Mannheim. Bestenfalls schon vor Befruchtung um eine Hebamme kümmern? Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Fulst-Blei wollte in einem Antrag an die Landesregierung wissen, wie die Versorgung von Schwangeren und Gebärenden im Land ist.
Während das Sozialministerium sie als „stabil“ bewertet, warnen Hebammenverbände vor wachsenden Engpässen, gerade im Wochenbett. In manchen Regionen fänden bis zu zehn Prozent der Mütter keine Hebamme für die häusliche Nachsorge, so jüngst Verbandsvertreter.
Hebamme finden in Mannheim: Situation könnte sich verschärfen
Und auch diese zehn Prozent soll nur eine Zahl sein, die sich rapide wieder verschlechtern kann. Denn wie das Statistische Bundesamt vor einigen Tagen mitteilte, ist die Geburtenzahl in Deutschland auf dem Tiefstand. Hebammen sehen durch den Geburtenrückgang zwar Entspannung der Situation. Wenn aber die ältere Generation der Hebammen bald in Rente gingen, werde die Lage schnell wieder eine andere, warnte bereits die Hebammenvertretung in den Medien.
Und das ist nicht das einzige Problem: Sorge bereiten dem Berufsstand aktuell die Folgen des neuen Hebammenhilfevertrags. Der Vertrag zwischen gesetzlichen Kassen und Hebammenverband regelt Vergütung und Rahmenbedingungen für die Versorgung mit Hebammenhilfe.
Während es für einige Verbesserungen gab, sehen sich insbesondere freiberufliche Beleghebammen, die Frauen im Krankenhaus individuell betreuen, massiv benachteiligt: Die Vergütung für parallele Geburten sinkt drastisch. Die Rede ist von einem Gehaltseinbruch von bis zu 30 Prozent.
Viele fürchten, dass sich das Modell wirtschaftlich nicht mehr lohnt. In einer Pressemitteilung warnte der Deutsche Hebammenverband vor einer „Kündigungswelle“. Und laut Hebammen-Landesverband könnten Beleghebammengruppen reihenweise schließen, was vor allem auf dem Land zu Versorgungsengpässen führe. Hiervon besonders betroffen wäre unter anderem der Rhein-Neckar-Kreis.
Fulst-Blei ärgert mangelhafte Datenlage zum Versorgungsstatus mit Hebammen
Doch offizielle Erhebungen zum Versorgungsstatus sind mangelhaft oder rar. Fulst-Blei ärgert etwa bei der Antwort auf seinen Antrag: „Es kann nicht sein, dass der Landesregierung dazu keine Daten vorliegen.“ Der Politiker: „Uns erreichen immer wieder Berichte, dass viele Frauen vor und nach der Geburt Probleme haben, eine Hebamme zu finden.“
Fulst-Blei beispielhaft: „Auch zu den rechnerisch mehr als 400 Geburten, die pro Jahr weder in Kliniken stattfinden noch von Hebammen zu Hause oder in Geburtshäusern betreut werden, weiß die Landesregierung gar nichts.“ Der Politiker weiter: „Wir wollen eine 1:1-Betreuung bei der Geburt, die nach den geltenden Qualitätsstandards anzustreben ist“, sagt er. „Deshalb brauchen wir Daten, um den Personalschlüssel an den Krankenhäusern zu bestimmen.“
Aber es wurde auch viel getan, um die Versorgung zu verbessern: Laut Landesregierung etwa das Erproben lokaler Gesundheitszentren mit Schwerpunkt auf geburtshilflicher Versorgung. Diese sind gefördert mit 1,5 Millionen Euro in der Umsetzung. 13 Projekte bekommen Förderung – die meisten werden mit einer Studie der Universität Heidelberg wissenschaftlich begleitet. Im Sommer noch werde es dazu eine erste Veröffentlichung geben, so das Ministerium. Fulst-Blei sieht trotzdem noch nicht „den Fortschritt, den man eigentlich in der ambulanten Versorgung bräuchte“, sagt er.
Schon vor einiger Zeit hatte er wegen dieser innovativen Zentren bei der Landesregierung nachgefragt. Vorangegangen war ein Besuch im Neckarstädter „Hebammenladen“. Im Gespräch erfuhr auch da der Landtagsabgeordnete, dass sich die Praxis vor Anfragen kaum retten könne und schwangere Frauen, die eine Betreuung suchen, teilweise abgelehnt werden mussten.
Mannheimer Abgeordnete Cademartori: „Lichtblicke“ beim Hebammenstudium
Jedoch gibt es auch Lichtblicke. „Der Übergang zur akademischen Hebammenausbildung scheint gelungen“, bewertet SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori die Antworten auf die Anfrage. Denn die Zahl der Hebammenstudierenden ist mit derzeit rund 1.000 Auszubildenden und Studierenden pro Jahr so hoch wie nie – allein 214 neue Absolventinnen schlossen 2025 ihren Bachelor ab. Neben der Ausbildung gehe es jetzt darum, „die Berufsbedingungen so zu gestalten, dass Hebammen ihrem Beruf in Vollzeit und zu einer fairen Vergütung nachkommen können“, findet sie. Ein zusätzlicher Anreiz, wie etwa kommunal günstiger Wohnraum für Hebammen, wird derzeit nicht verfolgt, so das Ministerium.
Hebammenhilfevertrag: „Offenheit“ aufeinander zuzugehen
Zur Entscheidung des Hebammenhilfevertrags sagt Cademartori: „Vergütungsverträge dürfen nicht zu Versorgungslücken führen.“ Man müsse auf allen politischen Ebenen nach einer tragfähigen Lösung für alle Hebammen suchen. Das von Manne Lucha (Grüne) geführte Sozialministerium äußert, man beobachte diese Entwicklung. Im Ministerium verweist man aber auf die bundesgesetzliche Zuständigkeit und will das Thema auf Bundesebene weiter diskutieren.
Vor einigen Tagen gab es nun politische Signale, im Rahmen der Umsetzung des Hebammenhilfevertrages noch Anpassungen vorzunehmen. Emmi Zeulner (CSU), Obfrau der Unionsfraktion im Ausschuss für Gesundheit, sagte dem Ärzteblatt, dass sie bezüglich der Idee, Schärfe aus der Umsetzung zu nehmen, eine grundsätzliche „Offenheit“ beim beteiligten Spitzenverband der gesetzlichen Kranken und Pflegekassen (GVK) und den Hebammenverbänden wahrnehme.
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