Krieg in der Ukraine

Was Ukrainer in Mannheim über das Treffen von Trump und Putin denken

Am Freitag empfängt Donald Trump in Alaska Wladimir Putin, um über die Ukraine zu sprechen. In Mannheim lebende Ukrainer sind skeptisch.

Von 
Sebastian Koch und Simone Kiß
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Treffen sich am Freitag in Alaska: US-Präsident Donald Trump (l.) und Russlands Präsident Wladimir Putin. © picture alliance/dpa/AP

Mannheim. Andreas Kaprocki ist gerade in Lwiw, als er die Fragen des „MM“ beantwortet. Im Westen der Ukraine will er am Abend noch mit zwei Angehörigen der 3. Sturmbrigade sprechen, die gerade Spenden sammeln, erzählt der stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Rhein-Neckar (DUG). Die beiden hätten 20 Jahre lang in Italien gelebt, bevor sie nach dem russischen Einmarsch im Februar 2022 in ihre Heimat zurückgekehrt sind. „Vielleicht wäre es an der Zeit, dass auch in Deutschland wieder ein Bewusstsein dafür wächst, Soldatinnen und Soldaten wertzuschätzen und für sie zu sammeln“, sagt Kaprocki.

Der Krieg in der Ukraine ist mit Wucht zurück in den Fokus der Weltöffentlichkeit gekehrt. An diesem Freitag empfängt US-Präsident Donald Trump seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Alaska, um mit ihm über die Ukraine zu sprechen. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj darf nur aus der Ferne zuschauen.

In Mannheim lebender ukrainischer Priester: „Sie werden unser Land aufteilen“

Kaprockis Erwartungen an den Gipfel sind klein. Sehr klein. „Die ehrliche Antwort lautet: Null“, sagt er. Die einzige Hoffnung sei, dass der Gipfel „nicht zur Katastrophe wird“. Jeder in der Ukraine wisse, dass „von einem Treffen eines Möchtegerndiktators und eines Stalin-Bewunderers – zwei notorischen Lügnern – nichts zu erwarten ist, was der Ukraine oder Europa nützt“, fürchtet Kaprocki. „Dass Trump außerdem ein erklärter Bewunderer Putins ist, lässt eher befürchten, dass beide sich prächtig verstehen werden – auf Kosten anderer.“

Das Treffen ist schlecht für die Welt. Da treffen sich zwei Ganoven.
Maria In Mannheim lebende Ukrainerin

Mit dieser Skepsis ist Kaprocki nicht allein in Mannheim. „Nichts Gutes“ erwartet auch Petro Bukanov, Priester der ukrainisch-orthodoxen Gemeinden in Frankfurt und Mannheim. Indem Trump Putin empfange, mache er sich zum Komplizen. „Putin ist ein blutiger Killer, ein Lügner, ein Verbrecher. Er sollte in Alaska sofort festgenommen werden.“

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat gegen Putin einen Haftbefehl verhängt. Weil die USA den Internationalen Strafgerichtshof aber nicht anerkennen, muss Putin keine Verhaftung fürchten.

Es dürfe keine Verhandlungen ohne die Ukraine geben, sagt Bukanov. „Sie werden unser Land aufteilen. Das wird ein Frieden auf Kosten der Ukraine werden“, glaubt der Mannheimer, der auch als Militär- und Sanitätspriester tätig ist. Die Ukraine wolle Frieden. „Aber einen gerechten Frieden. Keinen, in dem ein Kriegsverbrecher die Bedingungen stellt.“

Deutsch-Ukrainische Gesellschaft Rhein-Neckar: „Gnade uns Gott“

Die USA seien „ein großes und würdiges Land“, dem die Ukraine viel zu verdanken habe – diese Unterstützung habe aber vor allem Trumps Vorgänger Joe Biden geliefert. „Trump hat fast jede Hilfe eingestellt“, sagt Bukanov. Für ihn ist der US-amerikanische Präsident „ein verrückter Narzisst, nicht bei sich, außer Kontrolle und ohne Empathie“. Es gehe ihm beim Gipfel darum, „die Sache zu erledigen“, nicht um einen wirklichen Frieden. „Er will sich nach außen mit einer Friedenstaube schmücken, vielleicht auch den Friedensnobelpreis dafür.“ Aber für Putin gebe es keinen Frieden: „Er wird nur eine Pause machen, aber er ist nicht zu stoppen.“

