Ende habe es Wochen gedauert, bis die Konzession da gewesen sei - und zwar erst wenige Stunden vor der Eröffnung.

Das „Café Vienna“ hat jetzt einen neuen Besitzer. © Tanja Capuana

Das Trio ist Durststrecken gewohnt. Auch während Corona musste man kämpfen. Es habe viele Situationen gegeben, in denen sie nicht gewusst hätten, ob sie alle Mitarbeiter behalten könnten, sagt Ogiejko. Manche vom Team hätten sich während des Lockdowns beruflich anderweitig orientiert, andere seien zurückgekommen.

Montags vorerst noch Ruhetag

Derzeit gehören zwischen 15 und 20 Mitarbeiter zum Team, darunter auch Studenten und Minijobber. „Für die Küche suchen wir auf jeden Fall noch Leute“, sagt Hotzelt, die wie Gesellschafter Santos Quiroz vor allem in der Küche tätig ist. „Man kann sich aber immer auch gern an der Bar bewerben“, sagt Ogiejko.

Das hält die Speisekarte bereit

Auf den Tisch kommen deutsche Gerichte und auch vegane Köstlichkeiten. Zu den beliebtesten Speisen gehören Tofuburger, veganes Gyros, Käsespätzle und Pfannkuchen. „Es gibt auch internationale Tagesessen“, so Santo Quiroz. Derzeit ist das Restaurant an sechs Tagen offen, mit dem Montag als Ruhetag.

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„Mittelfristig wollen wir aber wieder wie früher an sieben Tagen der Woche geöffnet sein“, kündigt Ogiejko an. Am bewährten Konzept halten die neuen Betreiber fest. „Weil wir genau das erhalten wollen“, sagt Ogiejko. „Es ist ein Platz für alle, wo man sich wohlfühlen kann. Egal, wer man ist und woher man kommt.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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