Mannheim. Der Ärger über weggefallene Direktmandate sitzt bei einigen noch tief. Speziell bei Anhängern der CDU und deren Kandidatin Melis Sekmen, die es trotz der meisten Erststimmen in Mannheim nicht mehr in den Bundestag geschafft hat.
Vermutlich kein Trost: Wenn in einem Jahr die Landtage in Stuttgart und Mainz neu zusammengesetzt werden, genügt wieder jeder Wahlkreissieg. Das dürfte der erste große Stimmungstest für die vom Christdemokraten Friedrich Merz geführte Bundesregierung sein. Auch das Wahlrecht ist dann wieder ein Thema. In Baden-Württemberg wurde es ebenfalls grundlegend reformiert.
Künftig mehr Frauen im Baden-Württemberger Landtag?
Erstmals hat man fortan auch bei der Landtagswahl hier zwei Stimmen. Dann ziehen neben direkt gewählten Abgeordneten nicht mehr diejenigen in den Landtag ein, die im Vergleich zu Parteifreunden in anderen Städten die meisten Stimmen haben. Sondern es geht nach Listen.
Das war vor allem der Wunsch der Grünen, neben ihrem Koalitionspartner CDU trägt aber auch die SPD die Reform mit. Jetzt können Parteien mit ihrer Listen-Aufstellung Frauen, Minderheiten und Nachwuchskräfte fördern. Bislang dominieren im Stuttgarter Landtag sehr die Männer. Auch Regionalproporz lässt sich nun berücksichtigen.
Das wirkt sich auch auf Mannheim aus, das aus zwei Wahlkreisen besteht. Einer nördlich des Neckars und einer südlich plus Feudenheim. Die Direktmandate holten 2021 die Grünen Susanne Aschhoff und Elke Zimmer. Die Sozialdemokraten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch schafften es mit guten Ergebnissen ebenfalls wieder in den Landtag. Künftig wären sie dann auf die SPD-Landesliste angewiesen.
Als angesehene Abgeordnete sollten sichere Plätze kein Problem sein. Aber unter paritätischen sowie diversen Gesichtspunkten sind sie sich als weiße Mannheimer Männer und Familienväter, dann 57 beziehungsweise 49 Jahre alt, recht ähnlich.
Landtag Baden-Württemberg könnte stärker wachsen
Stark kritisiert wird das neue Wahlrecht dafür, dass der Landtag weiter wachsen dürfte. Weil anders als beim Bundestag nichts zur Verkleinerung unternommen wurde. Somit dürfte sich der Trend zu immer mehr Überhang- und Ausgleichsmandaten fortsetzen. Weil die großen Parteien weniger Prozente bekommen, als sie Wahlkreise gewinnen – in Baden-Württemberg haben die beim letzten Mal Grüne und CDU unter sich ausgemacht.
Zudem müssen beim Ausgleichen zunehmend kleinere Parteien berücksichtigt werden. Diesen Effekt könnte das mit zwei Stimmen mögliche Splitting noch etwas verstärken. Zumal den Landtag erstmals auch 16- und 17-Jährige wählen dürfen. Bei der Bundestagswahl schnitten unter neu Stimmberechtigten am besten die Linken ab, bisher nicht im Stuttgarter Landtag.
Nominell gibt es dort nur 120 Abgeordnete, in der Praxis sind es bereits 152. Im nächsten Jahr könnten es sogar 180 bis 220 werden. Das würde laut Landesrechnungshof die Steuerzahler jährlich bis zu 200 Millionen Euro zusätzlich kosten.
Die FDP forderte vergeblich, das Wachstum mit einem Neuzuschnitt und damit einer Reduzierung der bislang 70 Wahlkreise zu bremsen. Ein Bürger aus Bietigheim-Bissingen stieß auch ein Volksbegehren gegen die Wahlrechtsreform an. Doch der Pensionär bekam nicht ausreichend Unterschriften zusammen.
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