Kirche

Was sich 2026 im katholischen Dekanat ändert

Die Kirche ist in der Krise - das bestreitet auch Dekan Karl Jung nicht. Er sprach bei seinem Neujahrsempfang über die anstehende Strukturreform, seinen Nachfolger und darüber, wie die Kirche mehr Präsenz zeigen will

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Peter W. Ragge
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Beim Neujahrsempfang des katholischen Stadtdekanats entzündet Dekan Karl Jung mit Sternsingerin Alina Thoma die Jahreskerze. © Thomas Tröster

Mannheim. Adventssingen in Stadien, Präsenz auf Weihnachtsmärkten, dem Maimarkt und bei Vereinsfesten, große Martinsumzüge und Prozessionen – die katholische Kirche hat sich viel vorgenommen für das neue Jahr. „Wir wollen an anderen Orten präsent sein und das Gleichnis der Gemeinschaft leben“, kündigte Stadtdekan Karl Jung beim Neujahrsempfang des Dekanats an. Wo immer möglich, solle das „in ökumenischer Verbundenheit“ geschehen. Wer weitere Ideen habe, sei „herzlich eingeladen“, diese einzubringen.

Stadtdekan Karl Jung mit Blick auf Kirchenaustritte in Mannheim

Dass die Kirche weiter in der Krise ist, leugnete der Dekan mit Blick auf die nach wie vor hohen, wenn auch gesunkenen Austrittszahlen nicht. Manchmal werde sogar er selbst gefragt, ob er nicht austreten wolle. „Aber ich möchte die Kirche mit erneuern“, hat Jung sich vorgenommen, damit sie weiter „Hoffnungsraum für Menschen“ sein könne.

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Bei der Bundesgartenschau war sie es. Dort sei Ökumene „schon alltäglich geworden“, blickte der Dekan dankbar auf den Möglichkeitsgarten zurück, dankte dem Leitungsteam wie auch den über 100 Ehrenamtlichen. Hier hätten die Menschen Kirche „offen, froh und mutmachend“ erfahren können. Auch den Neubau einer Kindertagesstätte auf dem Almenhof und die Glockenweihe für die Magdalenenkapelle Straßenheim zählte er als besondere Ereignisse des Jahres 2023 auf. Gerade nach diesen guten Erfahrungen wolle die Kirche gerne jede Gelegenheit nutzen, „nah an den Menschen dran zu sein“, kündigte er an.

Stadtdekan Karl Jung geht 2026 in den Ruhestand

Doch das sei „kein Selbstzweck“, betonte Jung. Wichtig sei ihm dabei „das Offenhalten der Gottesfrage“, betonte der Dekan, denn darin bestehe „die Menschlichkeit der Menschen“ und damit der Auftrag der Kirche.

Zahlen zu Kirchenaustritten

  • Aus der katholischen Kirche sind im vergangenen Jahr 1687 Menschen ausgetreten – deutlich weniger als 2022, als es 2235 waren.
  • Das Dekanat zählt nun noch 79.000 Gläubige.
  • Auch bei der Evangelischen Kirche ging die Zahl der Austritte nach 1869 in 2022 auf 2023 nun 1753 zurück (vorläufige Zahl).
  • Bei den Katholiken gab es im vergangenen Jahr 408 Taufen (Vorjahr 437), 52 Trauungen (Vorjahr 87), 18 Wiedereintritte (Vorjahr 24) und 679 Bestattungen (Vorjahr 762).
  • Den Neujahrsempfang umrahmten unter Leitung von Benjamin Grän das Upcycling-Orchester des Ursulinen-Gymnasiums, das mit der Mannheimer Bläserphilharmonie zur Buga gegründet worden war, und die Sternsinger. 

Dabei wird sich die katholische Kirche in den kommenden Jahren stark verändern. Der Prozess dazu läuft in der Erzdiözese Freiburg wie auch im Dekanat bereits seit Jahren. Ab 2026 wird es kein Dekanat mehr geben und Jung tritt, wie schon lange angekündigt, in den Ruhestand. Dann bilden alle bisher eigenständigen Mannheimer Pfarreien eine gemeinsame, nach dem Stadtheiligen St. Sebastian benannte Pfarrei, an deren Spitze ein Leitender Pfarrer steht.

