Mannheim. Sorge um eine sich schneller drehende Gewaltspirale, Hoffnungslosigkeit, was Lösungen angeht, aber dennoch mit leiser Hoffnung, dass sich ein vollständiger Flächenbrand im Nahen Osten verhindern lässt: Obwohl das israelische Militär in der Nacht auf Freitag Stellungen der Hisbollah im Libanon angegriffen hat, glaubt der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar/Mannheim (DIG) nicht an eine weitere Ausweitung des Kriegs in Nahost.
„Es sieht nicht so aus, als würde sich die Lage beruhigen. Ich bin ziemlich sicher, dass es eine Antwort der Achse aus Iran, Hisbollah, Hamas und Huthis geben wird“, sagte Chris Rihm am Freitag dieser Redaktion. Der DIG-Vorsitzende kann sich vorstellen, dass diese Antwort rund um den 7. Oktober geplant werde. An diesem Datum jährt sich der Terrorangriff der Hamas auf Israel zum ersten Mal, dem mehr als 1100 Menschen zum Opfer gefallen waren.
Kritik an den Angriffen auf Pager und Funkgeräte
Die nun erwartete Antwort werde sich „aber im Rahmen halten“, hofft Rihm. „Es wird keinen Flächenbrand geben, weil auch die Amerikaner starke Präsenz in der Region zeigen, die die militärischen Fähigkeiten dieser Achse übertreffen.“ Er betonte, wie wichtig die Präsenz der Amerikaner sei. „Wenn Israel auf sich allein gestellt wäre, wie im Sechs-Tage-Krieg, wäre die Situation eine andere, und die Achse würde es wohl zumindest probieren.“
Der Vorsitzende der DIG, der auch als Stadtrat für die Grünen im Gemeinderat sitzt, kritisierte die wohl vom israelischen Geheimdienst verübten Angriffe auf Pager und Funkgeräte im Libanon als „grenzwertig“. Bei Explosionen der Kommunikationsmittel der in Deutschland als Terrororganisation eingestuften Hisbollah waren am Dienstag und Mittwoch mehr als 35 Menschen getötet und etwa 3000 verletzt worden.
Ein offizielles Bekenntnis fehlt bislang. Vieles deutet allerdings auf eine Operation des israelischen Geheimdienstes Mossad hin. „Das schürt wieder Hass - auch bei denen, die die Hisbollah bislang nicht unbedingt unterstützt haben“, sagte Rihm. „Die Gewaltspirale, die der tägliche Beschuss der Hisbollah auf Israel ausgelöst hat, ist schwierig. Wir sind von einer Lösung weiter entfernt, als wir es jemals waren.“
Unterdessen kritisierte Rihm Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und seine Regierung scharf. „Dem Kabinett gehören Menschen an, bei denen das Wort ,Faschismus’ nochmal eine andere Dimension bekommt. Da fasst man sich an den Kopf“, sagte er. „Dass Israel eine andere Regierung braucht, ist keine Frage.“ Nachbarstaaten würden Israel aber das Existenzrecht auch dann nicht zugestehen, falls Netanjahu nicht mehr Premier sei, sagte Rihm.
DIG-Vorsitzender: Netanjahu an Geisel-Deal nicht interessiert
Der Vorsitzende der DIG vermutet, dass Netanjahu trotz Massenprotesten im eigenen Land an einem Geisel-Deal mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas kein Interesse hat. Gleichzeitig warb er für Verständnis. „Wie will man mit Organisationen und Staaten verhandeln, die deinen Staat auslöschen wollen?“ Rihm kritisierte, es fehle häufig Fingerspitzengefühl, sich in die Situation hineinzuversetzen. „Es wird viel pauschalisiert und wenig differenziert.“
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