Justus-von-Liebig-Schule

Wie Berufsvorbereitung in Mannheim besser gelingen kann

In Zeiten des Fachkräftemangels hat Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) die Mannheimer Justus-von-Liebig-Schule besucht. Gesprächsthema waren die Herausforderungen der Berufsvorbereitung

Von 
Kai Plösser
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Schulleiterin Sienknecht (2. v. l.) führte unter anderem Kultusministerin Schopper (3. v. r.), den Fraktionsvorsitzenden Schwarz (2. v. r.) und die Landtagsabgeordnete Aschhof (r.) durch die Schule. © Christoph Blüthner

Mannheim. An allen Ecken und Enden fehlt es nicht nur an Fachkräften, sondern auch allgemein an Arbeitskräften. Helfen können dabei vor allem die beruflichen Schulen, die die Fachkräfte von morgen ausbilden. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn die Einrichtungen haben mit allerhand Herausforderungen zu kämpfen - genauso wie die Schülerinnen und Schüler selbst.

Das wird auch an der Justus-von-Liebig-Schule in Mannheim deutlich. „Wir suchen immer nach neuen Lösungen. Wir müssen auf das, was kommt, reagieren“, sagte Schulleiterin Marianne Sienknecht am Montag bei einem Besuch des Arbeitskreises Bildung der Grünen-Landtagsfraktion. Mit dabei waren unter anderem die Mannheimer Landtagsabgeordnete Susanne Aschhof, Kultusministerin Theresa Schopper und der Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz. Das Thema: die Herausforderungen einer besseren Berufsvorbereitung sowie Berufsorientierung.

Die Justus-von-Liebig-Schule bietet rund 1000 Schülerinnen und Schülern eine Heimat. 523 davon befinden sich in der Berufsorientierung. Das Ziel: Schülerinnen und Schüler innerhalb eines Jahres auf die Ausbildung vorzubereiten. Doch bei der Vielfalt und Diversität, die an der Justus-von-Liebig-Schule herrscht, ist das kaum möglich. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, zu unterschiedlich der Bedarf an Unterstützung. Verschiedene Welten treffen hier aufeinander und müssen von den rund 100 Lehrerinnen und Lehrern fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden.

Deutschkenntnisse als Hindernis

Die Schule versuche zwar, den Schülerinnen und Schülern mit möglichst gezielter individueller Förderung zu helfen. Doch oft scheitert es schon an der deutschen Sprache. Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler sei weniger als fünf Jahre in Deutschland. Rund 650 Schülerinnen und Schüler hätten einen Migrationshintergrund.

„In der Berufsschule sind Auszubildende, die nicht genügend Deutschkenntnisse haben“, betonte Sienknecht. Diese würden von den Betrieben oft nicht eingestellt. „Wir brauchen mehr Lehrerschaft, damit wir auf die verschiedenen Niveaus eingehen können. Das kann eine Lehrperson in einer Klasse mit 20 Schülern nicht schaffen“, ergänzte Zeynep Tan, die die Abteilung 1 der Berufsorientierung an der Justus-von-Liebig-Schule leitet. Darunter fällt unter anderem der Bereich VABO, was für „Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen“ steht. In VABO-Klassen werden die Schülerinnen und Schüler mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen verstärkt gefördert.

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Es steht und fällt nach Tans Meinung also mit der Anzahl an Lehrkräften, um individueller unterrichten zu können. Doch hat der Fachkräftemangel auch an den Schulen zugeschlagen, es fehlt an Lehrpersonal. Das ist auch Susanne Aschhof nicht entgangen. Dennoch sagte sie am Rande der Veranstaltung, dass man den Schulen mehr Lehrkräfte zur Verfügung stellen müsse, um Schulsozialarbeit und Sprachförderung zu stärken.

Aschhof machte auf die Möglichkeit des Quereinstiegs sowie das Freiwillige Soziale Jahr mit Schwerpunkt Pädagogik aufmerksam. Mit Letzterem möchte das Land Lehrkräfte entlasten, um Kinder und Jugendliche individueller fördern zu können. Dasselbe Ziel verfolgt das Land mit der vermehrten Einstellung von pädagogischen Assistentinnen und Assistenten.

„Früher fördern“

Für Sienknecht kommt die Sprachförderung in der Berufsschule jedoch zu spät. Viele könnten dem Fachunterricht nicht folgen. Man müsste in ihren Augen schon eher ansetzen, um die Chancengleichheit zu bewahren: „Es gibt wohl Tendenzen, in der frühkindlichen Bildung mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Das ist der Schlüssel zum Glück“, sagte die Schulleiterin und ergänzte: „Wenn man früh Angebote macht für Kinder, die nicht so gute Startchancen haben, dann landen die alle später nicht bei uns.“

Zudem warb Sienknecht um mehr Flexibilität, die den Schulen gegeben werden sollte. Nicht nur sprachliche Defizite, sondern auch andere Einschränkungen könnten mit einer längeren Schulzeit abgebaut werden. „Die Berufsschulpflicht ist nach einem Jahr an einer Vollzeitschule erfüllt. Aber die sind noch nicht so weit. Wenn wir entscheiden könnten, wann jemand die Berufsschulpflicht erfüllt hat, wäre das ein gutes Steuerungselement“, betonte die Schulleiterin. So bestehe die Möglichkeit, die Schülerinnen und Schüler individuell, aber doch in der Gruppe zu fördern.

Zudem sprach sich Sienknecht für verpflichtenden Sprachunterricht neben der Schule aus: „Da wäre es eine Lösung, dass sie an einem oder eineinhalb Tagen Sprachförderung erhalten.“ Hierbei scheitert es jedoch an den finanziellen Mitteln. Die Betriebe seien oft nicht bereit, dafür zu zahlen. Auch für eine Verwendung von einfacher Sprache plädierte die Schulleiterin. Doch auch hier bestehe noch Luft nach oben.

Das alles ist jedoch noch Wunschdenken. „Der Zeitraum, in denen die Schüler bei uns sind, ist so kurz, und es ist schon so viel passiert. Da kann man nicht jeden erreichen“, sagte Sienknecht. „Wir sind mit 20 Prozent Erfolg schon glücklich, bei denen wir eine Ausbildung vermitteln können. Wenn dann noch 20 Prozent ihren Abschluss nachmachen: toll. Aber das ist manchmal eine Quälerei für alle“, machte die Schulleiterin klar. Und wohl zu wenig, um dem Fachkräftemangel Herr zu werden.

Redaktion

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