Infrastruktur

Was tun gegen verwaiste Immobilien in Mannheim?

Wohnraum ist knapp, doch viele Häuser oder Wohnungen in Mannheim stehen dennoch leer. Eine Satzung der Stadt lenkt seit 2021 gegen. Tut sich seither etwas? Der „MM“ hat sich umgehört

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Ein verlassenes Haus an der Ecke Ortenaustraße / Schwarzwaldstraße auf dem Lindenhof in Mannheim. © Michael Ruffler

Mannheim. Wie in so manchen Städten gibt es ebenfalls in Mannheim eine Satzung, die das Zweckentfremden von Wohnraum untersagt - wozu auch längerer Leerstand ohne Sachgrund zählt. Als der „MM“ unlängst ausleuchtete, warum seit Jahren in einem bestens erhaltenen Innenstadt-Gebäude zwei Etagen unvermietet sind und außerdem ein Neuostheimer Doppelhaus vor sich hin gammelt, löste dies mannigfache Reaktionen aus. Beim „MM“ gingen Hinweise auf weitere verwaiste Immobilien ein.

Es meldeten sich nicht nur Nachbarn solcher Objekte, auch Menschen, die bei Streifzügen nach einem eigenen Domizil auf verrammelte Anwesen gestoßen sind - insbesondere, aber nicht nur auf dem Lindenhof und in Neckarau. Als eine Journalistin genannte Adressen abfährt, braucht sie nicht lange Ausschau zu halten: Meist weisen heruntergelassene Rollläden und wuchernde Pflanzen den Weg.

Gesetzliche Regelung

  • Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern, die Gesetze mit dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen haben - wozu auch Leerstand (länger als sechs Monate) ohne Sachgrund zählt.
  • In Mannheim gibt es seit Oktober 2021 eine Satzung, die auch das Anbieten von Wohnraum auf touristischen Plattformen untersagt. Kontakt und Hinweise: baurecht.zweckentfremdung@mannheim.de

Wer bei Nachbarn klingelt, bekommt häufig zu hören: Die Eigentümer hätten weder Interesse an Verkauf noch Vermietung. Manch eine Immobilie, wie jene in der von Nobelhäusern geprägten Schwarzwaldstraße, steht seit mehr als einem Jahrzehnt leer - zum Ärger von Anwohnern, die über Ratten klagen. Eine Füchsin soll dort Jungen geboren haben.

Erben lassen Anwesen lange Zeit unbewohnt

Der „MM“ findet nicht nur unbewohnte Einfamilienhäuser, bei denen Putz bröckelt und der Garten aussieht, als tauche gleich Dornröschen auf. Manche Objekte präsentieren sich trotz jahrelangen Leerstands gepflegt. Und dazu erfährt man Geschichten wie diese: Erben möchten das Haus, in dem sie aufgewachsen sind, so lange halten, bis der eigene Nachwuchs dort einzieht. Angesichts schlechter Vermietungserfahrungen, die im Bekanntenkreis kursieren, lässt der eine oder die andere das nicht selbst genutzte Anwesen vorsichtshalber leer stehen.

Beispielsweise erzählt eine Eigentümerin, dass sie ursprünglich gar nicht vor hatte, das mit Kindheitserinnerungen verknüpfte Haus solange unbewohnt zu lassen, bis der Sohn mit Familie aus dem Ausland zurückkehrt. Als sie freilich mitbekommen habe, dass bei Freunden in der Eigentumswohnung wunderbar restaurierte Kassetten-Türen vom Hund der Mieter zerkratzt wurden, sei der Entschluss gereift, das Elternhaus keinen Fremden (auf Zeit) zu überlassen.

Aber was sagen solche Beispiele aus? Wie viel Wohnraum-Leerstand gibt es in Mannheim? Die Stadt führt dazu keine Statistik. Der Fachbereich Geoinformation und Stadtplanung nutzt aber den „ CBRE-empirica-Leerstandsindex“. Allerdings weise dieser Mix aus Analysen und Daten ausschließlich den Leerstand von „marktaktiven“ (und damit mittelfristig beziehbaren) Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit mindestens drei Einheiten aus, erläutert Sprecherin Corinna Hiss. Dementsprechend habe der Wohnungsleerstand 2021 in Mannheim bei etwa 1,3 Prozent gelegen - was rund 1600 Wohnungen entspricht. Zu bedenken gilt: Ein- und Zweifamilienhäuser bleiben unberücksichtigt. „Ein Großteil leer stehender Wohnungen befindet sich in Privateigentum auf dem freien Markt“, teilt Hiss mit.

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Und wie sieht die Situation bei der kommunalen Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG aus, die im vergangenen Jahr 19.440 Mietwohnungen im Bestand hatte? Den Leerstand beziffert Unternehmenssprecher Heiko Brohm mit gerade mal 0,8 Prozent und betont, dass die Quote „den grundsätzlich guten Zustand“ der Objekte belege. Die GBG habe 2022 rund 65 Millionen Euro in Bestandserhaltung investiert. Dass dies keineswegs selbstverständlich ist, offenbarte die schlagzeilenträchtige Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage: Danach steht rund jede sechste Wohnung im Eigentum des Bundes leer, oft jahrelang. Hauptgrund: massiver Sanierungsrückstand.

Modernisierungen können mehrere Jahre lang dauern

Angesichts der Regelung, dass Gebäude beziehungsweise deren Einheiten vor und während des Einsatzes von Handwerkertrupps (statistisch) nicht zum Wohnungsbestand gehören, fragt sich: Wie lange ziehen sich solcherart Sanierungen üblicherweise hin? „Manchmal nur einige Monate“, sagt der GBG-Sprecher. Umfassende Modernisierungen wie am Aubuckel 80 oder aktuell in der Murg- und Geibelstraße könnten aber mehrere Jahre dauern - insbesondere dann, wenn Mieter erst mal schrittweise in andere Räumlichkeiten umziehen müssen. Und gibt es die berüchtigten Ladenhüter, wie sie gerade bei Geschäftsflächen zu beobachten sind? „Nein, Wohnungen, die sich nicht mehr vermieten lassen, gibt es in unserem Bestand quasi nicht mehr.“

Freie Autorin

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