Für Bukanov gehört der russische Präsident vor den Internationalen Strafgerichtshof, nicht nach Alaska. „Trump legalisiert Putin damit. Dabei muss er isoliert werden.“ Das Gipfeltreffen bereite ihm und seinen Landsleuten Schmerzen. Während Putin und Trump in Anchorage sprechen, seien „die Leichen vom letzten russischen Angriff noch nicht kalt“.

Mannheims ukrainische Partnerstadt Czernowitz. © Stadt Czernowitz

Eine Anfrage an Mannheims Partnerstadt Czernowitz, wie die dortige Verwaltung auf den Gipfel schaut, blieb bislang unbeantwortet. Nach dem Überfall Russlands haben Mannheim und Czernowitz eine offizielle Partnerschaft geschlossen, nachdem sie bereits zuvor miteinander kooperiert hatten. In diesen Tagen besucht eine Schulklasse aus Czernowitz Mannheim. Seit dem Überfall hat Mannheim zudem mehrere Hilfstransporte nach Czernowitz organisiert, das sich zu einem Drehkreuz für Binnenflüchtlinge innerhalb der Ukraine entwickelt hat. Im Juli war die im Südwesten der Ukraine gelegene Stadt erstmals direktes Ziel eines russischen Angriffs.

Seit dem russischen Überfall hat sich der Anteil von Ukrainerinnen und Ukrainer oder ukrainisch-stämmigen Mitgliedern in der DUG indes deutlich erhöht, erzählt Kaprocki. Etwa drei Viertel der Mitglieder kommen aus der Ukraine. Der Rest der knapp 320 Mitglieder, von denen 34 in Mannheim und acht in Ludwigshafen leben, sind „überwiegend Deutsche“, die sich mit dem Land auf diese Weise solidarisierten.

In Alaska jedenfalls werde nicht über Frieden, „sondern über Einflusszonen und die Aufteilung der Welt gesprochen“, fürchtet Kaprocki. „Gnade uns vor allem in Europa Gott, wenn die beiden in zentralen Fragen zueinanderfinden.“

Krieg in der Ukraine entzweit Familien und Freundschaften

Auch Maria blickt mit Sorge auf das Treffen. Die Ukrainerin möchte nur ihren Vornamen nennen. Ihre Familie stammt zu gleichen Teilen aus Russland und der Ukraine. Das Diskutieren über Krieg und Frieden sei in der Familie schwierig, sagt sie – und will deshalb eigentlich auch gar nicht über den Gipfel in der Öffentlichkeit sprechen. „Das Treffen ist schlecht für die Welt. Da treffen sich zwei Ganoven“, sagt sie dann doch. „Das können Sie schreiben.“ Mehr aber will Maria wirklich nicht sagen. Die Situation ist eben schwierig.

Das weiß auch eine andere Mannheimer Russland-Kennerin. Auch sie möchte sich nicht öffentlich zum russischen Angriffskrieg, zum Gipfel oder zu Putin äußern. Verbindungen zu früheren Freundinnen und Freunden in Russland hat sie inzwischen nicht mehr. „Das sind nun alles glühende Putin-Anhänger. Es ist nicht zu fassen“, berichtet sie von Rissen, die der Krieg durch Freundschaften und Familien geschlagen habe.

Eine einstige russische Freundin habe einmal zu ihr gesagt: „Es wird nicht auf die Ukraine geschossen. Es sind unsere Städte, die bombardiert werden.“ Sie habe das zunächst überhaupt nicht verstanden, erzählt die Mannheimerin. Bis sie kapiert habe, dass die Russin die durch ihr Land besetzten ukrainischen Gebiete meinte.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Redaktion Reporterin Team Mannheim

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