Der Spruch hängt immer noch an der Wand vom Saal des Stadtdekanats: „Einen neuen Aufbruch wagen“ hieß 2012 das Motto des Deutschen Katholikentags in Mannheim. Für die Stadt hatte er eine positive, nachhaltige Wirkung. Bei den Katholiken selbst blieb der Aufbruch damals leider aus. Inzwischen ist er überfällig - zumal man seit April 2023 weiß, dass es nicht nur irgendwo weit weg in anderen Bistümern, sondern auch in der Erzdiözese Freiburg einen tiefen Sumpf von sexuellem Missbrauch und Vertuschung gab.
96 Prozent der Katholiken, so ergab im November eine wissenschaftlich Untersuchung, erwarten Veränderungen ihrer Kirche. bei den Evangelischen sind es „nur“ 80 Prozent. Was die Gläubigen stört, das sind völlig veraltete, verkrustete, obrigkeitsstaatliche und weltfremde Strukturen - in der Weltkirche und in den Bistümern.
An der Basis ist die Kirche, Ausnahmen bestätigen da die Regel, oftmals sehr modern und weit weg von den Vorgaben aus Rom. In Mannheim hat 2023 die Ökumenische Präsenz der Kirche auf der Bundesgartenschau gezeigt, wie modern, wie ansprechend, fröhlich, lebendig und nah bei den Menschen Kirche auch sein kann, wenn man dafür geeignete Hauptamtliche und viele Ehrenamtliche nur machen lässt. Die hervorragende Resonanz darauf beweist, dass es bei den Menschen Bedarf für Seelsorge, für Spiritualität und für Segen gibt - Mitmenschlichkeit und Glaubwürdigkeit, wie es dort vorgelebt wurde, vorausgesetzt.
Derzeit ist die Vesperkirche auf evangelischer Seite ein gutes Beispiel, wie segensreich Kirche wirken kann. Und ob bei fantasievollen Angeboten im Advent oder sonst das Jahr über ganz normal im Alltag - in den Gemeinden passiert von der Jugend- bis zur Seniorenarbeit enorm viel, bei dem sich zeigt, wie wertvoll Kirche sein kann. Gut wäre die Strukturreform im Erzbistum Freiburg nur, wenn sie dafür den Haupt- und Ehrenamtlichen an der Basis weiter Raum und Räume lässt. Doch das ist noch nicht klar. Und noch viel zu viele Fragen offen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Wo Reformen in der Kirche nötig sind
Peter W. Ragge äußert sich zur aktuellen Situation der Kirche und macht deutlich, dass die Forderung der Gläubigen nach Veränderungen ernst genommen werden muss - von beiden Konfessionen