Wer das sein wird, will die Erzdiözese am 21. Januar in den Gottesdiensten verkünden. Mit einem Stellvertreter, einem leitenden Referenten und einem Ökonom für die Verwaltung bilden diese vier Personen dann die Spitze der neuen Pfarrei. Wie das im Detail funktioniert, soll im Laufe des Jahres in einem Pastoralplan erarbeitet werden.

Katholische Kirche verändert sich auch in Mannheim

Dabei komme den ehrenamtlichen Gemeindeteams vor Ort eine große Bedeutung zu, denn die Stärke der Kirche „im Nahbereich soll nicht verloren gehen“, so Jung. „Bei allen strukturellen Änderungen ist wichtig, dass wir das Leben der Menschen nicht aus dem Auge verlieren“, versicherte der Dekan. Schließlich wisse er, dass mit der Neuausrichtung viele „Ängste und Befürchtungen“ verbunden seien.

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Bei aller Kritik an der Kirche bitte er auch, zu akzeptieren, dass „viel Gutes geschieht“. Damit verwies Jung auf über 3000 Ehrenamtliche in der Kirche und die Tätigkeit der Caritas mit 1800 Hauptamtlichen. Sie alle trügen dazu bei, „für guten sozialen Kitt in der Stadt zu sorgen“. Dabei sei die Kirche auch gerne Partner der Stadt. Allerdings wünschte er sich gerade angesichts des wieder verstärkt auftretenden Antisemitismus „ein wachsames Miteinander“ und Respekt für alle Religionsgemeinschaften. Zudem appellierte der Dekan an die Stadt, die finanzielle Förderung für Kindergärten und Familienzentren zu erhöhen.

Stadt offen über finanzielle Förderung der kirchlichen Kindergärten zu reden

„Wir sind bereit, darüber zu sprechen“, antwortete Bürgermeister Volker Proffen in Vertretung des Oberbürgermeisters. In seinem Jahresrück- und Ausblick würdigte er besonders das Engagement der Kirchen auf der Bundesgartenschau. Sie hätten „einen Ort geschaffen, an dem man sich gerne aufhält“ und „eine bedeutende Rolle“ bei dieser Großveranstaltung gespielt: „Es war eine Erfolgsgeschichte“, so Proffen.

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Für die gesamte Stadt leiste die Kirche „unverzichtbare Beiträge“. Der Bürgermeister begrüßte zudem die Ideen, dass die Kirche noch stärker in der Stadt Präsenz zeigen will, und schlug dazu einen „rollenden Gottesdienst“ in einem Eisenbahnwaggon vor, wie es seine im Grenzgebiet zu Polen tätige Schwester einmal praktiziert habe.

Evangelischer Dekan lobt Ökumene

Der evangelische Dekan Ralph Hartmann erklärte sich gerne bereit, darüber nachzudenken. In seinem Grußwort in ökumenischer Verbundenheit hob auch er den Erfolg der Kirche auf der Bundesgartenschau hervor – und ganz besonders, dass es drei Frauen waren, die ihn leiteten. „Unsere wichtigste Leistung war, dass wir ihnen einfach vertraut haben“, so Hartmann mit Blick auf Jung. Bei aller „berechtigten Kritik“ an Kirche forderte Hartmann doch dazu auf, die Leistungen der Ehrenamtlichen zu sehen: „50 Prozent aller Kirchenmitglieder engagieren sich, bei kirchenkritischen Gruppen sind das deutlich weniger.“

Als „lebendiges Zeichen der Ökumene“ begrüßte auch Hansheinrich Beha, als Dekanatsratsvorsitzender der oberste Repräsentant aller Ehrenamtlichen bei den Katholiken, den Auftritt auf der Bundesgartenschau. Die anstehende Strukturreform der Erzdiözese sei allerdings „bei Weitem noch nicht zu Ende gedacht“, kritisierte er manche „Unwägbarkeiten“. Das Laiengremium sei aber auf der Suche nach guten Wegen und strebe eine Einigung an. Aber selbst wenn einen „manchmal die Verzweiflung zu übermannen“ drohe, so sei er doch gemäß dem Bibelwort „Fürchtet Euch nicht“ optimistisch, meinte Beha.

Redaktion Chefreporter

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